Vom Faustkeil zur Fabrik

Klassiker des historischen Materialismus

Ist die Geschichte der Menschheit eine Aneinanderreihung von Zufällen oder eine willkürliche Abfolge von Fakten, wie wir sie oft im Geschichtsunterricht präsentiert bekommen? Auf diese Frage antwortet Ernst Alexander Rauter in seinem 1977 erschienen Werk. Anfang Februar erscheint das Buch im Programm des Manifest Verlag.

von Jens Jaschik, Dortmund

Auch wenn das Buch klein erscheint, deckt es einen großen Umfang ab. Beginnend mit der Menschwerdung, endet es mit der modernen kapitalistischen Gesellschaft. Gemäß seiner Maxim „Bemühung um besseren Stil ist Bemühung um demokratischere Verhältnisse“, achtet der 2006 verstorbene Sprachkritiker darauf so zu schreiben, dass jede*r Leser*in versteht, was gemeint ist. Komplexe Zusammenhänge stellt er klar und verständlich dar.

Für den Autor ist der bestimmende Faktor der Geschichte die Entwicklung der Produktivkräfte und den aus ihr resultierenden Produktionsverhältnissen. Als das erste Mal die Menschen anfingen mehr zu produzieren, als sie brauchen, spaltete sich die Gesellschaft in verschiedene Klassen, in Ausbeuter und Ausgebeutete. Die Weiterentwicklung der Produktivkräfte verschärfte immer wieder diesen Widerspruch und führte zu Klassenkämpfen und Revolutionen, aus denen neue Klassengesellschaften entstanden. Im Mittelpunkt der Klassenkämpfe stehen bei Rauter die Massen an Menschen, die nicht vom jeweiligen System profitierten und gegen die Herrschenden kämpften. Rauter erklärt, wieso der Mensch durch die verschiedenen Stadien der Entwicklung gehen musste, inzwischen aber die Möglichkeit einer klassenlosen Gesellschaft vor uns liegt.

Rauter betrachtet den Lauf der Geschichte als Marxist. Daraus folgt zweierlei: Erstens ist er ganz und gar parteiisch – nicht nur in Bezug auf die bisherige Geschichte, sondern auch auf die Zukunft. „Vom Faustkeil zur Fabrik“ ist ein Lehrbuch. Aus dem Scheitern der Revolutionär*innen und Rebell*innen der Vergangenheit sollen wir für die Kämpfe lernen vor denen wir heute stehen. Und zweitens basiert sein Werk auf einer wissenschaftlichen Analyse, welche die Geschichte von jeglichem Idealismus befreit: dem historischen Materialismus.

Über den historischen Materialismus

Der historische Materialismus ist die von Marx und Engels entwickelte dialektische Methode auf die Untersuchung gesellschaftlicher Prozesse angewandt. Ausgehend von der Grundannahme, dass unser gesellschaftliches Sein unser Denken und damit unser Handeln bestimmt, untersucht sie die Geschichte der Menschheit anhand ihrer widersprüchlichen Entwicklungsprozesse, wann einzelne Veränderungen zu qualitativen Umbrüchen führen und wieso die gesellschaftlichen Widersprüche manchmal explodieren – und etwas Neues erzeugen. Den bestimmenden Faktor bildet die Ökonomie.

Im Gegensatz zur Mehrheit der bürgerlichen Geschichtsschreibung zeigt er, dass die Geschichte nicht von „großen Männern“ gemacht wird, sondern, dass die einfachen Menschen, die Ausgebeuteten und Unterdrückten, den Motor der gesellschaftlichen Entwicklung bilden. Selbst in der Französischen Revolution, der Beginn der bürgerlichen Gesellschaft, waren es die Bauern und Bäuerinnen und verarmten Städter, die der Bourgeoisie den Sieg erkämpften. Sie waren es die unter dem Slogan von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ auf den Barrikaden standen und gegen den Adel kämpften. Aber am Ende schrieben die „Großen Männer“ die Geschichte, weil den einfachen Menschen noch das Wissen für ihre eigene Befreiung fehlte.

„Dieses Buch soll helfen zu verstehen, wer wir sind, damit wir fähig werden zu bestimmen, wie wir weitergehen sollen“, schreibt Rauter. Heute ist der größte Widerspruch, der zwischen Kapital und Arbeit. Die Arbeiterklasse bildet die größte gesellschaftliche Klasse und sie hat die Macht das kapitalistische System zu überwinden und eine sozialistische Gesellschaft zu errichten in der die Mehrheit der Menschen über Politik und Wirtschaft bestimmt. Rauters Buch hilf uns dabei, diese Macht zu erkennen.