Mehr von uns ist besser für alle!

Bewegung für mehr Personal in Krankenhäusern breitet sich weiter aus.

Erfolgreiche Streiks an Uniklinika und die Ausweitung von Volksbegehren bringen die Bewegung voran.

Nach dem Pionierstreik an der Berliner Charité im Sommer 2015 gab es diesen Sommer weitere große Arbeitskämpfe für tarifliche Personalbemessung im Krankenhaus.

Von Dorit Hollasky, Dresden

Streiks

In Essen und Düsseldorf wurde nach harten und langen Arbeitskämpfen eine Regelung erstritten.

Wegen des beeindruckenden Durchhaltevermögens der Kolleg*innen konnten in beiden Kliniken Zusagen von jeweils 180 Vollzeitstellen, davon jeweils vierzig Vollzeitstellen in nichtpflegerischen Berufsgruppen erreicht werden. Es wurde festgelegt, dass ein System zur Personalbemessung inklusive eines Konsequenzenmanagements eingeführt wird, was bereits nach spätestens drei Tagen greift. Letzteres ist ein Schritt nach vorn, wobei abzuwarten bleibt, wie dies in der Praxis wirkt. Im saarländischen Homburg hatten sich nach Ablauf eines Ultimatums an den Arbeitgeber knapp 98 Prozent der ver.di-Mitglieder für unbefristeten Streik ausgesprochen. Jedoch brach der Arbeitgeber nach vorheriger Blockade plötzlich ein und es konnte eine überraschend weitgehende Einigung erzielt werden. Es ist sehr gut zu erkennen, wie die Beschäftigten von den Erfahrungen ihrer Kolleg*innen der anderen Kliniken lernen konnten.

Wichtig ist dabei auch, dass an der Charite entwickelte Tarifberater-
*innen-System, um darüber die Streikenden demokratisch in Diskussionen und Entscheidungen einzubeziehen.

Bisher wurden große Uniklinika bestreikt. Die Ausweitung auf weitere Kliniken bundesweit wäre nötig und wünschenswert.

Volksbegehren

Eine weitere Protest- und Kampfform stellen die Volksbegehren in Berlin, Hamburg, Bayern – und demnächst auch in Bremen dar. Hier geht es darum, die Landeskrankenhausgesetze dahingehend zu verändern, dass verbindliche Personalvorgaben und -bemessungen in allen Krankenhäusern eingeführt werden. Darüber können breite Bevölkerungsschichten einbezogen werden. So gibt es viele Möglichkeiten, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und darzustellen, dass Gewinn- und Erlösorientierung im Gesundheitswesen nichts zu suchen hat und dass das Problem im Kapitalismus begründet liegt. Die Prozesse können allerdings über viele Monate bis Jahre dauern, was eine große Herausforderung bedeutet, die Aktivitäten am Laufen zu halten. In vielen Städten haben sich Bündnisse gegründet, die diese Volksbegehren unterstützen und durchführen. Am 8./9. November wird es in Hamburg ein Treffen geben, wo sich diese Bündnisse untereinander vernetzen wollen.

Wie weiter?

Dass die Proteste Wirkung haben, hat sich gezeigt, als Gesundheitsminister Spahn sich bemüßigt sah, zumindest für eine Übergangszeit eine Zusage zu treffen, dass alle zusätzlichen Pflegestellen gegenfinanziert würden. Allerdings plant die Bundesregierung weiterhin keine Personalausstattung nach Bedarf. Deshalb ist es notwendig, den Druck weiter zu erhöhen und die Bewegung bundesweit zu koordinieren.

Regelmäßige ver.di-Aktivenkonferenzen zum Austausch über Taktiken, Erfahrungen und für die gemeinsame Planung von Strategien sind notwendig. Wir sollten uns vernetzen, um entsprechend Druck von unten aufzubauen. n

Dorit Hollasky ist Sprecherin der ver.di Betriebsgruppe am Klinikum Dresden und Mitherausgeberin der Zeitung „Herzschlag“.

Die Zeitung Herzschlag von Kolleg*innen für Kolleg*innen in Krankenhäusern soll eine Hilfe sein, um einen Austausch anzustoßen. Die nächste Ausgabe erscheint Mitte Oktober und kann hier bestellt werden:

  • Email: herzschlagkrankenhaus@gmail.com
  • Webseite: www.herzschlagkrankenhaus.wordpress.com