Dresden: Heftigkeit rassistischer Übergriffe nimmt zu

12615432_853798991396393_8936043565037022465_oHinter Dresden liegt mal wieder ein erschreckendes Wochenende. Die sächsische Landeshauptstadt kommt aus den Negativschlagzeilen einfach nicht mehr raus. Die durch die wöchentlichen rassistischen Aufmärsche erzeugte Stimmung bricht sich mehr und mehr Bahn auch in gewalttätigen Übergriffen durch rechte Gruppen und Einzelpersonen. Dabei sind nach einer Umfrage der „Dresden Marketing Gesellschaft“ (DMG) gut 75 Prozent der DresdnerInnen – also die weit überwiegende Mehrheit der Meinung, dass die rassistischen Aufmärsche dem Ruf der Stadt schaden.

Dass es aber längst nicht mehr um den Ruf der Stadt geht zeigte das zurückliegende Wochenende: In der Nacht vom Freitag zum Samstag (22.01. zum 23.01.) beschimpften drei Männer zwei Männer mit asiatischen Wurzeln. Die beiden 21 und 25 Jahre alten Personen wurden von den Tätern geschlagen. Einer von ihnen ging zu Boden. Danach trat man ihm ins Gesicht. Die Täter entkamen unerkannt.

Doch es sollte noch schlimmer kommen. Am darauffolgenden Tag, am Samstag, griffen 25 Nazis, die sich selbst wohl als Hooligans bezeichnen, am Wiener Platz vor dem Dresdner Hauptbahnhof Geschäfte und MigrantInnen an. Da die Opfer der Attacke zusammenhielten, mussten die Täter zunächst fliehen. Nachdem sie sich Verstärkung geholt hatten, kehrten sie bewaffnet mit Flaschen zurück und verletzten vier Personen: Einen Tunesier, zwei Algerier und einen Afghanen. Die Polizei nahm sieben Tatverdächtige fest.

Auf der Internetseite der Dresdner Morgenpost wurde offen darüber spekuliert, ob es sich bei der Tat um eine Art von Selbstjustiz handeln könnte. In den letzten Wochen war der Vorplatz des Dresdner Hauptbahnhofs wiederholt der Schauplatz von Polizeieinsätzen gegen Drogenkriminalität. Dabei wurde nicht selten der Eindruck erweckt, dass Geflüchtete besonders kriminell seien. In sozialen Netzwerken wird die Tat am Hauptbahnhof denn auch vielerorten als Selbstverteidigung gefeiert. Hinzu kommt die katastrophale Darstellung der schrecklichen Vorfälle der Kölner Silvesternacht, in der Flüchtlinge nicht selten per se für den Sexismus in unserer Gesellschaft verantwortlich gemacht wurden.

Im Gegensatz zu diesen rassistischen Vorfällen warnte am Freitag der Chef des sächsischen Landeskriminalamts, Jörg Michaelis, laut eines Artikels auf der Internetseite der Dresdner Morgenpost vor Linksextremismus in Sachsen. Was Michaelis zu dieser Erkenntnis brachte bleibt ein Rätsel: Ermittlungen gegen linke Straftäter zählte das „Operative Abwehrzentrum“ 2015 34 (2014 war es 18). Gegen rechte Täter wurde in 208 Fällen ermittelt (ein Jahr zuvor 159). (Quelle: „Dresdner Neueste Nachrichten“, Do.,21.01.2016) Michaelis ging in seinem Vortrag bei der CDU im Dresdner Stadtteil Blasewitz sogar noch weiter und erklärte, dass durch „Linksextremisten“ in Zukunft sogar tote PolizeibeamtInnen zu erwarten seien. Wer seine BeamtInnen so auf den Dienst einstimmt verharmlost rassistische Gewalt und trägt eine Mitverantwortung für Eskalationen bei Demonstrationen. Inzwischen scheint die Morgenpost den Artikel von ihrer Seite wieder entfernt zu haben.

Wir mögen es oft gesagt haben, aber auch an dieser Stelle steht es wieder glasklar vor einem: Im Kapitalismus darf man sich nicht auf den Staat und seine Institutionen verlassen, wenn es gilt Rassismus entgegenzutreten. In Dresden und Sachsen wird es Zeit für den Aufstand der 75 Prozent, die PEGIDA und Co. offenkundig ablehnen. Doch der muss organisiert werden. Da ist es hoffentlich ein gutes Zeichen, dass für den 6.Februar, den Tag an den PEGIDA europaweit auf die Straße gehen will, auch die Gewerkschaften eine Gegenkundgebung angemeldet haben.

Nach wie vor sind dort die meisten lohnabhängig Beschäftigten organisiert. Der DGB müsste sie gerade in diesen Zeiten mobilisieren, um über sprachliche, religiöse und nationale Grenzen hinweg den Kampf gegen Rassismus und für soziale Verbesserungen aufzunehmen.

Gerade unter Jugendlichen könnte die Gewerkschaft damit im Moment Boden gut machen. Denn unter Jugendlichen ist das Entsetzen über rassistische Angriffe weit verbreitet, ebenso wie das Gefühl etwas dagegen unternehmen zu müssen.

Links:

https://mopo24.de/nachrichten/lka-chef-warnt-vor-linksextremisten-42431

https://mopo24.de/Dresden#!nachrichten/dresden-hooligans-auslaender-hauptbahnhof-wiener-platz-polizei-42581

https://mopo24.de/Dresden#!nachrichten/so-liefen-die-angriffe-vom-hauptbahnhof-42677