Österreich: Rechts und Marsch

Die zu erwartende ÖVP-FPÖ-Koalition verheißt nichts Gutes

Am 15. Oktober war Sebastian Kurz, der Liebling der österreichischen Bourgeoisie, auf seinem Höhepunkt angekommen. Er führte die Schwesterpartei der CDU, allerdings mit einem Programm, dass sich eher bei der CSU befand, zum Wahlerfolg.

Sonja Grusch, Wien (Sozialistische LinksPartei)

Die Sozialdemokratie erreichte den zweiten Platz, die rechtsextreme FPÖ, deren Programm Kurz in der Migrationsfrage in weiten Teilen übernommen hatte, legte zwar zu, schaffte aber dennoch nur Platz 3. Die FDP ähnlichen Neos blieben stabil, die Grünen flogen aus dem Parlament, während ihr populistischer Ableger, die Liste Pilz, den Einzug auf Anhieb schaffte. Alle Zeichen deuten auf eine Koalition aus ÖVP und FPÖ hin. Viele fürchten sich zu Recht davor. Beide Parteien stehen für eine restriktive Migrationspolitik, Abschiebungen auch in Kriegs- und Krisengebiete, Grenzschließungen und die Diskriminierung von Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, egal, wie lange sie hier leben. Österreich braucht keine AfD, weil FPÖ und ÖVP das Feld abdecken.

Unsozial

Bedrohlich ist auch, was die beiden Parteien wirtschaftspolitisch vorhaben: Steuersenkungen für Unternehmen, Kürzungen bei Gesundheit und Sozialem. Im Bildungswesen soll Elitebildung gefördert werden. Die Anbindung der Renten an die Börsen, wie sie in Schweden die Altersarmut hat steigen lassen, gefällt Kurz. Die Großspender von Kurz stammen aus Wirtschaftskreisen und wollen ihre Investition von der neuen Regierung vergoldet sehen. Sie wollen unter anderem den 12-Stundentag, die 60-Stundenwoche und eine weitere Aufweichung des Mietrechtes. Um all das durchbringen zu können, setzen FPÖ und ÖVP auf die Schwächung der gesetzlichen Arbeitnehmervertretung (Arbeiterkammer) und die Aushebelung von Tarifverträgen. Besonders im Visier der beiden sind auch Frauen und reproduktive Rechte. LGBTQ+ Personen passen nicht ins Familienbild der sich auf das Christentum berufenden Parteien. Aufklärung, Verhütung und Abtreibung sind ihnen ein Dorn im Auge. Die beiden Parteien haben zusammen 57,5 Prozent bekommen. Viel zuviel – doch tatsächlich haben sie weniger als die Hälfte der Bevölkerung gewählt. Migration wurde von den etablierten Parteien zum zentralen Thema gemacht, doch ein wichtiges Motiv war der Wunsch nach „Veränderung“. Kurz konnte das bedienen, obwohl er real für alte und konservative Inhalte steht.

Instabile Regierung

Doch weil die Krise der bürgerlichen Demokratie, die der Krise der kapitalistischen Wirtschaft folgt, nicht überwunden, sondern nur kurzfristig überdeckt ist, wird die kommende Regierung alles andere als stabil sein. Widersprüche zwischen den einzelnen Kapitalfraktionen, die wollen, dass die Regierung liefert und zwischen den Bünden der ÖVP, werden die Regierung ebenso erschüttern, wie Proteste, die gegen ihre Politik entstehen können. Auch diesmal wird die SPÖ eher kein Faktor in kommenden Protesten sein. Die Widerstandsbewegung des Jahres 2000 mit monatelangen Massenprotesten wird sich nicht einfach wiederholen. Ob, in welchem Ausmaß und in welcher Form, sich Widerspruch ausdrücken wird, ist noch offen. Doch es gilt, die Lehren aus 2000 zu ziehen, um diesmal erfolgreich zu sein. Dafür werden zwei Faktoren ausschlaggebend sein: Gelingt es, soziale Fragen zentral aufzugreifen und die Arbeiterklasse in den Widerstand als die entscheidende Kraft einzubeziehen und Kämpfe zu führen, die über symbolische Proteste hinausgehen und die herrschende Klasse dort treffen, wo es ihnen wehtut, nämlich bei ihren Profiten. Und zweitens: Gelingt es, aus diesen Klassenkämpfen endlich eine starke neue linke Arbeiterpartei aufzubauen, die in ihren Methoden kämpferisch, in ihren Strukturen demokratisch und in ihren Zielen kompromisslos auf Seiten der Arbeiterklasse und gegen die grausame Logik des Kapitalismus steht.Diese beiden Faktoren sind entscheidend um schwarz-blau zu stoppen und auch jede andere Regierung, die antritt, um eine ähnliche Politik zu machen.