Das waren die Sozialismustage in Dortmund

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50 Aktive nahmen an spannenden Debatten teil

Auch dieses Jahr nahmen an den Sozialismustagen Dortmund wieder verschiedene politisch Interessierte, darunter AktivistInnen aus Bewegungen, Gewerkschaften, der LINKEN und von Linksjugend [’solid] teil. Angesichts paralleler Termine, wie etwa die Demonstration in Köln, bei der 30000 Menschen gegen die Politik Erdogans protestierten, war die Veranstaltung mit 50 TeilnehmerInnen dennoch gut besucht.

Von Ela Weber, Dortmund

Beim Auftaktpodium ging es, nach einer kurzen Einleitung über die Situation in Europa, vor allem um die zunehmende Nazigewalt in Dortmund. Svenja Jeschak gab einen historischen Einblick in die Naziszene der Stadt und wie es dazu kommen konnte, dass sich diese seit den achtziger Jahren etablieren und aufbauen konnte. In der anschließenden Diskussion tauschten sich die TeilnehmerInnen über Strategien aus, wie man die Nazis am besten zurückdrängen kann. Betont wurde auch, dass die Kampagne „Es reicht!“ dabei ein gewaltiger Fortschritt sei, jedoch vor allem die Gewerkschaften ihr Potenzial noch nicht voll ausschöpfen.

Ist der Mensch zu schlecht für Sozialismus?

Anschließend teilten sich alle auf verschiedene Workshops auf. Im Workshop „Ist der Mensch zu schlecht für den Sozialismus“ drehte es sich vor allem um die Frage, wie eine sozialistische Gesellschaft aussehen und aufgebaut werden kann. Bei der Frage, wie man verhindern kann, dass sich gewählte VertreterInnen von den Menschen abheben, die sie vertreten sollen, fanden viele die Praxis des CWIs (Committee for a Workers International) gut, dessen Abgeordnete von ihrem Gehalt nur einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn behalten und den Rest des Geldes in die Unterstützung von politischen Kampagnen stecken.

Auf die Bedenken, ob eine geplante Wirtschaft nicht zu unflexibel sei, wurde entgegnet, dass Unternehmen ja bereits jetzt sehr effektiv planen, jedoch geschieht dies gegeneinander – es geht nicht darum, wie die Menschen am besten mit Gütern versorgt werden können, sondern wer das größte Stück von Kuchen bekommt. Ein Teilnehmer bemerkte, dass für ihn zuvor der Begriff „Planwirtschaft“ eher negativ besetzt gewesen sei, durch die Diskussion und der Bezeichnung „demokratisch geplante Wirtschaft“ habe er erst eine wirkliche Vorstellung bekommen, was eigentlich dahinter steckt. Am Ende waren sich alle einig, dass es schwachsinnig ist zu sagen, der Sozialismus funktioniere nicht – angesichts Ausbeutung, Armut und Kriegen sehe man, dass der Kapitalismus nicht funktioniert.

Ein weiterer Workshop befasste sich mit der Situation in der Türkei, in welcher Erdogan, nach dem gescheiterten Putschversuch die Entwicklung hin zu einer Diktatur noch mal beschleunigt hat und seine Macht weiter ausbaut, während er demokratische Rechte aushebelt.

Kämpferische Gewerkschaften aufbauen

Julian Koll (Streikaktivist und Mitglied der SAV) berichtete im Workshop „Welche Art von Gewerkschaften brauchen wir?“ über erfolgreiche Kämpfe von oppositionellen Gewerkschaftsgruppen in der Vergangenheit und verglich diese mit heutigen Kämpfen, bei denen die Gewerkschaften meist eine Konfrontation scheuen und statt dessen auf Verhandlungen setzen. Aus dem Sozial- und Erziehungsdienste-Streik zog er unter anderem die Schlussfolgerung, dass Streiks demokratisiert werden müssen, damit diese nicht einfach von der Gewerkschaftsführung ausgebremst werden können. Geert Cool von der Linkse Socialistische Partij (Schwesterorganisation der SAV in Belgien) bemerkte, dass wir überall auf der Welt das gleiche Phänomen sehen, dass Gewerkschaftsführungen vor allem auf die Aushandlung von Kompromissen, meist mit ihren „Parteifreunden der Sozialdemokratie“ setzen. Sozialpartnerschaft und Co-Management prägen nicht nur das Bild in Deutschland, dabei bräuchten wir klassenkämpferische Gewerkschaften. Insbesondere seit der Krise setzen die Kapitalisten zunehmend auf Konfrontation und wenn die Gewerkschaften weiter vor allem auf Verhandlungen setzen, habe man eine sehr schwache Position. Betont wurde auch, wie wichtig internationale Solidarität sei und dass sich die Arbeiterklasse der verschiedenen Länder nicht im Namen der Wettbewerbsfähigkeit gegeneinander ausspielen lassen. Kämpferische Gewerkschaften spielten auch eine Rolle bei der Frage, wie man die Abkommen TTIP und CETA noch verhindern könne, mit welcher sich in einem anderen Workshop auseinandergesetzt wurde.

#Trumpprotest

In einem weiteren Workshop wurde darüber diskutiert, wie es dazu kommen konnte, dass ein rassistischer und sexistischer Milliardär der 45. Präsident der USA werden konnte, nachdem Bernie Sanders noch vor einem halben Jahr Millionen Menschen mit dem Slogan „Für eine politische Revolution gegen die Milliardärsklasse“ begeistern konnte. Im Mittelpunkt standen jedoch die Situation nach der Wahl und die Frage, ob es nun eher zu einem Abflauen oder erneuten Aufkommen von Protesten kommen wird. Die meisten waren der Ansicht, dass die Wahl von Trump als Peitsche der Konterrevolution den Widerstand der ArbeiterInnen befeuern werde.

Neue Mitglieder

Nach dem Workshop über Theorie und Praxis der SAV sind vier Teilnehmer der SAV beigetreten. Wir freuen uns, die neuen Genossen begrüßen zu können und auf den gemeinsamen Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung, Ausgrenzung und Krieg. Beim Abendpodium tauschten sich Genossen aus Belgien, Österreich und Deutschland über ihre Erfahrungen im Kampf gegen rechtspopulistische Parteien aus und diskutierten zusammen mit den TeilnehmerInnen darüber, wie der Rechtsruck in Europa gestoppt werden kann. Im Anschluss gingen die Diskussionen in gemütlicher Runde weiter und ein Teil der Anwesenden freut sich nach der erfolgreichen Veranstaltung in Dortmund bereits jetzt auf die Sozialismustage 2017 in Berlin