Ist die AfD faschistisch?

By RimbobSchwammkopf (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
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Für den Kampf gegen rechts ist eine richtige Analyse nötig

Die Alternative für Deutschland (AfD) wird oft mit der NSDAP verglichen und rassistische oder autoritäre Politik schnell als faschistisch deklariert, doch was steckt wirklich hinter dieser Partei?

von René Kiesel, Berlin

Die AfD bildet eine Brücke zwischen gemäßigten und radikalen rechten Ansichten und innerhalb der Partei bildet sich ein Flügel heraus, der zum Teil Überschneidungen mit Faschisten aufweist. Prominente Vertreter dieses Flügels sind Poggenburg, Gauland und Höcke. Sie bekommen zudem Unterstützung aus verschiedenen Landesverbänden und der Jungen Alternative. Mitglieder des Jugendverbandes sind zum Beispiel bei den neofaschistischen Identitären und Burschenschaften aktiv. Dabei stellen Mobilisierungen der AfD einen Schutzraum für rechte Gewalt für Nazis, die außerhalb der Partei agieren, dar. Doch dies prägt nicht die gesamte Partei.

Die Propaganda der AfD wird durch fortwährende Skandale breit in der bürgerlichen Presse transportiert. Die Partei als Ganzes ist sexistisch, LGBT-feindlich, nationalistisch, rassistisch und vor allem antimuslimisch. Wer der deutschen Wirtschaft nützt, ist akzeptiert, andere nicht. So sind es auch deutsche Erwerbslose, Alleinerziehende, RentnerInnen und prekär Beschäftigte nicht wert, Unterstützung zu erhalten. Doch selbst all das macht die AfD noch nicht zu einer faschistischen Partei.

Gefährlich, nicht faschistisch

War die kommunistische Partei vor allem nach ihrer Gründung eine Kampfpartei des Proletariats gegen den Kapitalismus, so war die faschistische Partei ihr Gegenstück. Um das kapitalistische System vor dem ökonomischen und politischen Untergang zu schützen, mussten die Errungenschaften der Arbeiterklasse zerschlagen werden. Es entstand eine prokapitalistische Partei neuen Typs, da die bisherigen bürgerlichen Parteien nicht dafür ausreichten. Die Basis der Faschisten stellten die kleinbürgerlichen und zum Teil bäuerlichen Massen, die zahlenmäßig dem Proletariat ebenbürtig waren. Das waren vor allem Leute, die den Verlust ihres eigenen Besitzstandes und ihrer sozialen Stellung fürchteten. In der faschistischen Partei geeint, führten sie den Bürgerkrieg gegen das organisierte Proletariat.

Ein Merkmal PEGIDAs und des rechten Flügels der AfD ist dieses Element – Teile des Mittelstandes radikalisieren sich und gehen gegen die vermeintlich Schuldigen für ihre Situation auf die Straße. Und obwohl Nazischläger diesen Raum für gewalttätige Aktionen nutzen, entspricht dieses Bild nicht der Gesamtpartei. Deren gemäßigter Flügel verhindert zwar einen Bruch mit den Parteirechten, aber sie wollen vor allem den bürgerlichen Staat im parlamentarischen Rahmen regieren und nicht die physische Vernichtung der Gewerkschaften und linken Parteien, wie es faschistische Organisation taten oder sich heute noch auf die Fahne schreiben.

Parteiflügel – nicht mit und nicht ohne einander

Mit Unterstützung des rechten Flügels konnten sich die Konservativen um Petry, Pretzell und von Storch gegen den liberaleren Lucke-Flügel in allen Bundesländern bis Anfang 2016 durchsetzen. Der endgültige AfD-Charakter ist jedoch noch nicht entschieden, denn zur Zeit brauchen die Flügel einander noch, auch wenn es fortwährende Spannungen zwischen ihnen gibt. Bereits kurz nach ihrer Wahl zur Bundessprecherin 2015 kam Petry durch Teile der Partei in Bedrängnis, die sie nach rechts treiben wollen. Im Landesverband Sachsen, dessen Sprecherin sie ebenfalls ist, stellte die Patriotische Plattform einen rechten Gegenkandidaten zum Landesvorsitz auf – der allerdings haushoch verlor. Gleichzeitig holte André Poggenburg in Sachsen-Anhalt das bislang beste Ergebnis bei Landtagswahlen für die AfD. Und wie die Demonstrationen in Erfurt zeigten, stellen die Rechten die aktivsten Elemente der Partei – je radikaler die Mitgliedschaft, desto besser mobilisierbar ist sie.

Doch ohne die gemäßigten Teile droht den Parteirechten die Marginalisierung. Die Auflösung des AfD-Verbandes im Saarland durch den Bundesvorstand aufgrund allzu bekannter Überschneidungen mit der rechtsradikalen Szene und der NPD war eine Niederlage für sie. Auch das aktuelle Beispiel Baden-Württemberg zeigt, dass ihnen Grenzen gesetzt werden. In einem Manöver kündigte der Bundessprecher Meuthen an, von seinen Ämtern zurück zu treten, sollte der Antisemit Gedeon nicht aus der Fraktion ausgeschlossen werden. Es endete mit einem Unentschieden, Gedeon lässt seine Ämter ruhen und Meuthen gibt sich als Sieger. Gleichzeitig rief Petry zur Ordnung, um die Einheit der Partei nicht zu gefährden.

Ob die Partei insgesamt eine „Beantwortung“ sozialer Fragen von rechts in ihr Programm aufnehmen wird, bleibt abzuwarten. Der rechtskonservative Flügel besteht auf einer Wirtschaftspolitik, wie sie über Jahrzehnte typisch für die CDU war. Es ist fraglich, ob der nächste Parteitag darüber eine Entscheidung herbeiführen wird oder ob der Konflikt weiterhin gedeckelt wird.

Daher besteht zwar ein Widerspruch in der Ausrichtung der Partei, aber wie FPÖ oder Front National zeigen, kann dieser Widerspruch über einen langen Zeitraum ausgehalten werden bis die Zuspitzung bestimmter Umstände eine Entscheidung erzwingt. n

Rassistische Zitate von AfDlern

Armin Paul Hampel (AfD-Chef Niedersachsen): „Ich will das auf keinen Fall herunter spielen, aber es ist doch klar, dass ein Gutteil dieser angeblichen Brandanschläge von den Flüchtlingen selbst kommt, meist aus Unkenntnis der Technik. Mal ehrlich, viele von ihnen dürften es gewohnt sein, in ihren Heimatländern daheim Feuer zu machen.“ (Der Spiegel 51/2015, S. 25)

Uwe Junge (AfD-Spitzenkandidat im März in Rheinland-Pfalz): „Ungesteuerte Massenzuwanderung ist ein Verbrechen an unseren Kindern.“ (AZ, 06.01.16)

Björn Höcke (Sprecher der AfD in Thüringen) stellte im November 2015 bei einer Tagung die rassistische These auf, dass die Evolution Afrika und Europa „zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert“ habe. In Afrika herrsche die „r-Strategie“ vor, die auf eine möglichst hohe Wachstumsrate abziele, dort dominiere der sogenannte Ausbreitungstyp. Dem stehe die europäische „K-Strategie“ gegenüber, „die die Kapazität des Lebensraums optimal ausnutzen möchte“.