Problemfelder der US-Wirtschaft

Die Anzeichen für das Bevorstehen einer neuen Rezession verstärken sich

Zehn Jahre nach der Krise von 2008 haben wir es mit einer offiziell niedrigen Erwerbslosenquote und hohen Aktienkursen zu tun. Dabei nehmen viele arbeitende Menschen etwas ganz anderes wahr: stagnierende Löhne, immens steigende Lebenshaltungskosten und Schuldenblasen, die außer Kontrolle geraten sind.

Tony Gong und Anthony D’Amico, „Socialist Alternative“ (Sympathisant*innen des CWI in den USA)

Ökonomische Schwachpunkte unter der Oberfläche

Die Unfähigkeit des Kapitalismus, für eine stabile Wirtschaft zu sorgen, hat Ströme an eigentlich profitträchtigen Investitionen versiegen lassen. Diese Investitionen waren in die Ausweitung der Produktion geflossen. Verglichen mit vor 50 Jahren investieren die Konzerne nur noch die Hälfte ihrer Profite. Stattdessen parken sie Billionen Dollar in Steueroasen oder machen Aktionär*innen durch Aktien-Rückkäufe noch reicher.

Investitionen in den produktiven Sektor sind von entscheidender Bedeutung, weil sie der Antrieb für ökonomische Expansion sind und zu günstigeren Bedingungen für Arbeitnehmer*innen führen, die auf der Suche nach besseren Arbeitsplätze sind oder höhere Löhne anstreben. Dass die Investitionstätigkeit im Bereich des produktiven Gewerbe dauerhaft niedrig bleibt, deutet auf die grundlegende Schwäche der US-amerikanischen Wirtschaft hin. Und daraus folgen verschiedene ökonomische Probleme.

Weniger Investitionen bedeuten, dass eine geringere Anzahl an Produktionsstätten eröffnet werden und die Forschungstätigkeit zugunsten produktiver Technologien zurückgeht. Eine Konsequenz daraus ist, dass Amerikas Produktivitätssteigerung in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent zurückgegangen ist. Allein im Bereich der verarbeitenden Industrie hat das Produktivitätswachstum 83 Prozent eingebüßt! Wenn die Produktivität stagniert, dann hat das Folgen für die Profitrate. Gleichzeitig gilt aber, dass die „Wall Street“ von den Unternehmen stetig steigende Profite verlangt.

Der Wirtschaft ist nicht damit geholfen, wenn den Unternehmen noch größere Profite ermöglicht werden, wie es Trump mit seinen Steuervergünstigen und Strafzöllen umsetzt. Die Chefetagen haben Investitionen blockiert, Produktivität- und Lohnzuwächse sind ausgeblieben, während die Führungsebene der Arbeiter*innenbewegung es nicht vermocht hat, die Kapitalist*innen entschieden genug herauszufordern. Dieses Wirtschaftssystem ist parasitär und bietet den Beschäftigten wie auch dem Land insgesamt keine Zukunft.

Mögliche Auslöser einer Rezession

In den späten 1990er Jahre kam es zur „Dot-com-Blase“. In den späten 2000ern war es die Immobilien-Blase. Heute sieht es so aus, als befänden wir uns in der „alles“-Blase, die mit allen erdenklichen Nachwirkungen zum Platzen bestimmt ist. Die Kosten für Wohnraum haben neue Rekordhöhen erreicht und liegen heute rund zehn Prozent über dem Level von 2007. Dieser in zunehmendem Maße unbezahlbare Wohnraum hat dazu geführt, dass Hausbesitzer*innen nur wenig angespart haben auf das sie im Falle eines Abschwunges zurückgreifen könnten.

Neben der Immobilien-Blase schießen Investor*innen große Summen in Technologie-Aktien, die kaum produktive Innovation zu bieten haben. Der Börsenkurs von „amazon“ ist 397 Mal mehr wert als das, was der Konzern tatsächlich einnimmt. Und in der Tat macht die Einzelhandelssparte von „amazon“ mit ihrem online-Geschäft nicht mehr Gewinn als „Walmart“ mit seinen momentan nur hauchdünnen Gewinnmargen. Der starke Anstieg bei der Gründung von Fahrgemeinschaften hat zu einer Blase von 1,22 Billionen Dollar bei den Autokrediten geführt, die bereits zu platzen beginnt, da die Autofahrer*innen aufgrund niedriger Löhne hinter ihre Zahlungsverpflichtungen zurückfallen. Die Blase der Studienkredite, die einem Wert von 1,5 Billionen Dollar entspricht (das ist beinahe ein Zehntel des BIP), und die im Gesundheitssekttor (fast ein Fünftel des BIP) sind weitere große Blasen, die geradezu darauf warte, dass sie platzen.

Hinzu kommt, dass Trumps Handelskrieg mit China Arbeitsplätze gefährdet, was am Umfang chinesischer Investitionen im Bereich der Produktion in den USA liegt.

Und schließlich erinnert uns die zunehmende Sensibilität der Aktienmärkte daran, dass der Markt überhitzt und eine Kurskorrektur längst überfällig ist. Innerhalb von zehn Tagen im Monat Oktober haben die Märkte in den USA fast fünf Prozent an Wert verloren (so das Ergebnis des „Russell 3000 Index“, der rund 98 Prozent aller US-Wertpapiere abbildet).

Rezession käme ohne Vorbereitung

Das kapitalistische Establishment ist keiner besonders guten Lage, um wie noch im Jahr 2008 mit ökonomischen Turbulenzen umgehen zu können. Die Zentralbanken können die Leitzinsen nicht weiter absenken oder Geld für Privatbanken drucken, indem sie erneut das Mittel des „quantitative easing“ (QE) anwenden. Das haben sie während und nach der Großen Rezession noch tun können. Die Zinssätze sind danach nicht stark genug angehoben worden, als dass man sie nun wieder merklich senken könnte. Und die Zentralbanken müssen immer noch gedrucktes Geld aus dem QE-Programm zurücknehmen bzw. „abwickeln“.

Die weiter reichenden ökonomischen Folgen, die Trumps Steuerkürzungsprogramme für Reiche nach sich ziehen, waren bisher eher geringfügig, werden aber schon bald stärker zu spüren sein. Der Hauptfaktor, der die Wirtschaft momentan noch am Laufen hält, besteht aus den Ausgaben, die die Arbeiter*innenklasse und die Mittelschichten tätigen. Allerdings sind die Verbraucher*innen über die Maßen beansprucht und nicht in der Lage, weitere wirtschaftlichen Turbulenzen zu überstehen. 71 Prozent der abhängig Beschäftigten sind verschuldet, während das zur Verfügung stehende Einkommen durch steigende Mieten und Wohnkosten aufgefressen wird. Die Arbeiter*innen sind gezwungen, sich darauf zu konzertieren irgendwie über die Runden zu kommen. Das lässt die Nachfrage für den Rest der Wirtschaft schrumpfen.

Kampf für Sozialismus

Die politischen Folgen, die eine Rezession hätte, wären schwerwiegend und können Anlass für Arbeitskämpfe sein. Im Vergleich zum Krisenjahr 2008 werden die abhängig Beschäftigten diesmal jedoch wesentlich schneller auf eine neuerliche Krise reagieren, weil sie – wie am Beispiel der Lehrkräfte oder bei den Beschäftigten von „google“ zu sehen – damit angefangen haben, die alten Kampf-Traditionen neu für sich zu entdecken. Das Scheitern sowohl des „Globalismus“ von Obama als auch des Nationalismus von Trump (beide haben es nicht vermocht, die Lebensstandards der Arbeiter*innen zu sichern) wird viele Menschen dazu veranlassen, sich die Frage nach einer tatsächlichen neuen wirtschaftlichen Ausrichtung zu stellen.

Das macht es notwendig aufzubauen was bis dato so sehr fehlt: Eine neue politische Partei, die unabhängig ist von der „Wall Street“ und den einflussreichen Konzernen und die ein Programm hat, das sich an den Interessen der Arbeiter*innenklasse orientiert. Eine solche Partei wäre in der Lage, Massenbewegungen zu führen und betriebliche Aktionen miteinander zu koordinieren, um den nötigen Wandel durchzusetzen. Wenn die Arbeiter*innenklasse die ökonomische wie auch politische Macht erst einmal in den Händen hat, dann wäre es möglich, den immensen Reichtum, der sich bislang noch in den Händen der Konzerne und Milliardär*innen befindet, zu verwenden, um die grundlegenden Bedürfnisse (wie z.B. Wohnen, Gesundheit etc.) zu befriedigen.