Copyright? – Wer schützt hier was?

Die Reform von Artikel 13 und der Existenzkampf der Urheber*innen

Das Europaparlament hat am 26. März der umstrittenen Reform des Urheberrechts ohne Änderungen zugestimmt. Damit ist der Weg nun auch für die Umsetzung in den EU-Staaten geebnet, die den Kompromiss noch bestätigen müssen. Unter dem Vorwand, Urheber*innen eine bessere Vergütung sichern zu wollen, wird vor allem eins gesichert: die Profite der großen Konzerne. Eine Zensur durch private Unternehmen wird ausgeweitet und Grundrechte von Nutzer*innen angegriffen.

von Alexandra Arnsburg, Berlin

Der Protest gegen die Copyright-Reform und insbesondere gegen Artikel 13, war zuletzt vor allem in Deutschland immer größer geworden. Am vorletzten Wochenende gingen Zehntausende in mehreren deutschen Städten auf die Straße. Kritiker*innen beschweren sich vor allem, dass Plattformen wie Youtube danach künftig schon beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Dies führe zu Zensur. Befürworter*innen, wie auch u.a. der ver.di Fachbereich 8 (gemäß des Beschlusses des Bundeskongresses von 2012) gehen davon aus, dass diese Änderung dazu beiträgt, Urherber*innen fairer zu vergüten und Zuwiderhandlungen stärker zu bestrafen.

Die Verantwortung für die Durchsetzung des Urheberrechts und der sogenannte Schutz geistiger Eigentumsrechte wird auf die Besitzer*innen der Plattformen übertragen und so losgelöst von den Institutionen der Justiz. Nicht, dass auf diese zu vertrauen wäre, um die Rechte von Kreativen und nicht die der über teure Anwält*innen verfügenden Konzerne zu schützen. Eigentümer*innen von Plattformen und Konzerne, die ganze Rechtsabteilungen beschäftigen, können sich dem Zugriff oder der Kontrolle besser entziehen. Das bietet die Grundlage für massive Eingriffe in die Privatsphäre und präventive Sperrungen von Websites.

ACTA

Nachdem weltweite Proteste die Kriminalisierung der Internetnutzer*innen durch ACTA verhindert haben, wird nun Jahre später erneut eine Reform beschlossen, die die Verantwortung bei Konzernen ablädt, wo es keine gewählten Strukturen gibt oder wo auch nur die Einsicht in Konzernangelegenheiten ohne gerichtliche Beschlüsse möglich wäre. Ganz außer Acht lässt diese Reform auch, dass der ökonomische Druck auf Kreative oder kleine Verlage dadurch nicht aufgehoben wird. Wer beispielsweise weiterhin bei einer Suche auf Google angezeigt werden möchte, wird gezwungen sein, dem Milliardenkonzern kostenlose Lizenzen zu gewähren.

Ob vor einigen Jahren der Versuch, ACTA einzuführen, der an Massenprotesten in mehreren Ländern scheiterte oder nun diese Artikelreform: Die Überwachung wird ausgeweitet und User*innen unter Generalverdacht gestellt. Die Möglichkeiten zur Repression werden vor allem dazu genutzt werden, um konkurrierende Unternehmen auszuschalten oder auch um kommende Proteste zu behindern, Aktivist*innen zu kontrollieren und Widerstand, der denen da oben zu weit geht, zu stoppen. Forschende, die konkurrierende, umweltfreundlichere oder günstigere Produkte auf den Markt bringen wollen, werden daran gehindert. Hier muss man sich nur ansehen, wie die Milliardenkonzerne Bayer und Monsanto mit dem Kauf von Patenten erreichen, dass Bäuer*innen ums Überleben bangen müssen oder günstige Therapien nicht auf den Markt oder zu den kranken Menschen kommen können.

Nur Profit zählt

Und warum? In diesem System, im Kapitalismus, zählt allein der Profit. Der Handel mit dem Urheberrecht ist ein großer Markt und durch diese Reform wird er noch größer. Kern der EU-Richtlinie mit den Artikeln 11 bis 14 ist die Pflicht zur Lizenzierung. Das heißt, es wird nicht verhindert, dass Inhalte genutzt werden, es soll nur Profit bringen. Es geht sogar weiter: Artikel 12 erlaubt eine pauschale Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften (wie z. B. GEMA). Diese standen bisher ausschließlich den Urheber*innen zu. Hier werden den Medienkonzernen noch mehr Gewinne zugespielt, die Urheber*innen de facto enteignet.

Wie diese Reform der EU-Richtlinie zeigt, verteidigen die Herrschenden die bestehende Gesellschaftsform, wo alles zur Ware wird, um Profite zu erzielen; notfalls mit repressiven Methoden, wie die Kriminalisierung von Millionen Internetuser*innen oder der Entziehung der Lebensgrundlage von vielen Kunstschaffenden.

Nur die Abschaffung des Urheber- und Patentrechts kann den freien Zugang zu Wissen und Kunst für alle sicherstellen. Künstler*innen und Forschende müssen durch die Gesellschaft gesichert werden. Durch eine massive Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn und Personalausgleich könnten dazu auch noch mehr Menschen in die Lage versetzt werden, kreativ oder forschend tätig zu sein.

Grundlegende Veränderung nötig

Gewerkschaften – in Deutschland insbesondere ver.di – müssen die Interessen aller Urheber*innen, egal, ob in Forschung, Kunst oder Kultur, vertreten. Die Schaffung von guten Tariflöhnen und sicheren Arbeitsverhältnissen muss dabei genauso an oberster Stelle stehen, wie beispielsweise die Beseitigung des Einkommensgefälles zwischen männlichen und weiblichen Künstler*innen. Das wird jedoch nicht durch die Anbiederung an Reformen und Institutionen erreicht, die diese beschließen, wie in diesem Fall die EU. Einen Ausweg bietet nur die Organisierung der Betroffenen und der gemeinsame Kampf um kollektive Forderungen, die die Individualisierung vieler Kunstschaffender und Wissenschaftler*innen überwinden kann.

Ein Lösungsversuch innerhalb des kapitalistischen Systems wird zwangsläufig immer ein Spannungsverhältnis zwischen Urheber*innen und beispielsweise kleinen Verlagen, die auf Auszahlungen durch Verwertungsgesellschaften angewiesen sind, hervorrufen. Der größte Widerspruch besteht bei allen Reformansätzen weiterhin: Medienkonzerne machen den Reibach durch Lizenzen, große Plattformen wie Facebook zensieren und Kreative müssen betteln gehen. Um das zu ändern, müssen Medienkonzerne und große Patenthalter*innen enteignet und unter demokratische Kontrolle und Verwaltung durch gewählten Gremien der Kunstschaffenden und Forschenden, der Gewerkschaften und der Nutzer*innen gestellt werden. Eine Gesellschaft, in der Kunstwerke und Forschungsergebnisse keine Waren sind, kann keine kapitalistische sein, sondern muss auf einer demokratischen Planung und Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen nach den Bedürfnissen aller beruhen.