Rechte Gewalt in Neukölln

Nazis zurückdrängen und Rassismus den Boden entziehen!

Der Anstieg von rechter Gewalt in Berlin-Neukölln stellt eine Bedrohung für MigrantInnen, Geflüchtete und AntifaschistInnen und insgesamt für die Mehrheit der NeuköllnerInnen dar. Es ist dringend nötig, dass linke und antifaschistische Kräfte über ihren eigenen Kreis hinaus AnwohnerInnen und Jugendliche aufklären und mobilisieren. Dazu müssen auch die sozialen Ursachen von Rassismus und vom Erstarken faschistischer Gruppen benannt und bekämpft werden.

von Sarah Moayeri, Berlin

Begonnen hat die Serie rechter Übergriffe mit einem Brandanschlag auf ein linkes Café “K-Fetisch” im Dezember 2016. Seitdem folgten (Mord-)Drohungen, Schmierereien, Angriffe auf Privatwohnungen, auf eine Buchhandlung und Brandanschläge auf Autos von NazigegnerInnen.

Die Bedrohung durch Faschisten ist vor allem im Süden Neuköllns nicht neu. Doch mit der Entlassung des NPD-Kaders Sebastian Thom aus dem Gefängnis haben Neonazis rund um die „Freien Kräfte Berlin Neukölln“ scheinbar neues Selbstbewusstsein, auch im Norden des Bezirks, gewonnen. Die Zahl rechter Übergriffe im vergangenen Jahr hat sich gegenüber 2015 verdoppelt. Im Sommer 2016 veröffentlichten die „Freien Kräfte Berlin Neukölln“ auf ihrer Facebookseite die Adressen von linken AktivistInnen und Lokalitäten linker Einrichtungen mit dem Aufruf zur Gewalt. Sie profitieren von der jahrelangen Hetze, betrieben von Medien und bürgerlichen Politikern wie Sarrazin, Buschkowsky und Co. gegen MigrantInnen, Geflüchtete und Muslime.
Auch der Aufstieg der rechtspopulistischen AfD verschafft den Faschisten Rückenwind. Deren Neuköllner Spitzenkandidat für die Bundestagswahlen, Andreas Wild, gehört zum rechtsradikalen völkischen Parteiflügel um Björn Höcke und möchte unter anderem „Neukölln von Ausländern säubern“.

Die Angriffe dienen den Faschisten dazu, Migrantinnen und Migranten sowie Andersdenkende und Linke im Bezirk einzuschüchtern. Damit muss Schluss sein! Wir brauchen eine Bewegung gegen Rassismus, rechte Hetze und Gewalt.

Breite Mobilisierung nötig

Die LINKE Neukölln ist seit Jahren in unterschiedlichen Bündnissen gegen Rassismus aktiv, unter anderem im „Bündnis Neukölln“. Dieses organisierte in diesem Jahr bereits mehrere Kundgebungen mit jeweils bis zu 500 TeilnehmerInnen, die sich gegen Rassismus und rechte Gewalt stellten. Leider gibt es vom Bündnis oder anderen antirassistischen Kräften bisher zu wenig Versuche, über einen Kreis von AktivistInnen hinaus größere Teile der Bevölkerung zu mobilisieren bzw. dies ist bisher nicht gelungen.
Das hängt auch damit zusammen, dass darauf verzichtet wird, die wahren Verantwortlichen für staatlichen Rassismus und soziale Probleme zu benennen, um SPD und Grüne als Bündnispartner nicht zu verlieren. Dabei ist fraglich, ob solche Bündnispartner die antirassistische Arbeit überhaupt stärken. Die in Berlin und Neukölln regierende SPD ist verantwortlich für den Ausverkauf des Bezirks an Immobilienhaie, für steigende Mieten, marode Schulen und Armut. Neukölln gehört zu den Bezirken mit der höchsten Erwerbslosigkeit, Alters- und Kinderarmut. Die soziale Misere im Bezirk bildet gemeinsam mit staatlichem Rassismus den Nährboden für den Aufstieg der Rechtspopulisten und Neonazis. Der Kampf gegen Rechts muss deswegen auch immer ein Kampf gegen diese sozialen Verhältnisse sein.

Neue Kampagne im Bezirk

AktivistInnen der SAV Neukölln, der Linksjugend [’solid] Kreuzkölln und der LINKEN BO Reuterkiez planen nun eine Kampagne gegen rechte Gewalt, die zum Ziel hat durch Flugblätter und Plakate breitere Teile der NeuköllnerInnen über die Übergriffe aufzuklären und im Bezirk zu mobilisieren. Unter dem Motto „Es reicht! Schluss mit rechter Gewalt“ soll unter anderem unter AnwohnerInnen zu einer Versammlung eingeladen werden, bei der über den Kampf gegen Rechts und über weitere Aktionen, Proteste, oder auch eine Demonstration diskutiert werden soll.

Um die Nazis zu stoppen ist eine Mobilisierung von AnwohnerInnen, Jugendlichen, ArbeiterInnen im Bezirk nötig.  Das muss damit beginnen, dass den Menschen, die nicht direkt mit rechter Gewalt konfrontiert sind, erklärt wird, dass auch sie dadurch bedroht werden. Das kann dazu führen, dass Nazis und Rassisten im Kiez sozial isoliert werden und AnwohnerInnen sich organisieren und reagieren können, wenn rassistische Sprüche oder Gewalt auftauchen. Auf dieser Grundlage kann eine Strategie entwickelt werden, um den Rechten den Bezirk streitig zu machen.

Kiezversammlung:

Montag, 29. Mai um 19 Uhr, Reuterstraße 52 im Verein iranischer Flüchtlinge, 12047 Berlin-Neukölln