Frankreich im Aufruhr

frankreich_protestLinke politische Alternative nötig

Statt nachzulassen, hat der Kampf gegen die Arbeitsmarktreform in Frankreich sich weiter verschärft. Die Regierung Hollande-Valls will das Gesetz durchdrücken. Der wichtigste Gewerkschaftsverband hat erklärt, er werde bis zum Ende dagegen kämpfen.

von Clare Doyle

Die meisten Ölraffinerien im Land werden – trotz heftiger Polizeiangriffe mit Tränengas und Schlagstöcken – blockiert. Das Transportwesen kommt nun zum Erliegen. Die landesweiten Demonstrationen vom 26. Mai waren größer als die vorherigen Demonstrationen, in einigen Fällen sogar doppelt so groß. SchülerInnen und Studierende an weiterführenden Schulen und Universitäten demonstrieren weiterhin ihre Wut gegen die Regierung, obwohl die Prüfungszeit heranrückt.

Die so genannte sozialistische Regierung hat angekündigt, die Bedingungen des von Arbeitsministerin Myriam El Khomri ausgearbeiteten Gesetzes abzumildern. Angesichts seiner anhaltenden Unbeliebtheit, macht sich Francois Hollande mittlerweile Sorgen um seine Aussichten, im nächsten Jahr als Präsident wieder gewählt zu werden. Bei den dann anstehenden Präsidentschaftswahlen könnte die Vorsitzende des rechtsradikalen Front National in die Stichwahl kommen. Aber nur wenige erwarten, dass die Regierung in der Frage der Arbeitsmarktreform nachgeben wird, da sie in Absprache mit den Industriebossen handelt, um die Profite zu behaupten. Da interessiert es nicht, wie sehr sie das Leben für ArbeiterInnen und Jugendliche erschweren.

Generalstreik

Die Kampfbereitschaft, die in ganz Frankreich existiert, hat ihren Höhepunkt in der nördlichen Hafenstadt Le Havre erreicht. Ein CGT-Aktivist und Mitglied der Revolutionären Linken (Gauche Révolutionnaire, Schwesterorganisation der SAV) bezeichnet Le Havre als „Streikhauptstadt Frankreichs“. „Der Hafen ist blockiert und die Polizei traut sich nicht, die Blockaden der ArbeiterInnen anzugreifen. Es gibt tägliche Versammlungen von VertreterInnen aus allen Betrieben und von den Studierenden.“

Außerhalb Frankreichs berichten die Medien vor allem über die Szenen gewaltsamer Zusammenstöße. In Frankreich versuchen die Medien auch, Auseinandersetzungen mit der Polizei zu nutzen, um die Bewegung in Misskredit zu bringen. Es stellt sich dringend die Frage von organisierter Selbstverteidigung für alle Demonstrationen und Streikposten. Doch ungeachtet dieser Versuche unterstützen weiterhin bis zu siebzig Prozent der französischen Bevölkerung diesen gigantischen Kampf, der sich entschlossen in Richtung eines unbefristeten Generalstreiks zu entwickeln scheint. Der Führer der CGT, Philippe Martinez, hat nun allerdings angedeutet, dass es ein Übereinkommen geben könnte und möglicherweise Verhandlungen angesetzt werden.

In dieser Situation hat die Schwäche der Gewerkschaftsführung dazu geführt, dass der Kampf in die Länge gezogen wurde, wie die unten stehende Erklärung der Revolutionären Linken darlegt. Einer der Gewerkschaftsverbände (CFDT), der mit der „sozialistischen“ Regierung verbunden ist, hatte den Angriff auf die Arbeitsgesetze von Anfang an akzeptiert. Die anderen, CGT ( welche die größte ist), Force Ouvrière und Solidaires/SUD waren die ganze Zeit dagegen, aber haben sich als nicht willens und nicht in der Lage gezeigt, einen entschlossenen und koordinierten Kampf zu organisieren, der bis zu einem Generalstreik gehen müsste, um diese arbeiterfeindliche Regierung von Hollande und Valls zu Fall zu bringen.

Wie bei den großen Sitzstreiks vor achtzig Jahren und dem „Monat der Revolution“ im Mai 1968 würde ein solcher Kampf die Frage der Macht und der Notwendigkeit aufwerfen, dass die ArbeiterInnen und Jugendlichen demokratisch gewählte und kämpferische Vertretungsorgane schaffen – lokal und auf nationaler Ebene organisiert -, um eine Regierung zu bilden, die wirklich die ArbeiterInnen und ihre Verbündeten in der Gesellschaft repräsentiert.

Stellungnahme der Revolutionären Linken vom 31. Mai 2016

Bringt die Arbeitsmarktreform und die Politik von Valls und Hollande zu Fall!

Verschärft den Kampf und weitet die Streiks aus!

Indem das El Khomri-Gesetz mit der Hilfe des Artikels 49-3 (per Dekret der Regierung, Anmerkung des Übersetzers) beschlossen wurde, hat die Regierung ihre letzte Karte ausgespielt. Ohne jegliche Unterstützung oder Beliebtheit in der Bevölkerung, können Valls und Hollande nur noch mit der Bereitschaftspolizei CRS und mit Drohungen gegen Streikende in den Ölraffinerien, dem öffentlichen Verkehrswesen und den Häfen vorgehen – ihnen geht die Puste aus. Mit der Anwendung des Artikels 49-3 ist die Maske der „Demokratie“ gefallen und Valls verhält sich mittlerweile teils wie ein Fanatiker, teils wir ein bezahlter Lakai der Arbeitgeber. Er zieht es vor, Chaos zu verbreiten, als auch nur minimalen Respekt vor Demokratie an den Tag zu legen. Siebzig Prozent der Bevölkerung, die sich gegen die Arbeitsmarktreform aussprechen und Millionen von Streikenden und Demonstrierenden in den letzten drei Monaten zeigen das.

Das El Khomri-Gesetz ist ein Amalgam von allem, was der MEDEF (Arbeitgeberverband) und rechte Regierungen wie die der „Sozialistischen Partei“ immer durchsetzen wollten. Es richtet sich gegen heutige Beschäftigte, gegen Erwerbslose und gegen zukünftige ArbeiterInnen. Es bedeutet permanente Unsicherheit am Arbeitsplatz, da die Bosse einseitig Entscheidungen zur Flexibilität treffen können, Überstundenzuschläge werden auf zehn Prozent (anstatt 25 oder 50 Prozent) begrenzt und durch betriebliche Entscheidungen kann die Zahl der Arbeitstage erhöht und Urlaub reduziert werden. Die so genannten Konzessionen, wie die Steuer auf Zeitverträge, wurden auf minimalen Druck des MEDEF zurückgenommen. Alles wurde unternommen, um die Ausbeutung der Beschäftigten zu verschärfen, um den Bossen und Aktionären entgegenzukommen.

Dieses Gesetz markiert eine richtige soziale Konterrevolution. Das haben breite Teile von ArbeiterInnen und Jugendlichen verstanden und deshalb wehren sie sich seit dem 9. März dagegen. Eine Mehrheit der Bevölkerung unterstützt die Aktionen, also ist es wichtig, diese aktiv einzubinden. Das einzige, wovor die Regierung, die Arbeitgeber, Großaktionäre und die ihnen dienenden Medien fürchten, ist eine Massenbewegung – ein Generalstreik wie im Mai 1968 oder Juni 1936. Der Schlüssel zum Erfolg für die Bewegung ist es, diese auf alle auszuweiten, die sie unterstützen. Trotz der Regierungspropaganda über Benzinknappheit, werden auch die Blockaden der Ölraffinerien breit von ArbeiterInnen und der weiteren Bevölkerung unterstützt. In Le Havre, der kämpferischsten aller Städte, wurden Blockaden des Hafens und der Hauptverkehrsstraßen organisiert, was zum Ausdruck brachte, welche Macht ArbeiterInnen haben, wenn sie organisiert und entschlossen sind.

Wie können wir die Streiks ausweiten?

Wir müssen massenhaft unsere Reaktion auf den Angriff der Regierung intensivieren. Es gibt hunderte von Streiks zu Fragen von Löhnen und Arbeitsbedingungen, die zeitgleich stattfinden und manchmal mit dem allgemeinen Kampf gegen die Arbeitsmarktreform zusammen fallen, mit den Blockaden und den Blöcken von SchülerInnen und Studierenden auf den Demonstrationen. Die Streiks bei den Ölraffinerien (Donges, Feyzin, Gonfreville l‘Orcher bei Le Havre, Grands Puits usw.) sind eine entscheidende Entwicklung. Viel effektiver als Blockaden von „außen“ (es sei denn sie haben einen wirklichen Massencharakter) können Aktionen der ArbeiterInnen selbst sein, die Produktion oder Verteilung zu einem Stillstand bringen und eine wirtschaftliche Blockade auslösen.

Sobald die LKW-Fahrer ihre Blockaden begonnen hatten, erklärte die Regierung, diese würden von den geplanten Kürzungen der Überstundenzuschläge auf zehn Prozent ausgenommen. Das zeigt nicht nur, dass die Regierung schwach ist und dass sie nachgibt, wenn die Opposition stark genug ist, sondern es macht auch deutlich, dass das eigentliche Ziel der Arbeitsmarktreform die Absenkung der Löhne ist. Es wird zu immer mehr Streiks aufgerufen – beispielsweise von allen Gewerkschaften der zivilen Luftfahrt und bei der Eisenbahn, wo schon verschiedene Depots und Arbeitsstätten im unbegrenzten Streik sind, wo die Bewegung aber erst nach einem Aufruf zum unbegrenzten Streik ab 31. Mai sich weiter ausdehnen wird. Werften und Häfen und der öffentliche Verkehr (vor allem in Paris) werden sich beteiligen. Gleichzeitig gehen örtliche Streiks weiter – im Bildungsbereich, dem örtlichen öffentlichen Nahverkehr und gegen unzählige private Arbeitgeber. Wir müssen die Streiks aber zu großen Arbeitgebern, wie den Supermärkten und dem Maschinenbau ausweiten.

Der Streiktag und die landesweite Demonstration, die für den 14. Juni ausgerufen wurden, scheinen denen weit weg zu sein, die seit Anfang März Teil der Aktionen sind. Aber indem wir die laufenden Streiks unterstützen und neue Streiks organisieren, wo sie nötig sind, auch wenn es um spezifische Forderungen zu Löhnen und Arbeitsbedingungen geht, können wir die Bewegung weiter aufbauen. Die Demonstration am 14. Juni kann dann ein Höhepunkt des Kampfes werden, der direkt die Regierung angreift, wenn Hunderttausende durch die Hauptstadt ziehen.

Wirkliche Instrumente für den Massenkampf schaffen

Wirkliche Vollversammlungen sind nötig, um Streikende, Gewerkschaften und alle in Aktion Befindlichen zusammen zu bringen: Jugendliche, „Nuit Debout“-AktivistInnen und andere. Solche Versammlungen würden breite Diskussionen dazu ermöglichen, welche Aktionen durchgeführt werden sollen. Sie könnten mehr Menschen einbeziehen und demokratische Komitees auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene wählen. Das würde es ermöglichen, viel mehr ArbeiterInnen und Jugendliche einzubeziehen, als es bisher durch die Gewerkschaftsmitglieder geschieht. Der Kampf muss, sich aus der Energie aller speisen und Zehntausenden ermöglichen StreikaktivistInnen zu werden.

Gleichzeitig wird es nötig, Streikgeld zu sammeln, welches Alleinerziehende, den NiedriglöhnerInnen und solchen KollegInnen, die schon lange im Streik sind, hilft, durchzuhalten. Die Kapitalisten fordern immer schärfere Angriffe auf die ArbeiterInnen. Der Wirtschaftsminister Macron hat zu „Mäßigung bei den Löhnen, aufgerufen, also dazu, den Lebensstandard von ArbeiterInnen und ihren Familien abzusenken.

Es ist entscheidend, unmittelbar breite, demokratische Foren für kollektive Diskussionen zu schaffen, die einen Plan erarbeiten können, bei dem die wichtigsten Streiktage nicht als voneinander getrennt erscheinen, sondern als Schritte im sich entwickelnden Kampf . Dort könnten alle informiert und für die nächsten Schritte vorbereitet werden.

Dem Kampf muss eine Stimme gegeben werden

Wir müssen immer noch einen Weg finden, die angestaute Wut zu fokussieren und zum Ausdruck zu bringen. Diese richtet sich gegen die Arbeitsmarktreform und die ganze Politik von Valls und Hollande. Wir müssen neue Arbeitsplätze und höhere Löhne fordern und dagegen protestieren, dass man uns ständig sagt, wir sollen den Gürtel enger schnallen, während die Superreichen in Millionen Euros baden.

Das ist in den Köpfen all derer, die demonstrieren und streiken. Vollversammlungen könnten Diskussionen zu solchen Fragen ausweiten. Das geschieht bis zu einem gewissen Grad schon jetzt in der „Nuit Debout“-Bewegung, wo tausende von Jugendlichen, prekär Beschäftigten, Erwerbslosen, RentnerInnen organisierten und unorganisierten ArbeiterInnen zusammen kommen und darüber debattieren, was mit der Gesellschaft nicht stimmt und was dagegen getan werden muss. Viele Diskussionen haben die Notwendigkeit, die Gesellschaft zu verändern und den Kapitalismus zu überwinden zum zentralen Thema.

Die Gewerkschaftsführer waren dieser Bewegung gegenüber nicht aufgeschlossen, auch wenn Martinez, der CGT-Führer, kürzlich äußerte, er unterstütze sie. Hätten sie das tatsächlich getan, wäre es einfacher zu sagen: „Wir kämpfen gemeinsam. Lasst uns zu einem Generalstreik voran schreiten!“. Und als die Köpfe hinter „Nuit Debout“ sagten, dass sie keine Forderungen aufstellen, half das nicht Leute in den Betrieben und Arbeitervierteln zusammenzubringen! Im Gegenteil: Es ist dringend nötig, klare Forderungen aufzustellen, um die Angriffe auf den Lebensstandard und die Arbeitsbedingungen zu stoppen, die wie eine Dampfwalze über uns kommen und das Leben von Millionen zerstören.

Trotzdem demonstrieren die „Nuit Debout“-Bewegung und die kollektiven Blockaden, die Jugendliche und Beschäftigte unterschiedlicher Betriebe zusammenbringen, die Bereitschaft in diesem Kampf zusammenzukommen. Die Bewegung könnte beginnen mit einer Stimme zu sprechen, wenn die Vollversammlungen die Forderungen auf die landesweite Ebene bringen würden – zum Beispiel für die 32-Stunden-Woche um Arbeitsplätze zu schaffen; für Lohnerhöhungen zur Erreichung eines angemessenen Lebensstandards und für ein Ende von Entlassungen und die Übernahme von Unternehmen in öffentliches Eigentum, welche Entlassungen ankündigen oder Betriebe schließen wollen. Das würde es ermöglichen, den dominierenden Argumenten der PolitikerInnen der regierenden „Sozialistischen“ Partei (PS) und des Front National (FN) und den Medien, die alle im Interesse der Bosse und Großaktionäre arbeiten, etwas entgegenzusetzen und es würde den ArbeiterInnen und Jugendlichen, das heißt den neunzig Prozent der Bevölkerung, eine Stimme geben.

Es fehlt eine wirkliche massenhafte soziale und politische Opposition, die sich gegen die arroganten Valls, Hollandes und all die anderen illegitimen Minister vereinigt. Während die Aktionen weiter gehen müssen, existiert ein dringendes Bedürfnis nach einer massenhaften politischen Kraft für ArbeiterInnen und Jugendliche – einer neuen Partei des Kampfes gegen den Kapitalismus, deren AktivistInnen und Kader genau diejenigen sein würden, die sich jetzt an den Aktionen beteiligen. Eine solche Partei könnte uns auf nationaler Ebene Gehör verschaffen, in Opposition gegen die hundertprozentige kapitalistische Propaganda der anderen Parteien und der Medien, die dem Bürgertum und dem Kapitalismus dienen.

Eine solche Partei würde ihre Zeit nicht damit vergeuden, mit der PS oder anderen Parteien zu manövrieren, sondern entschlossen und auf jeder Ebene die Interessen und Wünsche der großen Mehrheit der Bevölkerung verteidigen. Eine solche Partei, wenn sie demokratisch funktioniert, würde helfen, den Kampf weiterzuentwickeln, aber vor allem auch könnte sie die Notwendigkeit einer wirklichen Alternative zum Kapitalismus aufwerfen und all diejenigen vereinen, die von diesem System genug haben und mehr wollen, als nur Widerstand zu leisten, sondern die Gesellschaft wirklich verändern und den Kapitalismus stürzen wollen. Eine solche Partei wäre ein Forum für demokratische Debatten darüber, wie wir dieses Ziel gemeinsam erreichen können.

Die Gesellschaft verändern, den Kapitalismus stürzen

Ein Generalstreik ist eine im Kern politische Bewegung, weil er zum Ausdruck bringt: „Wir haben genug, wir werden nicht so weiter leben!“. Wenn wir so nicht weiter leben wollen, müssen wir natürlich das El Khomri-Gesetz zurück schlagen, aber auch die Kräfteverhältnisse in den Betrieben ändern, die vielen kleinen Valls und Sarkozys los werden, die sich wie kleine Diktatoren im Betrieb aufführen und den Jugendliche die Luft zum Atmen abschnüren. Langfristig brauchen wir eine Regierung, die wirklich im Interesse der Arbeiterklasse, von jungen Menschen und der Mehrheit der Bevölkerung agiert – das muss jetzt auf die Agenda gesetzt werden. Deshalb hat die Revolutionäre Linke seit Beginn der Bewegung am 9. März erklärt, dass es den Menschen nicht nur um die Arbeitsmarktreform geht und dass die Proteste nicht nur Frustration mit den schwachen Gewerkschaftsführungen zum Ausdruck bringt, sondern auch Wut gegen das ganze System und den Beginn einer Revolte dagegen.

Das bringt dieser Kampf zum Ausdruck: den Wunsch einen Generalstreik zu erreichen, weil es nicht mehr möglich ist, so weiter zu leben und den unterdrückerischen Anweisungen „zu arbeiten, einkaufen zu gehen und die Klappe zu halten“ zu gehorchen. Wir haben genug davon auf der Arbeit völlig unsinnige Aufgaben ausführen zu müssen, Wucherpreise für Dinge zu bezahlen, die am anderen Ende des Planeten von Kindern unter Sklavenbedingungen hergestellt wurden, zu beobachten, wie Gesundheits- und Bildungswesen immer schlechter werden. Wir haben genug vom Kapitalismus, Basta! Aber die Diskussion darüber, womit wir ihn ersetzen können, ist nicht über ein paar vage Ideen hinaus gegangen: eine neue Verfassung, ein Grundeinkommen für alle … all das drückt einen Wunsch nach radikaler Veränderung aus, aber sie gehen dem Problem nicht auf den Grund – der „demokratischen“ Diktatur der kapitalistischen Klasse.

Das ist der wahre Charakter der Gesellschaft in Frankreich, was durch Parlamentsdebatten manchmal verdeckt wird. Das ist es, was die Anwendung des Artikels 49-3 der Verfassung zur Durchsetzung der Arbeitsmarktreform bedeutet. Die Gesellschaft basiert auf dem Eigentum der Superreichen an den Produktionsmitteln und den Mitteln zur Verteilung und des Austauschs. Um eine wirklich freie und demokratische Gesellschaft aufzubauen, müssen wir großes Privateigentum abschaffen und die Kapitalisten enteignen, durch Überführung ihrer Betriebe in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle der ArbeiterInnen und breiteren Bevölkerung. Auf diese Art und Weise könnte die Gesellschaft planmäßig organisiert werden und die Bedürfnisse und das Potenzial aller Menschen in Betracht gezogen werden – nicht für den Profit mit all seinen Folgen von menschlichem, ökologischen und sozialem Schaden, den wir täglich beobachten müssen. Das ist es, was demokratischer Sozialismus bedeutet: eine wirkliche Alternative zur kapitalistischen Barbarei und ihrer Kriege, Armut, Rassismus und Ungerechtigkeit etc.

62 Personen besitzen so viel wie die eine Hälfte der Weltbevölkerung. Die Reichsten werden reicher und die Mehrheit der Bevölkerung wird ärmer. Die Arbeitsmarktreform dient dazu, den Prozess der wachsenden Ungleichheit noch zu beschleunigen. Aber der Kampf gegen dieses Gesetz zeigt, dass Millionen nicht mehr bereit sind, für den Profit einer handvoll Superreichen zu leiden. Diese Wut und diese Revolte müssen organisiert werden und eine wirkliche Massenpartei aufgebaut werden, die eine revolutionäre, sozialistische Bewegung vorbereiten kann, um das System zu stürzen und eine neue Gesellschaft der Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz zu schaffen.

Das ist unser Ziel – mach‘ mit!

Clare Doyle ist Mitglied im Internationalen Sekretariat des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI) und Autorin von „Frankreich 1968: Monat der Revolution“. Der Artikel und die Stellungnahme der Revolutionären Linken erschienen erstmals am 31. Mai auf socialistworld.net