VW: Zukunftspakt Stellenabbau

Von Photo: Andreas Praefcke - Self-published work by AndreasPraefcke, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=111097
Von Photo: Andreas Praefcke – Self-published work by AndreasPraefcke, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=111097

Bosse wollen weltweit 30.000 Stellen abbauen

Mit kriminellen Methoden hatte der VW-Konzern – wie viele andere in der Branche – Umweltauflagen umgangen. Das ist alles andere als ein Kavaliersdelikt: Weltweit sterben jährlich etwa dreineinhalb Millionen Menschen an Luftverschmutzung, in Deutschland sind es 7000 Todesopfer pro Jahr.

von Angelika Teweleit

Die Schelte für VW-Vorstandsmitglieder und die Forderungen nach Verzicht auf Bonusauszahlungen von diversen Politikern dürfte vor allem für das eigene Image gedacht sein. Die Verantwortlichen werden in diesem System selten zur Rechenschaft gezogen.

Wie nicht anders zu erwarten war, werden stattdessen Sparprogramme zulasten der Beschäftigten eingeleitet. Dabei nutzen die VW-Bosse die Krise, um Produktivität und Gewinne weiter in die Höhe zu treiben.

Erfolg – für wen?

Nach wochenlangen Verhandlungen verkündet der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh, es sei gelungen, Standortschließungen und betriebsbedingte Kündigungen abzuwenden. Viele KollegInnen, die seit Monaten um ihre Arbeitsplätze bangten, sind sicher erleichtert. Allerdings konnte sich die Arbeitgeberseite mit einem Sparprogramm um 3,7 Milliarden Euro durchsetzen, was wiederum durch den Abbau von 30.000 Stellen (davon 23.000 in Deutschland) und durch weitere Flexibilisierung erreicht werden soll. Unter anderem wurde für einen Teil von Beschäftigten die (befristete) Verlängerung der Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden pro Woche vereinbart.

Co-Management – ein Fass ohne Boden

„Bei Volkswagen galt und gilt, dass Wirtschaftlichkeit und Beschäftigung gleichrangige Unternehmensziele sind. Das ist im Zukunftspakt so bestätigt worden“ heißt es im Infoblatt des Gesamtbetriebsrates bei VW 1. Die Bosse haben ihr Ziel erreicht: mit den vereinbarten Schritten soll die Produktivität bis 2020 um 25 Prozent (!) gesteigert und der Gewinn um mehrere Milliarden Euro verbessert werden. Ferdinand Dudenhöfer, Professor für Betriebswissenschaftslehre mit Schwerpunkt Autoindustrie, der als arbeitnehmerfeindlich gilt, hält weiteren Jobabbau für wahrscheinlich: „Wir haben es schon oft erlebt, dass Restrukturierungsprogramme nachgebessert werden. Und das heißt dann meist: dass noch mehr Jobs wegfallen. (…) Das jetzt verkündete Programm ist sicher nicht das Ende der Fahnenstange.“ 2

Gegenwehr

Die Strategie der IG Metall und ihrer Betriebsräte in der Automobilindustrie besteht aus Co-Management, um Standorte zu sichern und Konkurrenzfähigkeit des eigenen Unternehmens zu steigern. Über die Jahre haben sich viele KollegInnen an kontinuierliche Einschnitte bei den Arbeitsbedingungen und Löhnen gewöhnt. Resultat ist, dass viele KollegInnen sich kaputt arbeiten – und dass die Basis der IG Metall weitgehend passiv geworden ist.

Die IG Metall könnte der ewigen Spirale nach unten ein Ende setzen. Sie könnte mit der Waffe des Streiks einen Kampf für den Erhalt aller Arbeitsplätze führen, und dabei Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn fordern, wenn es nicht genug Arbeit für alle gibt. Dabei könnte sie politischen Druck auf die niedersächsische SPD-geführte Landesregierung aufbauen, solch einem Sparprogramm nicht zuzustimmen, da das Land als Anteilseigner über ein Vetorecht in wichtigen Fragen verfügt. Sie könnte die Offenlegung der Geschäftsbücher fordern. Sie könnte deutlich machen, dass der VW-Skandal eine Folge der Profitgier der Bosse wie Piech und Porsche ist. Sie könnte die vollständige Überführung von VW in Gemeineigentum fordern – zum Wohle der Beschäftigten und der Gesellschaft. Für ein solches Programm ist es nötig, sich mit kämpferischen KollegInnen zu vernetzen und an den Aufbau einer innergewerkschaftlichen Opposition zu gehen, um die IG Metall zu einer kämpfenden Gewerkschaft zu machen.

Zukunft der Autoindustrie

Zum Wohle der Umwelt, der Beschäftigten und der Gesellschaft wäre die Verstaatlichung der Automobilindustrie unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Staat ein notwendiger Schritt. Auf der Grundlage von Gemeineigentum und demokratischer Planung wäre es möglich, die Produktion für eine Verkehrsplanung nach gesellschaftlichen Bedürfnissen, anstatt nach den Profitinteressen der Autobosse, umzustellen. Und: Mithilfe von deutlicher Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich sowie einem sinnvoll ausgearbeiteten Qualifizierungskonzept könnten alle Arbeitsplätze gesichert und sogar neue geschaffen werden. Es ist wichtig, dass die LINKE mit solchen Vorschlägen in die aktuellen Debatten eingreift, um Auswege aufzuzeigen.

 

Fußnoten

1 MITBESTIMMEN!, Zeitung des Volkswagen Betriebsrates, EXTRA, November 2016

2 Kölner Stadtanzeiger, 18.11.2016