Aufstand der Pflege nimmt Fahrt auf

Wir haben keine Geduld mehr!

4000 KollegInnen machten Jens Spahn und den übrigen Verantwortlichen am 20. Juni während der Gesundheitsministerkonferenz in Düsseldorf Dampf. An diesem Tag waren KollegInnen in Düsseldorf, Essen, Homburg und Brandenburg im Streik. Zusätzlich waren Pflegekräfte aus dem Bundesgebiet angereist, auch aus der Altenpflege.

von Angelika Teweleit, Berlin

Der Druck auf Bund und Länder, sowie auf die Arbeitgeber, hat enorm zugenommen. Ver.di hatte mit dem „Belastungscheck“ deutlich gemacht, dass mindestens 80.000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern fehlen. Gesundheitsminister Jens Spahn sah sich gezwungen, zu sagen, dass diese notwendig sind und auch finanziert werden sollen (bei Redaktionsschluss war der entsprechende Gesetzentwurf noch nicht veröffentlicht). Gleichzeitig versucht er sich hinter dem Fachkräftemangel zu verstecken – nach dem Motto: „Ich will ja – aber es gibt ja keine Leute“.

Fachkräftemangel

Dies ist allerdings ein Produkt der langjährigen Politik von CDU bis SPD. Durch die Einführung des Fallpauschalensystems wurden die Krankenhäuser auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Nutznießer sind große Gesundheits-, Medizingeräte- und Pharmakonzerne von Helios bis Bayer. An der Stelle der Kosten für die Pflegekräfte wurde gespart – so dass die Arbeitsbedingungen immer schlechter wurden. Immer mehr KollegInnen haben ihre Arbeitszeit reduziert oder den Beruf gewechselt. Ein Teufelskreis ist entstanden.

Bedarf statt Profit

Dieser kann nur durchbrochen werden, wenn die Profitorientierung komplett aus dem Gesundheitswesen verbannt wird. Leitlinie darf nicht sein, dass sich Private im Gesundheitswesen eine goldene Nase verdienen. Ziel muss eine bedarfsorientierte Versorgung der Masse der Bevölkerung sein. Das heißt prioritär mehr Personal.

Bedarfsorientiertes Sofortprogramm

Um die Pflegeberufe attraktiver zu machen, muss die Bezahlung gesteigert und die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessert werden. Auch die KollegInnen in den Servicebereichen, die häufig zu niedrigen Löhnen und oft ohne Tarifverträge ausgebeutet werden, müssen berücksichtigt werden. Teil eines bedarfsorientierten „Pflegesofortprogramms“ müsste sein:

  • Abschaffung des Fallpauschalensystems
  • Rücknahme aller Privatisierungen
  • Verbindliche gesetzliche Personalbemessung nach Bedarf
  • Massive Investitionen durch Bund und Länder
  • Deutlich bessere Bezahlung für alle in der Pflege, Tarifverträge für alle – auch für die Servicekräfte
  • Neues Normalarbeitsverhältnis: 32-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich
  • Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen
  • Ausbildungsoffensive auf Grundlage der höheren Attraktivität der Berufe
  • Einführung einer zehnprozentigen Millionärssteuer ab einem Freibetrag von einer Million Euro
  • Militärische Abrüstung statt Aufrüstung
  • Verstaatlichung der Gesundheits-, Medizingeräte- und Pharmakonzerne unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung  durch Beschäftigte, Gewerkschaften, Bund/Länder/Kommunen