Thatchers Auferstehung in Belgien

ikRegierung plant drastische Angriffe auf Lohnabhängige und Gewerkschaften

Sascha Stanicic sprach für die „Streikzeitung: JA zum GDL-Arbeitskampf – NEIN zum Tarifeinheitsgesetz“ mit Wouter Gysen, Mitglied im Vorstand der sozialistischen Gewerkschaft ACOD Spoor in Antwerpen, über das Austeritätsprogramm der neuen belgischen Regierung und die Reaktion der Gewerkschaften darauf. Wir dokumentieren hier das Interview.

Die neue belgische Regierung hat eine Welle von Sozialkürzungen und Angriffen auf Arbeitnehmerrechte angekündigt. Wie sind die Bahnbeschäftigten davon betroffen?

Die neue, rechts stehende, Regierung hat ein Kürzungsprogramm aufgelegt, das an Margaret Thatchers Politik im Großbritannien der 1980er Jahre erinnert. So soll zum Beispiel die auotmatische Lohnanpassung an die Inflation abgeschafft werden, was einen Einkommensverlust von 25.000 Euro im Laufe eines Lebens bedeuten kann.

Bahnbeschäftigte wird es besonders hart treffen: Der Vorstand der Belgischen Bahn will die Arbeitszeit von 36 Wochenstunden erhöhen. In Zukunft soll nur noch eine Stelle pro drei pensionierter Beschäftigter neu besetzt werden. Dabei ist es heute schon häufig unmöglich einen Tag frei zu nehmen, weil es einen so großen Personalmangel gibt. In Zukunft werden neu Eingestellte Arbeitsverträge erhalten, die denen der Privatwirtschaft entsprechen, was unter anderem keinen Kündigungsschutz mehr vorsehen wird.

Die Regierung will das Renteneinstiegsalter auf 67 Jahre erhöhen. Heute können LokführerInnen und ZugbegleiterInnen mit 55 Jahren in Rente, wenn sie dreißig Jahre gearbeitet haben. Wir sollen also länger arbeiten, aber auch weniger Rente bekommen, da die Berechnungsgrundlagen geändert werden. Für ZugführerInnen und -begleiterInnen wird das ein Verlust von 300 Euro monatlich sein. Außerdem sind weitere Liberalisieurngen im Verkehrswesen geplant, sogar bevor die Europäische Union solche einfordert!

Aber es geht nicht nur um Sozialkürzungen und Verschlechterungen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen, sondern auch um weitere Arbeitnehmerrechte. Was plant die Regierung zum Streikrecht?

Die Regierung will einen verpflichtenden Mindestbetrieb bei Streiks bei der Bahn, an Flughäfen und in Gefängnissen einführen. Diese Maßnahmen sollen jetzt schnell als Gesetz beschlossen werden, noch vor dem für den 15. Dezember angekündigten Generalstreik. Schon jetzt wird gegen BahnkollegInnen vorgegangen, die sich in den letzten Wochen an drei spontanen Streiks in Lüttich, Namur und La Louvière gegen die Regierunngspläne beteiligt haben. Dass es hier gegen die Bahnbeschäftigten geht, ist kein Zufall. Bahnstreiks haben immer große landesweite Auswirkungen und unsere KollegInnen stehen immer an der Spitze von Streikbewegungen.

Wie reagieren die Gewerkschaften?

In Belgien gibt es verschiedene Gewerkschaftsverbände, die jetzt eine gemeinsame Front gebildet und einen Aktionsplan angekündigt haben. Das ist eine größere Gewerkschaftseinheit als in der Vergangenheit. Wir sind bereit für unsere Rechte zu kämpfen! Für die nächsten Wochen sind eine Großdemonstration, drei regionale Streiktage und am 15. Dezember ein landesweiter Generalstreik geplant. Unser Ziel ist es, die Regierung zu Fall zu bringen. Das Problem ist allerdings schon, welche Regierung eine Alternative darstellen würde. Die traditionellen Regierungskoalitionen in Belgien würden auch Austeritätspolitik betreiben. Deshalb müssen wir uns auch über politische Alternativen Gedanken machen.

Was wollen Sie Ihren KollegInnen in Deutschland sagen?

Solidarität mit Eurem Kampf für Lohnerhöhungen und eine kürzere Wochenarbeitszeit – und vor allem auch zur Verteidigung des Streikrechts! Die Angriffe auf uns in Belgien müssen Euch eine Warnung sein. Aus unserer Erfahrung kann ich nur sagen: die Einheit der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften im Kampf ist wichtig. Grenzen zwischen unterschiedlichen Berufen, Betrieben und Gewerkschaften müssen eingerissen werden. Das ist auf lange Sicht nötig, damit wir unsere Interessen als Lohnabhängige durchsetzen können. Über Euren Arbeitskampf werde ich meine Kolleginnen und Kollegen informieren.

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