Es muss sich was ändern!

Bericht vom Bundeskongress der Linksjugend [´solid] 2019

Anfang April kamen Delegierte aus allen Landesverbänden und Arbeitskreisen der linksjugend[‘solid] zusammen, um gemeinsamen den diesjährigen Bundeskongress abzuhalten. Dieser ist das höchste entscheidende Gremium des parteiunabhängigen Jugendverbandes der LINKEN. Wir als Sozialist*innen aus der SAV sind innerhalb der linksjugend[´solid] aktiv, um dort für ein marxistisches und bewegungsorientiertes Programm zu kämpfen.

von Marius Sackers, Bochum

Doch der Bundeskongress blieb hinter den Anforderungen zurück, welche die heutige Zeit an einen sozialistischen Jugendverband stellt. Das drückte sich unter anderem in der vorgestellten Kampagne zur Europa-Wahl und dem Umgang mit stattfindenden Bewegungen aus.

Was können wir gegen die fortschreitende Entpolitisierung des Bundesverbandes tun? Der Bundeskongress fand vor dem Hintergrund riesiger Schüler*innenproteste von Fridays for Future statt, die an den Protesten im Hambacher Forst und anderen ansetzen konnten. Das hatte gemeinsam mit antifaschistischen Mobilisierungen nach den Ereignissen von Chemnitz und Frauen*streikinitiativen viele Jugendliche enorm politisiert.

Doch vom alten Bundessprecher*innenrat wurde diese Entwicklungen in der Vorbereitung des Bundeskongresses kaum aufgegriffen. Der Bundesverband hatte auch, von einem Flugblatt zum selbst ausdrucken abgesehen, nicht dazu gehandelt. Es gab auf Bundesebene keine Vorschläge für Programm, Forderungen, Aktionstage oder ähnliches.

Auch die vorgestellte Europa-Kampagne, die immerhin ein Budget von über 37.000 Euro hat, löste keine Begeisterung aus. Es reicht nicht, für ein „solidarisches“ Europa zu kämpfen, wenn man nicht gleichzeitig die Perspektive erstellt, wie ein sozialistisches Europa von unten auszusehen hat.

Strukturreform

Neben der Europa-Kampagne stand das Wochenende unter dem großen Motto „Linksjugend [‘solid] 2.0.“ Hinter diesem Titel steckte nicht weniger als eine ganzheitliche Strukturreform des Jugendverbandes, die aber vom ausgehenden Bundessprecher*innen dazu benutzt wurde, politisch und inhaltlich arbeitenden Bundesarbeitskreisen (BAK) die Mittel für ihre Treffen zu streichen (oder zumindest zu kürzen) und somit ihren Einfluss auf die Ausrichtung des Verbandes zu minimieren. Am meisten getroffen hätte diese Reform den BAK Revolutionäre Linke, in dem auch viele Mitglieder der SAV organisiert sind.

Von diesem BAK kamen in der Vergangenheit viele politisch wertvolle Positionierungs- und Projektanträge, die versuchten, dem Bundesverband eine Bewegungsorientierung und einen sozialistischen Kurs zu geben, um sich gezielter auf die Arbeiter*innenklasse zu konzentrieren. Auch auf dem diesjährigen Bundeskongress machte der BAK Vorschläge für eine bessere Ausrichtung des Bundesverbandes und politische Debatten. Aus seinen Reihen wurde ein sozialistisches Programm und Flugblatttexte für die Umweltbewegung vorgeschlagen und angenommen. Außerdem wurde die Enteignung von Immobilienkonzernen, die Erhöhung des Mindestlohns auf 13 Euro, eine sozialistische Europa-Perspektive und eine klare Position an Seiten der Bevölkerung Venezuelas gegen rechten Putsch und Bürokratisierung gefordert.

Wäre die Strukturreform wie gewünscht durchgekommen, hätte dieser Arbeitskreis keine Treffen im Rahmen von Verbandswochenenden mehr durchführen können. Tatsächlich wurde diese Reform nach langer kontroverser Debatte mehrheitlich abgelehnt. Treffen sollen im Rahmen von Verbandswochenenden und bei einem neu zu schaffenden Bundesjugendplenum weiterhin stattfinden.

Linksjugend auf die Straße!

Leider gibt es wenig Anzeichen, dass sich die bundesweiten Strukturen und die Ausrichtung des Jugendverbands nennenswert ändern. Deshalb muss die Veränderung von unten begonnen werden. Linke und bewegungsorientierte Landesverbände müssen sich stärker koordinieren und zusammenschließen. Aktivist*innen, die vom Bundesverband frustriert sind, sollten sich stärker organisieren und austauschen. Dazu bietet der Bundesarbeitskreis Revolutionäre Linke eine gute Möglichkeit, zum Beispiel auch auf dem Pfingstcamp, dass er mit den Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz organisiert. Denn nur ein starker linker Flügel wird in den nächsten Jahren dafür sorgen können, dass der Jugendverband ein fähiges Organ im Kampf um den Sozialismus wird und im Streit um ein neues System eine nennenswerte Stimme bietet.