Spanien: Revolution und Bürgerkrieg 1936-1939

 

spanienbuchcover-shopHeute vor 80 Jahren brachten Neuwahlen in Spanien die Volksfront an die Macht. Damit nahm die Spanische Revolution von 1931 deutlich an Fahrt auf. Doch gleichzeitig begann auch der Widerstand gegen diese. Am 17. Juli putschten große Teile der Armeeführung unter Franco gegen die Regierung und der Bürgerkrieg in Spanien begann. Von der spanischen Revolution und dem Kampf gegen den Putsch des faschistischen Generals Franco geht eine besondere Aura aus. „No Pasarán“ – sie kommen nicht durch – lautete der Schlachtruf der AntifaschistInnen. Er wird heute noch von jugendlichen AntifaschistInnen in der ganzen Welt verwendet. Die spanischen Ereignisse beinhalten aber vor allem viele Lehren für den Kampf gegen Faschismus und Kapitalismus heute.

Texte auf sozialismus.info zum Spanischen Bürgerkrieg

Vorwort von Sascha Stanicic zur Ausgabe der Gesammelten Schriften Leo Trotzkis zum Spanischen Bürgerkrieg

Zum 80. Jahrestag des Beginns des Spanischen Bürgerkriegs legen wir hier die bisher umfassendste Ausgabe von Schriften des russischen Revolutionärs Leo Trotzki zu den Entwicklungen im Spanien der 1930er Jahre in deutscher Sprache vor.

Kaum ein Kapitel in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung wurde in so vielen Sprachen geschrieben, wie der Spanische Bürgerkrieg – oder besser: die Revolution und Konterrevolution in Spanien. Wenige Ereignisse fanden nicht nur unter so großer internationaler Anteilnahme, sondern auch mit so großer direkter internationaler Beteiligung statt. Und das vor den Zeiten des Fernsehens und des Internet.

Wie kaum ein anderes Ereignis hat sich der Spanische Bürgerkrieg auch mit bleibender Wirkung in der Kultur niedergeschlagen: in der Weltliteratur mit Orwells „Mein Katalonien“ und „Wem die Stunde schlägt“ von Ernest Hemingway; in der Malerei mit Picassos „Guernica“; im Film mit Ken Loachs „Land and Freedom“; in der Fotografie durch die imposanten Fotodokumentationen Robert Cappas.

„No Pasarán“

Und bis heute geht von der spanischen Revolution und dem Kampf gegen den Putsch des faschistischen Generals Franco eine besondere Aura aus. „No Pasarán“ – sie kommen nicht durch – lautete der Schlachtruf der AntifaschistInnen in Spanien. Er wird heute von jugendlichen AntifaschistInnen in der ganzen Welt verwendet, wenn sie sich den Aufmärschen und der rassistischen Propaganda der Enkel von Franco und Hitler entgegen stellen. Warum diese Ausstrahlungskraft der Ereignisse in einem Land Europas zu einer Zeit, als die Welt nicht arm war an Kämpfen, Revolutionen und Katastrophen?

Vielleicht weil die spanische Revolution das letzte Bollwerk war, das die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs hätte verhindern und den Lauf der Geschichte hätte verändern können. Ein Sieg der spanischen Arbeiterklasse und der armen Bäuerinnen und Bauern – nicht nur über den faschistischen Putsch, sondern auch über die Herrschaft der Kapitalisten – hätte ein Signal für die Arbeiterklassen anderer Länder sein können, die die Fackel der sozialistischen Revolution hätten aufgreifen können. Dies hätte Hoffnung gegeben auf eine Erhebung der Massen in Deutschland und Italien gegen die faschistischen Diktaturen und in der Sowjetunion gegen die stalinistische Bürokratie. Das internationale Kräfteverhältnis hätte sich zumindest gegen Faschismus und Kapital verschoben und ausgehend von einer spanischen Arbeiterrepublik hätte eine internationale Bewegung gegen den Krieg entstehen können.

Spanien war die letzte Hoffnung der internationalen Arbeiterklasse vor dem Massenschlachten, das mit der deutschen Invasion in Polen 1939 begann und auch den Holocaust beinhaltete. Deshalb die massenhafte Beteiligung von SozialistInnen, KommunistInnen und anderen AntifaschistInnen am Kampf gegen Franco, die in der Bildung der Internationalen Brigaden ihren organisatorischen Ausdruck fand und dadurch gleichsam zur Legende wurde.

Aber auch im inneren Verlauf der Revolution und Konterrevolution findet sich eine Antwort auf die außergewöhnliche Bedeutung dieser historischen Periode. Denn in den Jahren von 1931 bis 1939 findet sich in Spanien alles, was der Klassenkampf zu bieten hat. Die spanischen Ereignisse sind ein Lehrstück sowohl für die Kraft der Spontaneität der Massen, als auch für die Grenzen dieser Spontaneität. Die Arbeiterklasse und die Unterdrückten Spaniens haben alles gegeben. Und doch mussten sie feststellen, dass sie zwar Revolution machen konnten, aber nicht in der Lage waren diese zu verteidigen. Dazu fehlte ihnen eine starke, zentralisierte Kampfpartei mit einem klaren Programm für eine sozialistische Revolution und die Errichtung einer Arbeiterdemokratie. Es fehlte ihnen das Instrument, das ihre russischen Brüder und Schwestern 19 Jahre zuvor in Form der bolschewistischen Partei Lenins und Trotzkis hatten.

Dabei gab es genug Parteien und Organisationen der Arbeiterbewegung im Spanien der 1930er Jahre, sogar mehr als in anderen Ländern. Neben den international dominierenden Strömungen des sozialdemokratischen Reformismus und des Stalinismus in Form der Sozialistischen Partei (PSOE) und der Kommunistischen Partei PCE), hatte Spanien eine anarchistische Bewegung mit Massenverankerung in Form der CNT-FAI und mit der POUM eine zentristische, zwischen Reformismus und revolutionärer Politik schwankende, Partei, die auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung 40.000 Mitglieder zählte. So wurden alle Strömungen der Arbeiterbewegung in der Spanischen Revolution einem Praxistest unterzogen, bis auf die TrotzkistInnen, die aufgrund ihrer Schwäche keinen Einfluss auf die Ereignisse nehmen konnten.

Trotzki

Doch Leo Trotzki verfolgte und kommentierte die spanischen Ereignisse intensiv. Als Widersacher Stalins und der Bürokratisierung aus der Sowjetunion ausgewiesen, bis zu seiner Aufnahme in Mexiko im Jahr 1937 auf einem „Planet ohne Visum“ in der Türkei, Frankreich und Norwegen weitgehend an den Schreibtisch gefesselt, waren seine Analysen und programmatischen Texte seine schärfste Waffe im Kampf gegen Kapitalismus und Stalinismus – neben seinem Beitrag zum Aufbau der Internationalen Linken Opposition, die 1938 die Vierte Internationale gründete.

Seine Texte sind reichhaltige Darstellungen der spanischen Ereignisse, vor allem aber detaillierte Analysen derselben und der unterschiedlichen politischen Akteure. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Organisationen der Arbeiterklasse, nicht zuletzt der POUM, die oftmals als „trotzkistisch“ bezeichnet wurde, die aber von Trotzki einer schonungslosen Kritik unterzogen wurde – gerade weil sie das Potenzial zur Schaffung einer wirklich revolutionär-marxistischen Partei hatte und nicht nutzte.

Aus der Geschichte lernen

MarxistInnen betrachten die Geschichte nicht aus akademischem Interesse. Unser Ziel ist es, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, um die Zukunft besser vorbereiten zu können. Das Studium des Spanischen Bürgerkriegs und die Schriften Trotzkis dazu sind für uns Anleitung zum Handeln. Wir wollen die einmal gemachten Fehler nicht wiederholen.

Viele der Fragen, die sich in den 1930er Jahren den AktivistInnen in Spanien stellten, gehören nicht der Vergangenheit an. Sie stellen sich heute in verschiedenen Ländern in unterschiedlicher Form. Die Rückständigkeit Spaniens von 1936 spiegelt sich heute in der sozialen und wirtschaftlichen Struktur von Ländern wie Brasilien, in denen die Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution, wie die Verteilung des Landes, noch nicht erfüllt wurden. In Nepal traten maoistische „KommunistInnen“ in eine kapitalistische Regierung ein, weil sie dieselbe Revolutions-Konzeption verfolgen, die auch die Kommunistische Internationale unter Stalins Anleitung in der Spanischen Revolution vertrat: die Etappentheorie. Zuerst gemeinsam mit angeblich „progressiven“ Teilen des Bürgertums „die Demokratie“ erkämpfen und später, in einer mehr oder weniger fernen Zukunft, die zweite, sozialistische Etappe angehen. In Spanien führte diese Etappentheorie zur Katastrophe, das heißt zur Niederlage der Revolution und der Machtergreifung der Faschisten.

Aktualität

In den Revolten und Massenbewegungen Lateinamerikas in den 2000er Jahren, den revolutionären Aufständen in Nordafrika oder den Massenbewegungen Griechenlands im Zuge der Euro-Krise gingen die spontane Bildung von Arbeiterräten zwar noch nicht so weit, wie im Spanien der 1930er Jahre. Aber auch hier auch heute stellt sich im Zuge von Massenbewegungen und Aufständen stellte sich die Frage, wie die Massen die Macht ergreifen können, wenn sie faktisch auf der Straße liegt und die herrschende Klasse paralysiert ist. Die Bildung unterschiedlicher Volkskomitees, von Arbeiterräten und Strukturen sozialer Bewegungen und indigener Völker erinnern an die Räte und Milizen der spanischen Revolution, wenn sie auch deren Qualität noch nicht erreicht haben. Und auch hier wird sich, wie im Spanien des Jahres 1936, die Frage stellen, wie diese Organe der Volksmacht so organisiert werden können und welches Programm sie brauchen, damit sie den Beginn eines neuen Zeitalters, einer neuen Gesellschaftsordnung, einläuten können.

Das Studium von Revolution und Konterrevolution in Spanien lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Der Kampf für eine sozialistische Welt ist dringende Notwendigkeit – und: Dazu bedarf es einer starken marxistischen Organisation.

Die hier zusammen gefassten Texte entstammen teilweise der 1976 im ISP-Verlag erschienenen ersten Sammlung von Trotzki-Texten zum Thema „Revolution und Bürgerkrieg in Spanien“, teilweise haben wir in den 1930er Jahren veröffentlichte Erstübersetzungen ausfindig machen können und einige Texte wurden aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Wir danken Wolfram Klein für die Sichtung und Bearbeitung der Texte und für das Verfassen des umfangreichen Anhangs. Die nicht jedem verständlichen Ausdrücke, Personen und Organisationen sind dort erläutert. Die Zeittafel und Einleitung sind aktualisierte Fassungen aus dem von der SAV gemeinsam mit der österreichischen Sozialistischen LinksPartei vor zehn Jahren herausgegebenen Buchs „Der Spanische Bürgerkrieg 1936-1939“, das wir als ergänzende Lektüre empfehlen.

Berlin, im Februar 2016

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