Psychiatrie: PEPP gestoppt

protest_gegen_peppGeplantes Entgeltsystem zurückgezogen

Seit Einführung der Fallpauschalen (DRGs) 2014 wird in Deutschlands Krankenhäusern der Preis der Gesundheit eines Menschen mehr als jemals zuvor als eine Ware behandelt.

von Sebastian Förster, Dortmund

Bekamen Kliniken früher Geld für jeden Behandlungstag, so bekommen sie heute je nach Diagnose und Schweregrad der Erkrankung pauschal eine bestimmte Summe zur Behandlung der betroffenen PatientInnen – die sogenannte Fallpauschale.

Die Pauschalen haben zu einem verschärften Wettbewerb zwischen den Kliniken um finanziell lukrative Diagnosen geführt. Das Ergebnis sind immer kürzere Behandlungszeiträume, die dann als neue Standards den Behandlungspreis auf dem Markt bestimmten. Umso kürzer die Verweildauer, umso mehr Fälle kann ein Krankenhaus behandeln und abrechnen. Auf Kosten der PatientInnen natürlich.

Entgeltpauschalen auch in der Psychiatrie?

Das System der DRGs sollte nach einem Beschluss der Bundesregierung von 2009 auch auf den Bereich Psychiatrie und Psychosomatik übertragen werden.

Ein neues Entgeltsystem wurde entwickelt, das sogenannte „Pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik“ (PEPP). Ab 2013 konnte PEPP auf freiwilliger Basis eingeführt werden, ab 2017 wäre es Pflicht gewesen.

Bisher gilt mit der Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV) eine gesetzliche Personalbemessung – etwas, dass von GewerkschafterInnen grundsätzlich auch für andere Bereiche der Pflege gefordert wird.

Die Einführung von PEPP hätte hier einen Rückschritt in der psychiatrischen Therapie und Versorgung bedeutet. Jede erbrachte Leistung, die nicht mit den festen diagnosebezogenen Entgelten codiert werden kann, wird auch nicht abgerechnet und in Folge auch nicht mehr erbracht. Erwartet wurde ein Abbau von Leistungen und Personal sowie ein schärferer Wettbewerb zwischen den Kliniken.

Dagegen liefen Berufsverbände und ver.di Sturm. Nicht zuletzt auch die katastrophalen Folgen der Umsetzung der DRGs waren den Aktiven eine Warnung, in welche Richtung es gehen kann.

Widerstand lohnt sich!

Die geplante Einführung hat zu massiven Protesten, zu Petitionen und zahlreichen Demonstrationen gegen die Bundesregierung geführt. Auch Fachverbände, etliche Klinikleitungen und Psychiatrieerfahrene brachten sich in die Diskussion ein und forderten die Bundesregierung auf, PEPP zu stoppen. ver.di beispielsweise verlangte, stattdessen die Psych-PV beizubehalten und zugunsten des festzustellenden Bedarfs von PatientInnen und Pflegepersonal zu optimieren.

Am 18. Februar 2016 schließlich konnte erreicht werden, dass das Bundesministerium für Gesundheit einen Großteil der Forderungen der Fachverbände in ein Eckpunktepapier für ein neues Entgeltsystem aufnimmt.

Statt einem Preissystem soll nun ein Budgetsystem in einem neuen Gesetz verankert werden. Die Eckpunkte beinhalten auch eine Umsetzung verbindlicher Mindestvorgaben zur Personalausstattung der Kliniken. Das Bündnis „PEPP muss weg“ warnt jedoch, dass im Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 1.1.2020, also wenn die PsychPV abgeschafft wird und der Nachfolger in Kraft tritt, die Gefahr besteht, dass die bisherigen Vorgaben unterschritten werden und es wieder zu Personalabbau kommt.

Die sogenannten Kalkulationshäuser sollen die Psychiatrie-Personalverordnung zu hundert Prozent umsetzen. Dies ist nur in den wenigsten Einrichtungen gegeben. Richtig wäre zu fordern, dass alle Kliniken die Personalvorgaben zu hundert Prozent einhalten und entsprechend mehr Personal für eine bessere Behandlung, Pflege und Versorgung einstellen.

Ökonomisierung, Kürzungen und Privatisierungen, Outsourcing und der Personalmangel in Kliniken treffen alle in der Pflege Arbeitenden hart. So ist es kein Wunder, dass es ausgerechnet die Beschäftigten im Gesundheitswesen sind, die aufgrund der Verschlechterungen und der emotionaler Belastung, am häufigsten selber psychisch erkranken.

Natürlich ist Geld und mehr Personal nicht alles und das psychiatrische Versorgungssystem noch weit entfernt davon, angemessene Hilfen für all die psychisch erkrankten Menschen bereitzustellen, die diese benötigen.

Nichtsdestotrotz ist die Verhinderung von PEPP als Preissystem ein wichtiger Erfolg, an dem es in Zukunft anzuknüpfen gilt.