Parteiausschlüsse beim Linksblock in Portugal

Logo des Linksblocks

Sechs Mitglieder des CWI auf undemokratische Weise suspendiert

Ysmail, „Socialismo Revolucionário“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Portugal)

Am 8. Januar sind sechs CWI-Mitglieder aus der portugiesischen Partei „Bloco de Esquerda“ (BE; dt.: „Linksblock“) wegen des Vorwurfs der „Unterwanderung“ ausgeschlossen worden. Neben den Betroffenen weisen auch alle anderen Mitglieder von „Socialismo Revolucionário“ (SR; SAV-Schwesterorganisation und CWI-Sektion in Portugal) diese Scheinanschuldigungen auf das Schärfste zurück. Es handelt sich hierbei um einen vollkommen undemokratischen und zudem noch ungeschickten Versuch, abweichende Meinungen im Linksblock zum Schweigen zu bringen. Das einzige „Vergehen“, dass man den GenossInnen vorwerfen kann, ist, dass sie sich für den Aufbau des „Linksblocks“ auf revolutionär-sozialistischer Grundlage einsetzen.

„Socialismo Revolucionário“ und der „Linksblock“

Es ist bekannt, dass SR im „Committee for a Workers´ International“/„Komitee für eine Arbeiterinternationale“ (CWI) organisiert ist (dessen Sektion in Deutschland die SAV ist; Ergänzung des Übersetzers). Das ist innerhalb des Linksblocks auch gar kein Problem, da dieser seit seiner Gründung aus unterschiedlichen Organisationen und Strömungen besteht. So arbeiten beim Linksblock etwa die UDP („Demokratische Volksunion“) und Mitglieder des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale (USFI) mit, aber auch prominente Mitglieder anderer sozialer Bewegungen sowie kultureller und politischer Organisationen.

Die Position und das Verhalten von SR gegenüber dem Linksblock wie auch die Mitarbeit unserer Mitglieder in dieser Partei zeichnete sich immer durch Offenheit und Ehrlichkeit aus. An keiner Stelle ging es je um ein Auftreten, dass als „heimliche Unterwanderung“ zu bezeichnen wäre.

Seit der Gründung unserer Organisation kämpfen unsere Mitglieder gegen Sektierertum. Unsere Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass wir sowohl mit den Mitgliedern der Kommunistischen Partei Portugals (KPP) wie auch mit denen des Linksblocks Seite an Seite gemeinsam kämpfen. Wie im Programm von SR eindeutig und klar formuliert, braucht es eine Einheitsfront gegen Kürzungspolitik und den Aufbau einer Massenpartei der ArbeiterInnen. In diesem Sinne spielen UnterstützerInnen und AktivistInnen sowohl der KPP als auch des Linksblocks sowie natürlich der breiten Arbeiterbewegung eine wichtige Rolle.

Wegen der unsektiererischen Haltung des SR bezüglich der brennenden Fragen des portugiesischen Klassenkampfs seit 2009 interessierten sich junge Linksblock-Mitglieder zunehmend für Marxismus und die Ideen des CWI. Einige von ihnen sind in der Phase nach den Massenprotesten in den ersten Krisenjahren in Portugal bei uns Mitglied geworden. Andere sind im Laufe des Jahres 2016 und nach den Parlamentswahlen bei SR eingetreten.

Zu jener Zeit gab es in Lissabon, wo SR zuerst Kontakt zu jungen Linksblock-Mitgliedern hatte, keine regelmäßigen Ortsgruppentreffen des Linksblock. Bei den wenigen, unregelmäßigen Jugendtreffen kam es zu keinerlei politischer Debatte. Man beschäftigte sich ausschließlich mit der Organisation von Veranstaltungen. Dies änderte sich grundlegend, als auch Mitglieder von SR in diesen Strukturen aktiv wurden. Es wurden regelmäßige Treffen organisiert und die politische Diskussion wurde zum festen Bestandteil derselben.

2015 arbeiteten SR-Mitglieder an einer Jugend-Zeitung des Linksblock mit und schrieben in der Folgezeit verschiedene Artikel für diese Publikation. Im Laufe des gesamten Jahres 2016 beteiligten sich SR-Mitglieder an Treffen des Linksblocks für junge Leute. Häufig haben wir diese auch mit organisiert. Durch diese Treffen haben wir neue Mitglieder für den Linksblock gewonnen und darüber hinaus mit geholfen, unterschiedliche Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, an denen wir ebenfalls auch teilgenommen haben. Vor allem während des Hafenarbeiterstreiks von Lissabon beschäftigten sich die kämpferischsten Mitglieder der Linksblock-Jugend intensiv mit dem Programm des CWI. Zusammen mit SR gründeten sie die Gruppe „Studierende unterstützen die Hafenarbeiter“. Es wurden Studierende organisiert, um die Streiks und Proteste zu unterstützen, Flugblätter zu verteilen, Plakate aufzuhängen und alle möglichen Aktionen zu entwickeln, mit denen die HafenarbeiterInnen unterstützt worden sind.

Im November 2016 wurde aufgrund der Tatsache, dass wir bereits mit etlichen AktivistInnen des Linksblocks eine gute Zusammenarbeit pflegten und weil ohnehin schon Dutzende SR-Mitglieder der Partei beigetreten waren, die Entscheidung getroffen, SR als innerparteiliche Strömung des „Bloco de Esquerda“ zu etablieren. Damit reagierten wir ganz einfach auf die Einladung, die vom Linksblock in seinem Gründungsprogramm formuliert ist. Es werden darin alle organisierten linken Kräfte aufgerufen, unter Einhaltung des Prinzips des Antikapitalismus der Partei beizutreten. Zudem sollte dem entsprochen werden, was der Linksblock bis heute als „pluralistische Partei“ bezeichnet, mit demokratischen Rechten wie zum Beispiel dem Recht, innerparteiliche Strömungen zu bilden, und einer offenen Diskussion über politische Ausrichtung und Programm.

Der Ausschluss

Unserem Wunsch, eine Strömung zu bilden und ein Treffen mit der Parteiführung zu vereinbaren, wurde mit Panik begegnet. Bei der Vorstandssitzung, die drei Tage später stattfand, wurde eine Untersuchungskommission gebildet, die offiziell dem alleinigen Ziel dienen sollte herauszubekommen, welche Absichten die Mitglieder von SR bzw. des CWI verfolgen. Das wirkliche Ziel bestand jedoch ziemlich offenkundig darin, eine neue kämpferische Kraft, die sich innerhalb des Linksblocks zu entwickeln begann, wieder loszuwerden, CWI-Mitglieder auszuschließen und die Entwicklung zu unterbinden, dass politische Entscheidungen in der Mitgliedschaft – vor allem unter jungen Mitgliedern – schärfer hinterfragt werden.

Nachdem er von den ihn unterstützenden Mitgliedern aus seinen Jugendstrukturen gewarnt worden ist, hat der Parteivorstand sehr wohl begriffen, dass die SR-Mitglieder trotz ihrer relativ geringen Anzahl eine echte „Gefahr“ für die Kontrolle des Vorstands über die eigene Parteibasis darstellen würden.

Das alles steht im Zusammenhang mit der politischen Position, welche die Linksblock-Führung in der aktuellen Lage bezieht. Der Vorstand hat es geschafft, die Partei in eine Stütze der PS-Regierung zu verwandeln, indem er die Politik der Partei der Regierungspolitik der PS und ihrem sogenannten linken Flügel untergeordnet hat. Der einzige Grund, warum das gelingt, ist das fast vollständige Fehlen jeglicher Debatte und politischen Lebens in der Mitgliedschaft, insbesondere unter den Jugendlichen. Das änderte sich, nachdem SR Teil des Linksblocks geworden ist. Und das ist der Grund dafür, weshalb es die Mehrheit im Vorstand mit der Angst zu tun bekommen hat.

Angesichts der Möglichkeit, dass eine linke Opposition innerhalb der Partei stärker werden könnte, zögerte der Vorstand nicht, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel anzuwenden. Der gesamte Prozess des Ausschlusses war gespickt mit rechtlichen Fehlern und Satzungsverstößen.

Dieses Vorgehen hat dazu geführt, dass SR nun eine Welle der Solidarität erlebt. Diese kommt vom gesamten, aktiven, linken Parteiflügel und drückt sich in einem offenen Brief aus, der von über 200 Linksblock-Mitgliedern unterschrieben worden ist. Sie sprechen sich gegen den Angriff der Parteiführung auf die innerparteiliche Demokratie aus. Junge GenossInnen, die bisher nur von SR gehört haben, beginnen sich für uns zu interessieren und kommen zu unseren Treffen. Sie wollen mit eigenen Augen sehen, ob wir „unterwandern“ wollen, wie die bürokratische Parteiführung das behauptet. Nie zuvor in der Geschichte von SR hat das revolutionäre Programm, das wir vertreten, so große Aufmerksamkeit aus allen Landesteilen auf sich ziehen können. Der Parteivorstand des Linksblocks hat einen Fehler gemacht und beginnt erst jetzt zu begreifen, was er sich damit eingebrockt hat.

Am 8. Januar 2017 ist nun der Eintritt von sechs Mitgliedern von SR „annulliert“ worden (so der Euphemismus für „Parteiausschluss“). Das ist der Gipfel, einer undemokratischen, nicht-satzungsgemäßen und somit unrechtmäßigen Entscheidung das Parteisekretariats.

Außer Frage steht, dass SR weiter als revolutionär-marxistische Strömung kämpfen und den jungen Beschäftigten ein eindeutig sozialistisches Programm anbieten wird. Wir werden weiter aufbauen und innerhalb des Linksblock wie auch in der breiteren Gesellschaft insgesamt stärker vertreten sein, uns an solidarischen Diskussionen mit allen anderen linken Strömungen beteiligen und uns für die Einheit aller Menschen aus der Arbeiterklasse unter dem Banner des Sozialismus einsetzen – trotz der Angst und Angriffe der Parteibürokratie.

Dieser Artikel erschien zuerst am 20.01.2017 auf www.socialistworld.net