Charité: Der Kampf für mehr Fachpersonal geht weiter

pk1Arbeitgeber torpediert Tarifvertragsabschluss

Seit Sommer 2012 kämpfen die in ver.di organisierten Beschäftigten am Berliner Universitätsklinikum Charité für einen Tarifvertrag zur Personalbemessung. Ziel ist eine bessere Personalausstattung auf den Stationen. Im Sommer 2015 legten sie dafür zehn Tage in einem aufsehenerregenden Streik die Arbeit nieder. Seitdem wurde weiter verhandelt. Nun scheint der Arbeitgeber einen Abschluss torpedieren zu wollen.

Von Sascha Stanicic

Es war ein ungewöhnliches Bild auf der Pressekonferenz, zu der ver.di am 4. März geladen hatte. Über zwanzig Beschäftigte stärkten ihren GewerkschaftsvertreterInnen den Rücken und brachten zum Ausdruck, dass sie empört und wütend sind.

Der ver.di-Sekretär Kalle Kunkel berichtete von einem ungewöhnlichen Vorgehen der Arbeitgeberseite, die kurz vor einem erwarteten Abschluss der Verhandlungen ein neues Konfliktfeld eröffnet hatten. Diese hatten in dem Vertragstext den Begriff der Pflegepersonalausstattung nicht als examinierte Fachpflegekräfte definiert, sondern schließen darin Servicekräfte und andere Beschäftigte ein. Für Kunkel ist das in etwas so, als ob am Ende einer Lohnrunde der Arbeitgeber verkündet, dass er sich vorbehalte, in welcher Währung der Lohn ausgezahlt werde.

Denn für ver.di ist klar: die Ziele ihrer Tarifbewegung – Gesundheitsschutz für Personal und PatientInnen – können nur durch eine höhere Zahl von Pflegefachkräften erreicht werden. Der Charité-Vorstand scheint sich aber vorbehalten zu wollen, auch Servicekräfte zu Erreichung der im Tarifvertrag festzulegenden Personalmindeststandards einzustellen.

Der ver.di-Betriebsgruppenvorsitzende Carsten Becker wies darauf hin, dass es seit September 2015 1.900 Gefährungsanzeigen von Beschäftigten gegeben habe, die die enorme Arbeitsbelastung zum Ausdruck bringen. Der Tarifvertrag würde dementsprechend nur Mindeststandards festlegen und keine Idealsituation herbeiführen.

Schon jetzt müssen Servicekräfte allzuoft Tätigkeiten übernehmen, für die sie nicht ausgebildet sind, was PatientInnen gefährdet und auch diese KollegInnen in eine schwierige Situation bringt. So betonten alle ver.di-VertreterInnen, dass die Arbeit der Servicekräfte hoch geschätzt werden, diese aber keine qualifizierten Fachkräfte in der Patientenversorgung ersetzen können.

Die Kinderkrankenschwester Ulla Hedemann schilderte eindrucksvoll, welche Auswirkungen der große Arbeitsdruck auf das Privatleben der Beschäftigten hat, die immer wieder aus ihrer reizeit einspringen und Überstunden machen müssen. Die Forderung der Arbeitgeber interpretierte sie als eine Nicht-Wertschätzung des Pflegepersonals und betonte gleichzeitig, dass eine menschenwürdige Behandlung der PatientInnen mehr Zeit erfordere, als sie den PflegerInnen derzeit zur Verfügung steht, weshalb eine Personalaufstockung dringend geboten sei.

Die Charité-KollegInnen und ver.di sind fest entschlossen, diesen Vorstoß der Arbeitgeber abzuwehren und machten deutlich, dass sie einen solchen Vertragstext nicht unterschreiben werden. Erste Protestaktionen sind noch im März geplant.