Bochum: Proteste im Öffentlichen Dienst

Bochum StreikHunderte KollegInnen ziehen vors Rathaus

Trotz Regen und Hagel sind am Donnerstag, den 7. April 5-600 Beschäftigte im Rahmen der Tarifrunde bei Bund und Kommunen vor das Bochumer Rathaus gezogen. Zuvor waren Busse der Gewerkschaft ver.di zu über 15 Bochumer Einrichtungen gefahren, wo einige weitere hunderte Beschäftigte vor ihren Betrieben eine Aktive Pause gemacht hatten. Ob Stadtwerke, Stadtverwaltung, USB Schauspielhaus, Sparkasse oder Knappschaftskrankenhaus – der Aufruf für die gewerkschaftlichen Forderungen wurde zahlreich befolgt. Diese wurden laut und deutlich gemacht: Sechs Prozent mehr Lohn, unbefristete Übernahme, 100€ mehr im Monat für die Azubis und ein Nein zu Kürzungen bei der betrieblichen Altersvorsorge.
„Als wenn die Arbeitgeber dieses verdammte Wetter bestellt hätten…“ Mit diesen Worten begrüßte Gudrun Müller, Geschäftsführerin des ver.di-Bezirks Bochum-Herne bei der Abschlusskundgebung vor dem Rathaus die versammelten KollegInnen. Sollten die Arbeitgeber bei der zweiten Verhandlungsrunde in der nächsten Woche für die bundesweit über zwei Millionen Beschäftigten wieder kein Angebot machen, würde ein „heißer April“ drohen.

Solidarische Grüße richtete sie in ihrer Rede auch an jene Geflüchteten, die kurz zuvor ihr Protestcamp für Bleiberecht aufgelöst hatten. Diese hatten nicht nur skandalisiert, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ihre Asylanträge für Monate verschleppt. Sie zogen auch die Sympathie vieler BochumerInnen auf sich, weil sie die Armut und allgemeine soziale Ungerechtigkeit in Deutschland thematisierten.

Als zweite Rednerin folgte Christine Schweiger, ver.di-Mitglied und Jugend-und Auszubildenen-Vertreterin der Stadtverwaltung Bochum.

Sie sprach unter Anderem die mangelnde Möglichkeiten zur Übernahme in den erlernten Beruf an, die die Konkurrenz unter Azubis fördert und einen enormen Leistungsdruck verursacht. Dagegen müsse man sich mit aller Kraft wehren, und zwar „gierig, unerhört und dreist“. Mitglieder von Linksjugend und SAV hatten in einem kommunalen Betrieb mit zu den Aktionen mobilisiert.

Etwa zeitgleich waren in der Nachbarstadt Dortmund weitere Linksjugend- und SAV-AktivistInnen bei einer Kundgebung von ErzieherInnen. Hier wurde auch ein Solidaritätsbanner der Basisgruppe von Linksjugend [’solid] Dortmund aufgehangen. Beschäftigte aus 101 kommunalen Kindertagesstätten waren aufgerufen und hatten lautstark klar gemacht, dass die Auseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst noch lange nicht vorbei ist. Im vergangenen Jahr hatten die KollegInnen aus diesen Bereichen in einem beispiellosen vierwöchigen bundesweiten Arbeitskampf versucht, eine Aufwertung ihrer Berufe zu erreichen. In der aktuellen Tarifrunde und dem innerbetrieblichen Kampf würden die KollegInnen jedoch weitere Möglichkeiten haben, höhere Löhnen durchzusetzen, so Julian Koll von der Bezirklichen Arbeitskampfleitung Dortmund.*

Zu ganztägigen Arbeitsniederlegungen hatte ver.di jedoch noch nicht aufgerufen. Stattdessen sollten mit den Aktionen in Bochum, Dortmund und zahlreichen weiteren bundesdeutschen Städten die KollegInnen quasi als „Warm-Up“ zu den noch folgenden Warnstreiks der kommenden Wochen nur für kurz rausgerufen werden. Hier muss die Gewerkschaft jedoch nachlegen und sich für einen längeren Streik vorbereiten um den nötigen Druck gegen die Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) aufzubauen.

*Angabe dient zur Kenntlichmachung der Funktion