Großbritannien: Sozialdemokratie in der Krise

Jeremy Corbyn Foto: https://www.flickr.com/photos/theweeklybull/ CC BY-NC-ND 2.0
Jeremy Corbyn Foto: https://www.flickr.com/photos/theweeklybull/ CC BY-NC-ND 2.0

Wie weiter für die Linke?
Mit massenhafter Unterstützung im Rücken hat es Jeremy Corbyn vermocht, den versuchten Putsch all jener ParlamentarierInnen der Labour Party, die das politische Erbe von Tony Blair angetreten sind, sowie ihrer SympathisantInnen abzuwehren. Fakt ist, dass Corbyn seine Mehrheit bei der zweiten Abstimmung über den Vorsitz der Labour Party innerhalb nur eines Jahres sogar noch ausbauen konnte. Doch der rechte Flügel der Labour Party und mit ihm die Strategen des britischen Kapitalismus haben sich mit Corbyns Erfolg immer noch nicht abgefunden. Von daher wird der „Bürgerkrieg“, der seit seiner ersten Wahl in der Partei im Gange ist, unvermindert anhalten. Der wesentliche Grund dafür besteht darin, dass die Parlamentsfraktion der Labour Party (bekannt unter dem Kürzel PLP) wie auch ihre UnterstützerInnen, die von den bürgerlichen Medien unterstützt werden, ihre Kampagne fortsetzen. Es ist noch nicht einmal ausgeschlossen, dass es sogar zu einem dritten Versuch kommt, Corbyn aus dem Amt zu drängen.

von Peter Taaffe

Sollten sie abermals scheitern, so würde eine vorgezogene Parlamentsneuwahl – das ist ihre Hoffnung – ihnen die Sache abnehmen. Sie gehen davon aus, dass die Tories (Konservative Partei) die Wahl gewinnen und Corbyn folglich abgesetzt werden wird. In diesem Sinne handelt es sich beim rechten Flügel der Sozialdemokraten um „konterrevolutionäre Defätisten“. Allerdings ist es angesichts der explosiven sozialen Situation in Großbritannien und aufgrund des Durcheinanders bei den Tories in der Euro-Debatte und anderen Fragen möglich, dass die Labour Party mit Corbyn an der Spitze die Wahl für sich entscheiden kann!

Aber wie hat Jeremy Corbyn seinen großen Erfolg beim Parteitag der Labour Party im September zu nutzen gewusst? Er und John McDonnell, sein Hauptverbündeter und Finanzminister seines Schattenkabinetts, haben – genau wie ihre UnterstützerInnen aus der innerparteilichen „Momentum“-Gruppe – versucht, dem rechten Parteiflügel eine Brücke zu bauen. Das ist das Muster, das sich durch die gesamte Geschichte der Labour Party zieht. Immer dann, wenn die reformistische Linke einen Sieg einfahren konnte (was selten genug vorgekommen ist), hat sie ausnahmslos versagt, Kapital aus ihrem Erfolg zu schlagen. Wenn der rechte Flügel sich in der Mehrheit befindet, dann setzt er alles daran, die Linke zu isolieren und zu zerschlagen. So geschehen im Falle der Säuberungen und Parteiausschlüsse der 1980er Jahre – zuerst gegen die innerparteiliche Gruppe namens „Militant“ und später dann gegen den Rest der Linken. Auch die AnhängerInnen des verstorbenen Tony Benn sind nicht verschont worden.

Corbyn riskiert, erneut in dieses Muster zu verfallen, wenn er den unterlegenen rechten Parteiflügel in sein Schattenkabinett mit einbezieht. Unterdessen wünscht sich eine Mehrheit der neuen, wieder nach links tendierenden Mitgliedschaft, dass die Labour-Abgeordneten, die Tony Blairs Politik anhängen, abgewählt werden. Selbiges gilt für die GenossInnen, die innerhalb der Partei wie ein trojanisches Pferd des Kapitals wirken. Doch wie die Socialist Party, die aus der Militant-Gruppe hervorgegangen ist, immer wieder hervorgehoben hat, weckt Schwäche neue Aggressivität.

Der rechte Flügel hat nicht einmal gewartet, bis der Parteitag vorüber war. Tom Watson, der stellvertretende Vorsitzende von Labour, hat seine Rede beim Parteitag dazu genutzt, um Jeremy Corbyn zu attackieren. Von den bürgerlichen Medien angeheizt war er darauf aus, den Boden für ein Comeback der Partei-Rechten zu bereiten, indem er in puncto Zusammensetzung des Schattenkabinetts die Rückkehr zum alten System forderte. Damit wäre die Macht wieder in den Hände der Fraktion übergegangen und die Einflussmöglichkeiten von Corbyn und der Partei-Linken zurecht gestutzt geworden. Ohne Rechte dastehen würden in dem Falle die „einfachen“ Parteimitglieder.

Ein paar Wochen vor dem Parteitag hatte Watson auch gegen – wie er sie nennt – „trotzkistische Entristen“ ausgeholt, womit er sich vornehmlich gegen Mitglieder der Socialist Party richtete. Diese würden angeblich der Labour-Partei beitreten und auf Methoden der „Überredungskunst“ zurückgreifen, um die 600.000 Labour-Mitglieder für sich zu gewinnen. Es gehe dabei vornehmlich um die jungen Leute. Jeremy Corbyn hat dies öffentlich als Nonsens abgetan. In den 1980er Jahren hat er eine Parlamentsvorlage unterstützt, in der die sowjetische Regierung aufgefordert wurde, Leo Trotzki zu rehabilitieren.

Wir haben auf Watsons Darstellung reagiert, der zu Folge es um eine „hinterhältige Verschwörung“ von „im Geheimen agierenden“ TrotzkistInnen ginge, um die Partei zu infiltrieren. Ganz offen haben wir unsere Bereitschaft zum Eintritt in die Partei erklärt, sollten uns dieselben Rechte zugestanden werden wie beispielsweise der „Co-operative Party“, die der Labour Party seit 1927 angeschlossen ist. Daran ist der ursprünglich offene und föderale Charakter der Labour Party abzulesen, wie er bei der Gründung dieser Partei typisch war. SozialistInnen, MarxistInnen und die Gewerkschaften – die das Rückgrat der Partei ausmachten – diskutierten und debattierten miteinander darüber, wie die Partei in einer losen aber schlagkräftigen Föderation zu einer effektiven Waffe im Kampf gegen den Kapitalismus werden kann.

Diese Organisationsform ist unter den heutigen ArbeitnehmerInnen in Europa gang und gäbe. Vor allem in Griechenland, Spanien, Portugal und anderen Ländern. In Großbritannien ist dieser Ansatz durch den Aufstieg der Partei-Rechten (vor allem in den 1920er Jahren) gänzlich zerstört worden. Stattdessen ging man zu einer zentralisierteren und bürokratischeren Organisationsform über. Alles begann mit dem Ausschluss von Mitgliedern der „Communist Party“.

Wir haben diese Angriffe genutzt, um einem breiteren Publikum von ArbeitnehmerInnen und jungen Leuten mit den wirklichen Ideen von Leo Trotzki vertraut zu machen: Arbeiterdemokratie, Internationalismus und Sozialismus. Darüber hinaus haben wir gefordert, dass alle diejenigen, die in den 1980er Jahren und danach ausgeschlossen wurden, wieder aufgenommen werden. Das würde auch die damalige Redaktion der Militant-Gruppe betreffen und die GenossInnen, die dem heldenhaften Stadtrat von Liverpool angehört haben. Ihr einziges „Verbrechen“ bestand darin, aufzustehen, um die Arbeiterklasse zu verteidigen. Wir haben die Arbeiterbewegung daran erinnert, dass es diese Militant-Gruppe und die „Liverpool 47“-Stadträte waren, die einen Sieg über Margaret Thatcher erzielten und sie zwangen, der Stadt Liverpool bedeutende Zugeständnisse zu machen. Wir, nicht die Führung der Labour Party, waren es, die den Kampf gegen die Kopfsteuer („Poll tax“) organisiert und angeführt haben. Das hat Thatcher politisch das Genick gebrochen. Diese Bewegung hat 18 Millionen Menschen mobilisiert, die diese ungerechte Steuer nicht bezahlen wollten. In diesem Prozess wurden sowohl die „Poll tax“ als auch Thatcher, die sogenannte „Eiserne Lady“, der Geschichte übergeben.

Wir haben zudem einen maßgeblichen Effekt erzielt, als wir versucht haben, eine größere Zahl an Beschäftigten und jungen Menschen – vor allem in den Gewerkschaften – davon zu überzeugen, dass man die Kandidatur Jeremy Corbyns bei der Wahl zum Vorsitzenden der Labour Party unterstützen muss. Eine entscheidende Rolle haben wir im geschäftsführenden Vorstand der größten Gewerkschaft Großbritanniens, UNITE, gespielt, wo wir dazu beitragen konnten, dass Corbyn bei der ersten Wahl die Unterstützung der Gewerkschaft bekam. Dasselbe haben wir in der wichtigsten Gewerkschaft der Staatsbediensteten, der PCS, getan. Hier haben wir größeren Einfluss auf die Entscheidungsprozesse. Ähnlich geschah auch in anderen Gewerkschaften.

Wurzeln von Labour in der Arbeiterklasse

In seiner Parteitagsrede ging Jeremy Corbyn auf die Äußerungen von Watson und somit auf das Mantra des früheren Parteichefs Tony Blair ein, das bei den Vorstandswahlen gerade erst zurückgewiesen worden war und wonach die Labour Party den Konzernen oder „dem Kapitalismus nicht feindlich“ gegenüberstünde. Demgegenüber griff Corbyn den Kapitalismus an und redete einem „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ das Wort. Watsons Worte waren wie eine ideologische Absage an den Hauptgrund, weshalb sich die Labour Party am Beginn des 20. Jahrhunderts überhaupt gegründet hatte. Auf den Punkt gebracht kam es im Jahr 1900 zur Gründung, weil die Arbeiterklasse und die Gewerkschaften nicht länger im Rahmen eines starren Kapitalismus verharren konnten, der entsprechend negative Auswirkungen auf Löhne und Arbeits- und Lebensbedingungen hatte. Deshalb kam es zum Bruch mit der Liberal Party und dazu, dass die ersten Schritte hin zur Gründung einer besonderen Labour Party unternommen wurden. Bis dahin hatte man sich an die Liberalen gehalten, um auf diese Weise stückweise Zugeständnisse zu erreichen.

Der sich verändernde Charakter des britischen Kapitalismus führte allerdings dazu, dass die Liberalen nicht länger in der Lage waren, solche Zugeständnisse im Sinne der Arbeiterschaft durchzusetzen. Deshalb entstand die Idee, eine eigene Partei der ArbeiterInnen, die Labour Party zu gründen, die für die Ablehnung des Kapitalismus stand und in der Phase nach der Russischen Revolution von 1917 den Sozialismus mit in ihren Kanon aufnahm. Verankert wurde dies im Grundsatzprogramm sowohl der Labour Party als auch vieler Industriegewerkschaften Großbritanniens. Bei einigen ist dies auch heute noch fester Bestandteil des Grundsatzprogramms.

Die herrschende Klasse übte von Anfang an Widerstand dagegen und entsprechenden Druck auf den rechten Parteiflügel der Labour Party aus. Ihr Ziel bestand darin, die historischen Bestrebungen für Sozialismus zu eliminieren. 1959 versuchte der damalige Parteivorsitzende Hugh Gaitskell den „vierten Abschnitt“ des Parteiprogramms von Labour zu streichen, in dem die Verstaatlichung als Ziel benannt wird. Er scheiterte jedoch am Druck der sozialistisch eingestellten Basis und der Gewerkschaften. Um die Wünsche der Bourgeoisie zu erfüllen, bedurfte es der Konterrevolution eines Tony Blair. Dieser hatte am Ende eine neue Partei geschaffen, die er „New Labour“ nannte und in der alle linken und sozialistischen Elemente ausgelöscht wurden. Der „Blairismus“ wurde weltweit zur Schablone für ganz ähnliche Prozesse innerhalb der alten Arbeiterparteien und -organisationen. Verstärkt wurde diese Tendenz durch die ideologischen Folgen, die der Zusammenbruch des Stalinismus mit sich brachte.

Um mit Lenins Worten zu sprechen, handelte es sich bei der Labour Party von Beginn an um eine bürgerliche Arbeiterpartei. Ihre Massenbasis setzte sich aus ArbeiterInnen (insbesondere aus den Gewerkschaften) zusammen, doch ihre Führung stand immer mit einem Fuß im kapitalistischen Lager. Blair änderte dies und schuf eine „kapitalistische Partei“.

Ein unvollendeter Erfolg

Die Auflehnung rund um Corbyn und seine Kandidatur zum Parteivorsitzenden steht für den Versuch, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und wieder zu einer neuen Arbeiterpartei zu kommen. Das war ein spektakulärer Beleg für die Richtigkeit des „Gesetzes von den unbeabsichtigten Folgen“. Jeremy Corbyn profitierte von einer Änderung der Labour-Statuten, wonach es nun zum ersten Mal auch Nicht-Mitgliedern, ArbeiterInnen und jungen Leuten erlaubt ist, sich als „assoziierte Mitglieder“ einzuschreiben. Damit verbunden ist das Recht, den Vorstand der Partei mit zu wählen. Und das alles für einen Beitrag, der nicht mehr kostet als ein Glas Bier! Blair hatte diese Statuten-Änderung begrüßt und bedauert, dass er seinerzeit nicht mit einem ähnlichen Vorschlag aufgewartet hatte, der doch dem Ansatz Folge leisten würde: „Eine Person, eine Stimme“. In Wirklichkeit sollte damit der Einfluss der Gewerkschaften weiter zurückgedrängt werden und ihre kollektive Einflussnahme ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund war die Socialist Party ursprünglich auch gegen diese Änderungen der Wahlmodalitäten.

Eine hohe Anzahl empörter junger Leute und Beschäftigter, die aufgrund der Kürzungspolitik des neoliberalen Kapitalismus von diesem vollkommen entfremdet wurden, hat diese Waffe jedoch genutzt und ist der Labour Party massenweise „beigetreten“. In diesem Prozess wurde Jeremy Corbyn (der in seiner Partei zuvor ziemlich isoliert war) ins Rampenlicht gerückt. Er wurde von einer regelrechten Bewegung aufs Schild gehoben, was man nur als den Aufstand der Massen bezeichnen kann. Das hat ihn dazu angetrieben, durch eine Reihe von Massenveranstaltungen in die Parteiführung von Labour einzutreten.

Das neue Kräfteverhältnis zeigte sich an der Tatsache, dass die offen als Verfechterin von Blairs Ideen auftretende Kandidatin Liz Kendall im ersten Wahlgang nur mickrige 4,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Das war auch Ausdruck der verspätet eingetretenen Folgen der kapitalistischen Weltwirtschaftskrise von 2007/08. Diese hatte verheerende Konsequenzen für den Lebensstandard in Großbritannien (wenn auch nicht in dem Ausmaß, das wir von Spanien oder anderen Teilen Südeuropas kennen). Die Arbeiterklasse und die verarmten Schichten sind dadurch erneut ärmer geworden.

Die „Resolution Foundation“, bei der es sich um einen Thinktank („Denkfabrik“) handelt, hat ermittelt, dass sechs Millionen Arbeiterhaushalte zur ärmsten Hälfte der Bevölkerung gehören und „seit dem großen Crash von 2008 eine deutliche Verschlechterung ihrer Einkommenssituation verzeichnen. […] Dies ging einher mit einem signifikanten Anstieg der Lebenshaltungskosten, insbesondere für den Unterhalt einer Wohnung. […] Der Anstieg der Ausgaben für Wohnraum seit der Jahrhundertwende entspricht vierzehn Basis-Punkten der Einkommenssteuer. Das ist ziemlich viel. Kein Wunder, dass sie mit dem Status quo unzufrieden sind“ (The Observer, 2. Oktober 2016).

Angesichts des Wahlerfolgs von Corbyn machte sich der rechte Parteiflügel im vergangenen Sommer daran, den Putsch durchzuführen. Obwohl er zweimal gewonnen hat, bot Corbyn der Parteirechten Plätze in seinem neuen Fraktionsteam an (anstatt seinen Erfolg zu konsolidieren, indem er weiter nach links rückt). Die Geschichte zeigt, dass gescheiterte Putschversuche wiederholt werden, wenn die Situation, die dazu geführt hat, unverändert dieselbe bleibt und wenn die Verschwörer nicht entschieden bekämpft werden. Das gilt für Parteien nicht weniger als für Staaten. Ein Beleg für diese These ist die Geschichte Spaniens. Die ArbeiterInnen in Spanien braucht man nicht an die katastrophalen Folgen der Volksfront-Regierung des Jahres 1936 erinnern, die den Versuch unternommen hat, mit den Generälen Franco und Mola zu einem Ausgleich zu kommen. Das verschaffte den Letztgenannten die Möglichkeit, sich mit ihren Putschplänen zu befassen, die dazu führten, dass die Spanische Revolution abgewürgt wurde

Bei den Rechten innerhalb der Labour Party handelt es sich natürlich nicht um Faschisten. Und ihre Bemühungen sind nicht mit denen der Faschisten vergleichbar. Was aber stimmt, ist, dass der rechte Parteiflügel von Labour dem kapitalistischen Lager angehört und dem Sozialismus gegenüber absolut feindlich eingestellt ist. Dies gilt vor allem für die Zeit nach der langen Phase, in der der „Blairismus“ in der britischen Arbeiterbewegung tonangebend war. Wenn die Möglichkeit ausgelassen wird, jetzt den Linksruck zu vollziehen, dann können die rechten Parteikräfte – mit Hilfe der Bourgeoisie – ihr Comeback starten.

Anfangs hat die britische herrschende Klasse und die mit ihr konform gehende Presse die Labour-Rechte dazu gedrängt, sich auf eine Abspaltung und die Gründung einer neuen, rechteren Partei vorzubereiten. Ein solcher Schritt wäre vergleichbar gewesen mit der Gründung der britischen „Social Democratic Party“ in den frühen 1980er Jahren. Die von Corbyn und seiner Anhängerschaft betriebene Mauschelei wie auch die 38 Prozent der Stimmen, die Corbyns Gegenkandidat Owen Smith bei der zweiten Wahl des Labour-Vorsitzenden erringen konnte, haben die Parteirechte veranlasst zu glauben, dass sie zu einem Comeback in der Lage sei. Die Labour-Rechte von heute ist aus demselben ideologischen Holz geschnitzt wie die Sozialdemokraten im Rest Westeuropas, deren gesellschaftliche Basis durch die Wirtschaftskrise von 2007/08 dramatisch verringert worden ist.

Linkspopulismus

Die Auswirkungen dieser ökonomischen Krise in Kombination mit den weltweiten antikapitalistischen Bewegungen, die ihr vorausgegangen sind, aber auch der marode politische Zustand der Führungen dieser „traditionellen“ sozialdemokratischen Arbeiterparteien und -organisationen haben zum Aufkommen eines Linkspopulismus geführt. Es handelt sich hierbei um keinen klar definierten Begriff, der immer dann zur Anwendung kommt, wenn das nebulöse Phänomen beschrieben werden soll, dass jemand oder eine Struktur nicht eindeutig links auftritt, sich jedoch an „die Leute am unteren Ende der gesellschaftlichen Skala“ wendet.

Solche Parteien und Organisationsformen, die einen Übergang markieren und in sich instabil sind, können – aufgrund weiterer Spaltungen – den Weg zu einer klareren Form von Linksreformismus ebnen. Sie umfassen Elemente, die aus der Vergangenheit stammen, wie auch unausgegorene Ideen und Kräfte, die in Zukunft eine Rolle zu spielen vermögen. Aus diesem Grund haben wir die derzeitige Labour Party nicht mehr als durch und durch rechts veranlagte sozialdemokratische Partei beschrieben, sondern als Formation, die sowohl diese Elemente in sich trägt als auch Ansätze einer neuen, radikalen und sozialistischen Massenpartei. Innerhalb der Labour Party kämpfen zur Zeit zwei Parteien um die Herrschaft über die Partei.

Der deutliche Rechtsschwenk, zu dem es in den 1980er und -90er Jahren gekommen ist, hat uns seit nunmehr mehreren Jahrzehnten dazu veranlasst, die Labour Party nicht länger als fruchtbaren Boden für unsere Arbeit zu betrachten. Eine effektive Arbeit in dieser sich im Sterben befindlichen Organisation war nicht mehr möglich. Schließlich hat es die Labour Party unter der Führung von Tony Blair und nach ihm unter Gordon Brown geschafft, fünf Millionen WählerInnen zu verlieren und sich darüber hinaus zu schändlichen sowie kriminellen Entscheidungen wie etwa der Fortsetzung des Irakkriegs hinreißen zu lassen. Hinzu kam dann noch die Übernahme eines feindseligen weil neoliberalen Parteiprogramms. Übrig blieb nur noch ein Rumpf, der sich in erster Linie aus einer kleinbürgerlichen Kaste an örtlichen Gemeinderäten und demoralisierten FunktionärInnen zusammensetzte, die Blair bei seinem blutigen Amoklauf im Mittleren Osten und bei dem Massaker unterstützt haben, das dieser am Lebensstandard der Arbeiterklasse verübt hat.

Die Labour Party von Blair hat sich – genau wie PSOE in Spanien, PASOK in Griechenland und die meisten anderen „traditionellen“ Parteien – maßgeblich nach rechts bewegt und war nicht mehr die Stimme der Lohnabhängigen und Erwerbslosen. Vor diesem Hintergrund sind wir genau wie andere (zum Beispiel Arthur Scargill, der Anführer des heldenhaften Bergarbeiterstreiks der Jahre 1984/85) an die Öffentlichkeit gegangen, um für eine neuen sozialistische Massenpartei einzutreten. Über Großbritannien hinaus wurde dieses Phänomen zumindest der äußeren Form nach in einer Reihe von Ländern real. Am ehesten trifft dies auf die PRC („Partito Rifondazione Comunista“) in Italien zu, die dort in den frühen 1990ern gegründet wurde. Aber auch in Spanien fand diese Entwicklung in Form von „Podemos“ ihren Ausdruck.

In Großbritannien klammerten sich die Gewerkschaften (in erster Linie die eher rechtslastigen) an die Hülle dessen, was einmal eine Arbeiterorganisation gewesen war. Ein ähnlicher Prozess entwickelte sich auch in Spanien, obwohl die jüngsten Entwicklungen darauf hindeuten, dass die sogenannte „Sozialistische Partei“ (PSOE) sich in zwei Teile zerlegt. Da wäre auf der einen Seite der offen bürgerliche Flügel, der es der rechts-konservativen „Partido Popular“ ermöglichen will, eine Regierung zu bilden. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die sich um den bisherigen Vorsitzenden Pedro Sánchez scharen, der begriffen hat, dass ein solches Vorgehen der Todesstoß für die Partei wäre und sie in der Folge von der Bildfläche verschwinden könnte. Das wäre dann vergleichbar mit der Entwicklung von PASOK in Griechenland.

Trotz allem hielten wir in Großbritannien an der Hoffnung fest, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Gründung neuer Parteien kommen würde. Das Einsetzen eines solchen Prozesses ließ jedoch lange auf sich warten, was vornehmlich am tief verwurzelten Konservatismus lag, der in den Spitzen der Gewerkschaften vorzufinden ist. Unsere Schlussfolgerung bestand demzufolge darin, dass die Formierung einer neuen Kraft rund um eine linksradikale Führungsfigur nicht ausgeschlossen werden kann. Diesen Gedanken brachten wir 2002 zu Papier: „Theoretisch hat der Marxismus nie ausgeschlossen, dass die Auswirkung eines umfassenden historischen Schocks (zum Beispiel eine schwerwiegende Wirtschaftskrise oder eine Massenerhebung) dazu führen kann, dass die ehemals sozialdemokratischen Parteien wieder stark nach links rücken.“ („Can the Labour Party be Reclaimed?“, in: Socialism Today, Nr. 68, September 2002).

Instabiles Gleichgewicht

Echter Marxismus hat mit der Vorstellung rigoroser Dogmatiker nichts zu tun, die lediglich eine einzige Organisationsform der Arbeiterklasse akzeptieren. Der Kapitalismus steckt nicht erst seit 2007/08 in der Krise sondern schon davor. Es ist vielmehr so, dass bereits seit dem Ende des Nachkriegsaufschwungs von 1950 bis 1975 Rezessionstendenzen feststellbar sind. Dies hat wichtige Auswikrungen gehabt und den Charakter der Arbeiterparteien in bürgerliche Parteien geändert. In der Folge verwandelten sie sich in Stützen des Kapitalismus.

Neue Parteien können entstehen, die allerdings schnell wieder zerfallen, wenn sie den Erwartungen der Arbeiterklasse nach gesellschaftlichem Wandel nicht entsprechen. Bei den Parlamentswahlen von 2009 rangierte Syriza in Griechenland noch bei 4,6 Prozent. Im Januar 2015 stand sie bereits vor der Aufgabe, eine Regierung zu bilden. Der Verrat der Parteiführung führte jedoch dazu, dass es zu einem riesigen Rückgang an Unterstützung gekommen ist. Heute haben wir es bei Syriza mit einer enorm geschwächten Formation zu tun, weil die Regierung unter Alexis Tsipras im Juli 2015 vor dem Kürzungsdiktat der EU kapituliert hat.

Dies ist eine Warnung für die Arbeiterklasse. Neue Parteien werden nicht lange überleben, wenn sie zuvor kein klares Programm ausgearbeitet haben. Sie können verkümmern oder gar zusammenbrechen oder durch radikalere Formationen ersetzt werden. In der Zeit eines krisenhaften Kapitalismus, gibt es im Grunde keine stabilen Formationen. Aktuell haben wir es mit Elementen zu tun, wie sie in den 1930er Jahren vorzufinden waren. Objektiv und vor allem hinsichtlich der ökonomischen Lage haben wir es mit einer vor-revolutionären Phase zu tun, die sich auf der Ebene des Bewusstseins der Masse der Arbeiterklasse noch nicht vollständig Bahn gebrochen hat. Mittel- und langfristige Perspektiven bemessen sich heute eher in Monaten als in Jahren.

Das instabile Gleichgewicht, das sich zwischen der politischen Linken und Rechten abzeichnet, kann nicht von langer Dauer sein. Die Gruppe „Momentum“, die sich rund um Jeremy Corbyn gebildet hat und in der Praxis einen Ausgleich mit dem rechten Parteiflügel von Labour anstrebt, kann entweder stagnieren oder den Forderungen der bewussteren Schichten der Arbeiterklasse nach politischen und organisatorischen Maßnahmen gegen die Parteirechte nachgeben.

Fakt ist, dass das Fehlen eines Mechanismus, mit dem die Nachfolger von Tony Blair (gemeint ist in erster Linie die Parlamentsfraktion von Labour) abgesetzt werden können, dazu führt, dass die Macht des rechten Flügels unangetastet bleibt. So kann weiter gegen Corbyn intrigiert werden. Sollten sie zur Ansicht kommen, dass die Zeit dafür reif ist, so ist auch ein endgültiger Schlag gegen ihn möglich.

Die Geschichte der spanischen Arbeiterparteien zeigt, dass die Struktur einer breiten Partei oder einer Föderation eine entscheidende Rolle dabei spielt, wer schließlich die Macht innehat. Das wurde vor und während der Spanischen Revolution deutlich. Während Largo Caballero die Unterstützung der sozialistischen Parteibasis genoss, versäumte er es, um die Strukturen der Partei zu kämpfen.

Tony Saunois wies darauf in seinem Artikel „1936: Spaniens revolutionäre Hoffnung“ in der diesjährigen Juli/August-Ausgabe von Socialism Today hin: „Die Konflikte zwischen den verschiedenen Flügeln der PSOE im Vorfeld des faschistischen Aufstandes führten zu einer Spaltung innerhalb der Partei. Prieto gelang es, eine Aufschiebung des Parteikongresses zu erzwingen. Die Parteiführung verbot Caballeros Zeitung ‚Claridad‘ und reorganisierte die von ihm kontrollierten Bezirke. Dann, als die Revolution und der Bürgerkrieg ausbrachen, erlaubte Caballeros Parteiflügel – obwohl er die Mehrheit in der PSOE hatte – Prieto die Kontrolle über die Parteizentrale zu erobern, um die ‚Harmonie‘ zu erhalten. Seitdem unternahmen sie keine weiteren Schritte, die Kontrolle über die Partei zu übernehmen. Dies sind wichtige Lehren für Großbritannien heute angesichts der Versuche Jeremy Corbyns, den ‚blairistischen‘ rechten Parteiflügel zu beschwichtigen und der Konfrontation mit ihm auszuweichen.“ Indalecio Prieto, der Repräsentant der Rechten, behielt die Kontrolle über den Parteiapparat, welche er dazu nutzte, die Rechte zu stärken und den Einfluss der Linken – und damit die Spanische Revolution – zu schwächen.

Die Wiederwahl von Abgeordneten

Es ist eine Gesetzmäßigkeit, dass die Arbeiterklasse, besonders in Phasen radikaler Umbrüche, weitaus linker ist als ihre Massenparteien. Selbst in der revolutionärsten Partei kann die Basis links von der Führung stehen. Mit Sicherheit sind in Großbritannien die jungen Menschen, die in Scharen in die Labour Party geströmt sind, linker als ihre einstigen „Führer“. Owen Jones und Paul Mason, Führer der Momentum-Gruppe, sind typische Vertreter dieser Art.

Jones tourte während der letzten Wahlen als Unterstützer von Podemos durch Spanien und gilt als halboffizieller Vertreter der britischen Linken – bis heute. Aber er hat sich ebenso wie Mason nach rechts entwickelt, indem er die Forderungen des rechten Flügels nach „Einheit und Frieden“ wiederholt und sich gegen die demokratische Neuwahl von Parlamentsabgeordneten als KandidatInnen der Partei vor jeder Wahl ausspricht. Jones schrieb im Guardian (26. September), dass der verbindlichen Neuwahl „Widerstand entgegengesetzt werden muss“. Er stimmt der Forderung der Rechten zu, die Abgeordneten im Amt zu lassen. Das ist Musik in den Ohren der Rechten, welche die Umsetzung der demokratischen Rechte der Parteibasis mit „Erschießungskommandos“ für die Abgeordneten verglichen haben.

Vergleichen wir die Position Jones‘ und anderer mit der von Len McCluskey, Vorsitzender der Gewerkschaft Unite und Unterstützer von Militant während der Auseinandersetzung in Liverpool in den 1980ern. Auf dem Labour-Parteitag hat er seinen mitreißenden Aufruf für Sozialismus mit der Erklärung verbunden, dass die Abgeordneten, die sich gegen Corbyn verschworen haben, damit die Frage der Abwählbarkeit ihrer Mandate selbst aufgeworfen hätten. Dafür wurde er prompt von Momentum-Mitglied Jon Lansman kritisiert!

Von Anfang an hat sich die Momentum-Spitze die Führung der Corbyn-Bewegung unter den Nagel gerissen – mit Hinweis auf ihre angebliche „Expertise“ in Organisationsfragen, sowohl in Bezug auf die Labour Party als auch auf den Sieg der Linken. Aber in der Person ihres Wortführers Lansman haben sie von Anfang an gegen die Idee der Abwählbarkeit opponiert und damit ihren Widerstand gegen unsere Teilnahme und Unterstützung für die Corbyn-Bewegung und die Labour Party untermauert. Er verkündete, die „Sozialdemokratie“ in Opposition zum „Blairismus“ wiederherstellen zu wollen. Wir stellten ihm die einfache Frage, ob er dafür ein Modell nennen könne – irgendein Land, in dem das realisierbar wäre. Denn sie Sozialdemokratie hat sich als völlig unfähig erwiesen, nachhaltige Reformen durchzuführen. Warum? Nicht aufgrund persönlichen Versagens der Führung, sondern weil der Kapitalismus heutzutage Konterreformen verlangt, wie die Beispiele Spaniens, Griechenlands, Großbritanniens und der USA illustrieren.

Tories an der EU-Frage gespalten

Die Unterstützung für Linkspopulismus – wie sie sich in den Bewegungen für Corbyn, Sanders und Podemos ausdrückt – spiegelt die Sehnsucht nach radikalen sozialistischen Veränderungen vor allem unter Jugendlichen, aber auch in großen Teilen der Arbeiterklasse, wider. Das Votum für den „Brexit“ (den EU-Austritt Großbritanniens) repräsentiert im Wesentlichen einen Aufstand der Arbeiterklasse und von Teilen der Mittelschichten gegen die Elite.

Sie nehmen die imperialistische EU als Ursache ihrer unglücklichen Lage wahr und nutzten die Gelegenheit, um ihr und der britischen herrschenden Klasse einen Schlag zu versetzen. Unglaublicherweise sind Teile der Linken – einschließlich einiger angeblicher „MarxistInnen“ – für den EU-Verbleib eingetreten. Sie stimmten unserer Analyse der EU als brutales neoliberales Projekt zu, deren Verfassung jede Regierung für unrechtmäßig erklärt, die den Markt herausfordert und in Richtung einer sozialistischen Lösung geht. Aber ihre pessimistische Perspektive war, dass [der rechte Politiker und heutige Außenminister] Boris Johnson & Co. siegreich aus dem Brexit hervorgehen und einen „Karneval der Reaktion“ veranstalten würden. Das war die Position von Paul Mason und sogar einiger linker Gewerkschaftsführer – ebenso winziger „marxistischer“ Organisationen, die in der politischen Lage des heutigen Großbritanniens fast unsichtbar sind.

Die Socialist Party hingegen hatte eine klare Haltung gegen die EU und für ein Brexit-Votum – auf Grundlage eines internationalistischen und sozialistischen Klassenstandpunktes. Außerdem haben wir vorausgesagt, dass die Niederlage der Brexit-GegnerInnen ein Todesstoß für den konservativen Premierminister David Cameron darstellen und günstige Bedingungen für Kämpfe von ArbeiterInnen und der Linken schaffen würde. Genau das passierte, als Cameron einige Tage nach seiner Niederlage die Regierung verließ.

Wenn Jeremy Corbyn und John McDonnell in Opposition zur EU getreten wären – wie sie es mit uns gemeinsam 1975 beim Referendum über die britische EWG-Mitgliedschaft getan hatten – hätte dies die Situation fundamental geändert. Angesichts des Durcheinanders innerhalb der Tories hätte dies den Weg für steigende Unterstützung für Labour ebnen und zu Neuwahlen führen können, bei denen Labour den Sieg hätte erringen können, wie einige Kommentatoren der Financial Times zugeben mussten. Corbyn jedoch, gelähmt durch die Intrige der rechten Parlamentarier, gab dem „Remain“-Lager seine lauwarme Unterstützung – wofür er schonungslos kritisiert wurde.

Unterm Strich führte das Referendum zur Einbindung Boris Johnsons durch die Machtübernahme Theresa Mays. Aber nach kurzen Flitterwochen wurden Trennlinien bezüglich Europa und anderer Themen sichtbar. Die bürgerlichen Medien richteten den Fokus auf die Spaltungslinien in der Labour Party, aber sie werden das Ausbrechen der Konflikte in den Reihen der Tories in der nächsten Periode nicht verschleiern können. Die Brexit-Verhandlungen könnten zum EU-Austritt Großbritanniens führen, was immense Erschütterungen in der Konservativen Partei und möglicherweise ihre Spaltung nach sich ziehen kann. Diese Spaltung könnte vergleichbar sein mit derjenigen, die sich im frühen 19. Jahrhundert an der Frage der Corn laws vollzog und die Tories für Jahrzehnte von der Macht verdrängte.

Konflikte bestehen fort

Nach dem Labour-Parteitag haben die Kapitalisten auf ihr Recht gepocht, eine rivalisierende rechte Organisation, „Labour Tomorrow“, zu gründen, um der Linken etwas entgegenhalten zu können. Die Presse, darunter auch labournahe Zeitungen wie der Daily Mirror, setzen eine Deadline für 2018. Bis dahin soll Corbyn „reichlich Gelegenheit“ bekommen, seine Popularität zu demonstrieren – oder eben nicht. Mittels geschönter Umfragen – die allerdings schon bezüglich des Referendums über die schottische Unabhängigkeit und der landesweiten Wahlen irrten – bezeichnen sie Corbyn als „unwählbar“ und drücken ihre Hoffnung auf seine sang- und klanglose Entfernung aus der Labour-Führung aus.

Momentum spielt diesen durchschaubaren Manövern in die Hände. Es gibt immer noch konservative Schichten der Arbeiterklasse, auf die sich die rechte Sozialdemokratie in ihren Kämpfen gegen die Linke zu stützen versucht. Sie haben die Rückendeckung von allen Kräften der bürgerlichen Gesellschaft, einschließlich der Medien und, möglicherweise, den konservativeren Schichten der Arbeiterklasse und Mittelschichten. Der Kampf geht also weiter, der „Bürgerkrieg“ dauert an und wird möglicherweise nicht schnell gelöst werden. Es kann zu sehr langwierigen Auseinandersetzungen kommen und die Socialist Party wird ihre Rolle dabei voll ausfüllen.

Schon vor den durch die Corbyn-Bewegung ausgelösten Veränderungen haben wir erfolgreich die Trade Unionist and Socialist Coalition (TUSC, Bündnis von GewerkschafterInnen und SozialistInnen) gemeinsam mit der Eisenbahner- und Transportarbeitergewerkschaft (RMT), der Socialist Workers Party und anderen guten GewerkschaftsaktivistInnen aufgebaut. Hauptkampagne von TUSC war der Kampf gegen Kürzungen, die sowohl von Labour- als auch Tory-Regierungen durchgeführt wurden. Die Socialist Party hat dies mit einer Kampagne, vor allem innerhalb der Gewerkschaften, für eine Massenpartei der Arbeiterklasse verbunden. Dabei haben wir in zahlreichen Wahlen gegen Labour kandidiert. Als Corbyn in den Kampf um die Labour-Führung eintrat, haben wir ihn unterstützt.

Jetzt, nach Corbyns zweitem Sieg, haben wir TUSC vorgeschlagen, die Vorbereitungen für künftige Wahlen auszusetzen, um notwendige Schritte – wie die Frage der Abwählbarkeit von ParlamentarierInnen – zur Absicherung des Sieges der Linken [in Labour] durchzuführen. Die Situation ist sehr instabil und es ist nicht sicher, ob Corbyn und seine UnterstützerInnen gegen die Rechte bestehen werden. Auf dem Labour-Parteitag wurde Momentum von den Rechten ausgebootet, die ihre knappe Mehrheit im nationalen Vorstand konsolidieren konnten, weil sich Jeremy Corbyn in einer wichtigen Abstimmung enthalten und damit dem rechten Flügel zwei weitere Sitze hat zukommen lassen.

Zudem wurde ohne weitere Diskussion ein Beschluss zu vordergründig organisatorischen Fragen mit unlauteren Mitteln durchgesetzt, der es Labour-Stadträten verbietet, Anti-Kürzungs-Haushalten zuzustimmen. Solche Anti-Kürzungs-Haushalte wurden vom [von Militant angeführten] Liverpooler Stadtrat in den 1980ern beschlossen, um Kürzungen abzuwehren und Thatcher zu bekämpfen. Der oben genannte Beschluss kann nun von miesen Stadträten – der Mehrheit der 7.000 Labour-Abgeordneten – genutzt werden, welche als Kollaborateure im Bündnis mit der Regierung und der herrschenden Klasse Kürzungsprogramme umsetzen. Wir sind darauf vorbereitet, ein Teil der möglichen bevorstehenden Veränderungen zugunsten der Linken zu sein. Dabei verzichten wir aber nicht darauf, an Bewegungen der Jugend und der Arbeiterklasse im Widerstand gegen die Angriffe des Kapitalismus teilzunehmen und sie anzuführen – in Verbindung mit dem Kampf für die sozialistische Veränderung Großbritanniens, Europas und der Welt.

Peter Taaffe ist Generalsekretär der Socialist Party (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England und Wales). Der Artikel erschien zuerst in der Novemberausgabe des Magazins Socialism Today