Jung und rechts

JA Bundesvorsitzender Sven Tritschler Foto: https://www.flickr.com/photos/95213174@N08/ CC BY-SA 2.0
JA Bundesvorsitzender Sven Tritschler Foto: https://www.flickr.com/photos/95213174@N08/ CC BY-SA 2.0

Die Junge Alternative ist rassistisch, neoliberal, homophob und elitär

Die Nachwuchsorganisation der AfD, Junge Alternative (JA), erreicht einen Grad an Radikalität, die dafür ausreicht, ihre Mutterpartei weit rechts zu überholen. Rassistisch, antifeministisch, neoliberal und mit Kontakten zu rechten Burschenschaften stellt die JA eine Platform für alle möglichen rechten Gesinnungen dar.

von Aleksandra Setsumei, Aachen

Die AfD wurde 2013 von elitären wirtschaftsliberalen Konservativen gegründet. Es gelang ihr, ihr neoliberales Programm, der sich klar gegen den Großteil der Bevölkerung richtete, für alternativ und erstrebenswert zu verkaufen. Seit dem Richtungswechsel 2015, in Folge dessen die Wirtschaftsliberalen um Lucke die Partei verließen, dominieren die rechtspopulistischen und aggressiv nationalistischen Kräfte. In Folge der „Flüchtlingskrise“ und der PEGIDA-Demonstrationen profitierte die AfD und nutzte die Gelegenheit, auf der Straße sichtbar zu sein, indem sie beispielsweise Demos gegen „Asylchaos“ organisierte.

Sie unterscheidet zwischen den „nützlichen“ und „unnützlichen“ Flüchtlingen und fordert neben einem strengen Asylrecht ein Einwanderungsrecht für wirtschaftlich verwertbare Arbeitskräfte nach kanadischem Vorbild. Damit grenzt sich die AfD klar von den typischen Nazi-Parteien ab, bedient aber gleichzeitig fremdenfeindliche Ressentiments. So haben Nazis inzwischen kein Problem damit, mit an den AfD-Demos teilzunehmen und werden von dort auch nicht ausgeladen.

Die jüngeren Alternativen

Die Junge Alternative wurde ebenfalls 2013 gegründet und bezeichnet sich als Jugendorganisation der AfD. Zur Zeit ist sie in 14 Landesverbänden organisiert mit insgesamt circa 620 Mitgliedern. Durchschnittlich sind es privilegierte Männer zwischen 20 und 30 mit einem Rechts- oder Wirtschaftswissenschaftenstudium und Angst vor dem sozialem Abstieg und „Überfremdung“.

Sie selber geben sich den Anspruch, radikaler als ihre Mutterpartei sein zu wollen. Dies gelingt ihnen teilweise so gut, dass sie tatsächlich in Konflikte mit der AfD geraten. So zum Beispiel in Hessen, wo der Landesvorsitzende der AfD, Nickel, sich gegen die Anerkennung der JA als Nachwuchsorganisation aufgrund ihres “unsachlichen und hetzerischen” Auftretens stemmtei, bis er von Christian Kühner, dem Landessprecher der JA, zu Fall gebracht wurde. Auch von ihrer Kampagne “Selbstjustiz ist die neue Polizei”, mit welcher die JA dem Staat vorwirft, nicht hart genug gegen Verbrechen vorzugehen, und zur Selbstjustiz aufruft, hat sich die AfD offiziell distanziert. Doch derart provokative Auftritte und Aussagen erreichen Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Damit verstärken sie ihr Bild als eine „rebellische Kraft“.

Alle willkommen?

Mit ihrem Motto “Verstand statt Ideologie” und Ablehnung der „Political Correctness“ wird innerhalb der JA jede noch so hetzerische Äußerung gerechtfertigt und jede noch so abstruse Meinung zur Diskussion gestellt. Dementsprechend wird in internen Foren von AsylbewerberInnen als “undankbares Pack”, “Schmarotzer” und von Obama als “Quotenneger” gesprochenii.

Genauso boykottiert die JA seit kurzem Amazon, weil dieses sich nun verweigert, Pirinçcis Bücher zum Verkauf zu stellen. Akif Pirinçi ist ein Schriftsteller, der in seinem Buch „Deutschland von Sinnen“ gegen Frauen, Homosexuelle und Ausländer*innen wetterte und vor Kurzem bei einer PEGIDA-Demo gegen Muslime hetzte. Außerdem ist er zu einer Veranstaltung der JA als Redner eingeladen worden.

Keine Berührungsängste

Mit dieser Einstellung begrüßt die JA so gut wie alle rechten AktivistInnen, was dazu führt, dass sie eine Ansammlung von Burschenschaftlern und Ähnlichem wird. Nur um einige zu nennen: Alexander Jungbluth, stellvertretender Vorsitzender der JA NRW, war bei der “Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn” aktiv. Benjamin Nolte, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender, der zurücktrat, als seine Mitgliedschaft bei der extrem rechten Burschenschaft Danubia zum Vorschein kam und der bei einem Treffen einem Dunkelhäutigen eine Banane hinhielt. Dubravko Mandic ist stellvertretender Vorsitzender, Mitglied der Burschenschaft Saxo-Silesia, als Anwalt vertritt er regelmäßig Nazis vor Gericht. Felix Koschkar, ehemaliger Beisitzer im Sachsen, Mitglied der Identitären Bewegung, die gegen „Multi-kulti“ und den Islam wettert. Julien Wiesemann, früher der stellvertretende Landeschef der rechtspopulistischen Anti-Islam-Partei, Die Freiheit.

Auch offiziell gibt sich die JA gerne ein rechteres Aussehen. So hat sie bisherig nicht nur den Hetzer Pirinçci, sondern auch den Vorsitzenden der englischen nationalistischen Partei UKIP, Nigel Farage, eingeladen. Auch von seinem Auftritt hat sich die AfD offiziell distanziert.

Rechtsruck während des Flügelkampfes

Mit dem Slogan “Verstand statt Ideologie” und #MutZurEinheit gibt die JA vor, über Konflikte und Lager hinweg sachlich über Meinungen zu diskutieren. Doch gerade das Gegenteil wurde während des Flügelstreits innerhalb der AfD bewiesen, bei welcher die Wirtschaftsliberalen um Bernd Lucke und die Konservativen um Alexander Gauland und Frauke Petry um den Einfluss innerhalb der Partei rangen. Hier wurde noch mal der Charakter der Jugendorganisation und ihre Vorgehensweise deutlich: Langsam wurden wirtschaftsliberale VertreterInnen zunächst aus den Führungspositionen und später aus der Organisation verdrängt. Hagen Weiß und Sebastian Brinkmann traten aus dem Vorstand der JA zurück, nachdem sie in internen Foren beleidigt wurden und teilweise Drohanrufe erhielten. Der bis dahin Vorsitzende Meyer wurde seines Amtes enthoben mit der Begründung, offensichtlich gegen Willen des restlichen Vorstandes gehandelt zu haben, indem er die Ermittlung gegen Höcke wegen seiner verharmlosenden Äußerungen zur NPD guthieß. Außerdem soll er mit Lucke und anderen Wirtschaftsliberalen geplant haben, eine AfD-Jugendorganisation neben der JA zu gründen. Auf dem zeitnahen Bundeskonvent wurde beschlossen, dass sich die Mitgliedschaft in der JA mit der Mitgliedschaft in Luckes liberalen Platform Weckruf gegenseitig ausschließe. Auf dem folgenden Konvent Ende Mai 2015 wurden Sven Tritschler und Frohnmaier zu neuen Bundesvorsitzenden gewählt und damit endgültig die “Höcke-Jugend” gegründet. Frohnmaier ist derjenige, der offen zugab: „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte.“iii und der Björn Höcke für sein Vorbild hältiv. Dem Rechtsruck folgten Austritte. Insgesamt sollen in der Zeit 10 Prozent der Mitglieder die Organisation verlassen haben.

„Ich bin kein Feminist, weil…“

Unter diesem Slogan wettert die JA gegen den Feminismus. In der Aktion konnten Freiwillige ihre persönlichen Gründe, warum sie den Feminismus für überholt oder lächerlich halten, auf ein Blatt Papier schreiben und sich abfotografieren. Bilder mit Sprüchen wie „weil Hausfrau auch ein Beruf ist“ oder „weil starke Frauen sich nicht hinter ihrem Geschlecht verstecken müssen“ wurden später bei Facebook veröffentlicht. „Gleichberechtigung statt Gleichmacherei” ist das Motto. Die Botschaft dahinter ist klar – Frauen werden freiwillig zu Hausfrauen, die Gleichberechtigung sei bereits längst erreicht. Nun gelte das neoliberale Leistungsprinzip: Nur, wer sich selbst durchschlägt, sei emanzipiert. Auch die meisten Frauen auf den Bildern sind davon überzeugt, es alleine bis zu ihrem Traumposten zu schaffen, wenn sie es nur wöllten.

Das konservative Frauenbild spiegelt sich in sexistischen Wahlmaterial, auf den halbnackte Frauen abgebildet sind, wider und schließlich auch in dem Fakt, dass es unter den 12-köpfigen Bundesvorstand der JA kein einziges weibliches Mitglied zu finden ist und der weiblicher Anteil der Mitglieder bei circa sieben Prozent liegt (Stand November 2014).

Elitär und neoliberal

Ein weiteres Feld, wo die JA gegen die „links-grüne Mainstreampolitik“ wettert, ist die Bildungspolitik: Als Vertreter der privilegierten Schicht, beschwert sie sich über den „Akademisierungswahn“, der zur Senkung des Niveaus auf der Schule führe. Außerdem gäbe es so zu wenige Menschen, die bereit sind, eine Ausbildung zu absolvieren, was wiederum zu dem befürchteten Fachkräftemangel führe. Dieser solle durch Import von Arbeitskräften gelöst werten, so Wiebke Muhsal, Vorsitzende von JA Thüringen. Doch man könne die Entwicklung nicht mit Flüchtlingen aus Ländern lösen, in dem die Analphabetenquote so hoch liege. Nein, was man brauche, sei eine Rückkehr zu dem leistungsorientierten Schulsystemv. Da Bildung nicht umsonst zu haben sei, sei eine Wiedereinführung von Studiengebühren denkbar, so Philipp Ritz, ein ehermaliger Bundesvorsitzender der JAvi.

Die Einstellung der Werbung für die Bundeswehr auf den Schulen hält die JA für bedenklich. Dies zeuge von einer gefährlichen Haltung gegenüber einer Institution, welche dem Schutze des deutschen Volkes diene, so Frohnmaier, Bundesvorsitzender.

In ihren Ausführungen sieht die JA allerdings gewaltig an den Tatsachen vorbei. Die deutsche Armee ist nicht für die Sicherheit der Bevölkerung notwendig, sondern für die Machtsicherung Deutschlands weltweit. Ebenso liegt der Fachkräftemangel nicht wie behauptet an den mangelnden KandidatInnen für die Ausbildungsplätze, sondern hauptsächlich an den fehlenden Ausbildungsplätzen. Es wird ebenfalls verschwiegen, dass es gerade das dreigliedrige Schulsystem ist, dass das Bildungssystem zu einem ungerechten Aussortierungssystem macht. Die Studiengebühren würden noch mehr Menschen als jetzt dazu zwingen, aus finanziellen Mitteln ein Studium abzubrechen oder gar nicht anzufangen.

Ähnlich wie die AfD schafft die JA es, ihr Programm den Menschen, die sich selbst als „Leistungsträger“ sehen, schmackhaft zu machen. Dabei muss aber klar sein, dass die propagierte Chancengleichheit und Leistungsorientierung nur ein Schein ist und ein solcher Bildungssystem zum Ausschluss sozial Schwacher führt.

Ideologie statt Verstand

Diejenigen, die vorgeben, Ideologien abzulehnen, verbreiten in einem mantraähnlichem Still ihre fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Ideologie. Sie erzählen von „Islamisierung des Abendlandes“, von Kirchen, die angeblich zu Moscheen umgebaut würden, von muslimischen Liedern bei Weihnachtsmessen, von Berücksichtigung der Richtung von Mekka bei Entwürfen von Gebäuden, von islamistischem Terror. Dahinter steckt eine irrationale Angst vor Fremden. Doch aus Realität macht sich die JA nicht viel. Wie würde man sonst den Antrag von Krzysztof Walczak beurteilen beim Parteitag im Mai 2015? Dieser sieht vor, die Quote der ausländischen Mitglieder der JA auf 10 Prozent zu begrenzen. Nicht nur ist dieser Antrag unverhohlen rassistisch, er wurde nur mit knapper Mehrheit abgelehnt. Anscheinend hat die Hälfte der JA die Angst, von den Ausländern in ihrer eigenen Partei infiltriert zu werden, ohne einsehen zu wollen, dass es zu der Zeit nur sieben ausländische Mitglieder in der Partei gab, was umgerechnet circa einem Prozent entspricht.

Rechte Propaganda verhindern!

Die JA war eine Triebfeder der Entwicklung der AfD von einer wirtschaftsliberalen nationalistischen Partei hin zu einer rechtspopulistischen Kraft. In der Zeit, wo fast jeden zweiten Tag eine Flüchtlingsunterkunft brennt und es jede Woche irgendwo einen Naziaufmarsch gibt, ist sie umso gefährlicher, da sie die gesamte gesellschaftliche Meinung nach rechts verschiebt. Dagegen muss man Widerstand leisten.

v Rede bei YouTube veröffentlicht: https://www.youtube.com/watch?v=0InnRichk1I