Die Atlantikbrücke – kein Ort für Linke

Stefan Liebich muss sich entscheiden: Elitezirkel oder LINKE

Ein Gläschen Schampus mit den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank und Goldman Sachs Fitschen und Dibelius? Krabbencocktails und Kaviar mit Winter korn von Volkswagen und Enders von EADS? In der reaktionären Elite-Loge „Atlantik-Brücke e.V.“ kommen etablierte Politiker wie Gabriel, Merkel und Özdemir, regelmäßig mit circa 500 anderen deutschen und amerikanischen „Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Politik, Medien und Wissenschaft“ zu „vertraulichen Gesprächen“ zusammen (1).

von Conny Dahmen, Köln

Die 1952 gegründete Lobbyorganisation will die Beziehungen zwischen deutschen und US-amerikanischen Unternehmern intensivieren, um ihre Interessen politisch besser durchsetzen zu können. Dabei waren schon Leute wie die Privatbankiers Oppenheim und Axel Springer höchstselbst.

Mitkuscheln, kungeln und netzwerken darf auch Stefan Liebich, der als Bundestagsabgeordneter der Partei DIE LINKE in diesen exklusiven Club aufgenommen wurde. Die Frage ist nur – wozu? Um mit Militärexperten vom imperialistische Interventionsstrategien zu diskutieren, Rüstungsdeals abzuschließen, oder die Umsetzung von TTIP zu planen? In ihrem Grundsatzprogramm lehnt DIE LINKE sowohl das Freihandelsabkommen als auch Waffenexporte und Kriegseinsätze ab und organisiert Kampagnen und Proteste dagegen.

Den AntragstellerInnen zweier Kreisverbände, die vom nächsten Bundesparteitag am 6. Juni einen Unvereinbarkeitsbeschluss bezüglich der Mitgliedschaft in derlei Lobbyorganisationen fordern und Liebich in ihrem Antrag namentlich kritisieren, antwortete Gregor Gysi auf Facebook: „Erstens sind die Informationen, die man dort erhält, für uns wichtig. Und zweitens soll er unsere Positionen dort hineintragen.“

Rechts vom Programm

Was sind in dem Fall „unsere“ Positionen? Die von Liebich sind jedenfalls oftmals rechts vom Parteiprogramm: So forderte er bereits 2011 in den Debatten ums Grundsatzprogramm, die Entscheidung über Bundeswehreinsätze vom „Einzelfall“ abhängig zu machen. Im April letzten Jahres stimmte er als einer von fünf LINKE-Abgeordneten für den Bundeswehreinsatz vor der syrischen Küste. Auch wenn es hier „nur“ um die Vernichtung von Chemiewaffen ging, so stellte auch das einen weiteren Schritt zum Ausbau der Bundeswehr hin zur Interventionsarmee dar, welche die Interessen des deutschen Kapitals im Ausland auch mit der Waffe durchsetzt.

Weiterhin schlägt er in dem mit dem Parteivorstandsmitglied Gerry Woop verfassten Buch „Linke Außenpolitik – Reformperspektiven“ nicht die Abschaffung, sondern eine Reform der NATO vor. „Eine realistische Analyse sollte (…) davon ausgehen, dass diese Militärorganisation noch eine längere Perspektive hat.“

Liebich steht für das allmähliche Aufweichen linker Grundsätze, was den Weg für eine rot-rot-grüne Bundesregierung ebnen soll. Für die SPD ist eine Abkehr von der bisherigen strikten Ablehnung von Auslandseinsätzen eine erklärte Grundvoraussetzung für eine solche Koalition. Und Liebich ist bereit, diese zu schaffen: „Wir müssen dafür arbeiten, dass eine rot-rot-grüne Koalition nicht nur rechnerisch möglich ist, sondern auch eine inhaltliche Basis hat. (…) Und wir müssen an unserer Substanz arbeiten.“ (2)

Unvereinbar

An dieser Substanz hat Liebich bereits jahrelang als Teil des rot-roten Bündnisses im Stadtstaat Berlin genagt, wo die LINKE-Abgeordneten Sozial- und Stellenabbau mitgetragen und Privatisierungen durchgeführt haben. Das hat dazu geführt, dass DIE LINKE in Berlin derzeit bei circa 14 Prozent in den Umfragen liegt (gegenüber 22 Prozent für die PDS zehn Jahre zuvor). Wenn Gysi in seinem Statement bei Facebook den GenossInnen, die Liebichs Mitgliedschaft in der Atlantik-Brücke kritisieren, fehlendes Demokratieverständnis vorwirft, demontiert er selbst die innerparteiliche Demokratie. Auch für uns schließen sich eine Mitgliedschaft in einer Partei, welche die Interessen der arbeitenden Menschen vertreten will, und den Elitezirkeln der Mächtigen aus. Anstatt sich an deren politische Vertreter anzubiedern und gemeinsam mit ihnen Strategien zum Erhalt des Kapitalismus auszuarbeiten, muss sich DIE LINKE in Betrieben, Gewerkschaften, an Schulen und Unis verankern, um KollegInnen und Jugendliche dort auf Basis demokratischer Strukturen und eines sozialistischen Programms im Kampf gegen den Kapitalismus zu organisieren.

(1) www.atlantik-bruecke.org/ueber-uns
(2) FR-Interview vom 1.10.2013