Solidarität mit den Streiks der angestellten LehrerInnen

LehrerstreikAm heutigen Dienstag, 3. März waren angestellte LehrerInnen in fünf Bundesländern zum Warnstreik angerufen, weil es bei den bundesweiten Verhandlungen zwischen der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und den Gewerkschaften auch nach dem zweiten Verhandlungstag zu keinen Ergebnisse gekommen ist. Die Gewerkschaften fordern für die 200.000 nicht-verbeamteten LehrerInnen in Deutschland 5,5 Prozent, aber mindestens 175 Euro mehr Lohn im Monat. Die Arbeitgeber verlangen als Vorbedingung für ein Angebot die Zustimmung der Gewerkschaften zu einer Verschlechterung der Betriebsrente (VBL-Versorgung). Das wird von der GEW zu Recht abgelehnt. Zeitgleich verhandelt die GEW mit der Tarifgemeinschaft der Länder über eine Lehrkräfte-Entgeltordnung (L-EGO), für die im Jahr 2013 die angestellten Lehrkräfte in Berlin an 17 Tagen gestreikt haben. Die GEW Berlin setzt sich für eine Entgeltordnung ein, die Verbesserungen für alle beinhaltet und warnt davor, dass die TdL ihre Bedingungen diktieren will und es zu Verschlechterungen für Berliner KollegInnen kommen könnte.
In Berlin beteiligten sich bis zu 2000 Lehrkräfte und ErzieherInnen am Streik. Während heute nur ein Teil der KollegInnen zum Streik aufgerufen war, sollen am Mittwoch 11. März alle Berliner LehrerInnen mobilisiert werden.

Solidarität mit eurem Streik

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Lehrerstreikwir erklären uns solidarisch mit eurem Arbeitskampf und euren berechtigten Forderungen. Bundesweit schauen KollegInnen jetzt auf Berlin. Denn seit der guten Mobilisierung in der Tarifrunde vor zwei Jahren und den dann folgenden mutigen Streiks der angestellten Lehrkräfte seid ihr ein Vorbild für pädagogische Beschäftigte, die für Verbesserungen kämpfen wollen. Wir wünschen euch eine starke Mobilisierung und viel Durchhaltevermögen, wenn die Auseinandersetzung länger dauern sollte.

Die Arbeitgeber zeigen in den Verhandlungen einmal mehr, wieviel Wertschätzung sie für eure wichtige pädagogische Arbeit übrig haben: herzlich wenig. Während die Arbeitsbelastung an Schulen weiter zunimmt, sollt ihr mit Einschnitten bei der Betriebsrente auch noch draufzahlen. Während der Sanierungsstau bei Berliner Schulgebäuden sich auf über eine Milliarde Euro summiert, wird nach dem BER, der Kanzler-U-Bahn, dem Neuaufbau des Schlosses und der Verlängerung der A100 mit der Olympia-Bewerbung das nächste millionenschwere Prestigeprojekt angeschoben. Das zeigt, dass Geld da ist, nur nicht für dringend notwendige Investitionen ausgegeben wird!

Es muss endlich mehr Geld her – in die Taschen der Beschäftigten. Seit Jahren stagnieren die Einkommen oder steigen nur minimal. Dabei haben prekäre Beschäftigungsverhältnisse, auch im Bildungswesen, massiv zugenommen. Mehr und mehr KollegInnen nehmen Einkommensverluste durch Teilzeit in Kauf, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren.

Vorbild

Es wäre deshalb ein wichtiges Signal auch für andere Branchen, wenn im Öffentlichen Dienst deutliche Zuwächse herauskämen. Berlin kann Vorreiter dabei sein deutlich zu machen, dass wir nicht nur die üblichen Rituale wollen, sondern einen wirklichen Durchbruch. Das würde auch die Beschäftigten in anderen Bereichen ermutigen, die ebenfalls für Lohnzuwächse kämpfen (wie im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst in anderen Bundesländern) oder die Angriffe auf erkämpfte Standards abwehren (wie im Einzelhandel).

Mindestens 175 Euro!

In der Tarifrunde wird auch die Forderung nach einer „sozialen Komponente“ erhoben: „mindestens 175 Euro“. Bei den Tarifverhandlungen bei Bund und Kommunen 2014 war eine ähnliche Forderung für viele Beschäftigte der niedrigeren Entgeltgruppen eine große Motivation zum Streik. Ebenso würden beim TV-L ErzieherInnen besonders profitieren, denn ein Gehaltsplus von 175 Euro bedeutet in der Entgeltgruppe 8 einen Zuwachs von +7,68% (Stufe 1).

Die Arbeitgeber werden erneut versuchen, eine Lehrkräfte-Entgeltordnung (LEGO) mit der allgemeinen Entgelterhöhung zu verrechnen. Diesem „Teile und herrsche“-Prinzip muss die Solidarität und Kampfbereitschaft der Beschäftigten entgegengesetzt werden. ErzieherInnen und Lehrkräfte lassen sich nicht gegeneinander ausspielen. Die Forderung nach „mindestens 175 Euro“ kann eine wichtige Rolle dabei spielen, dies deutlich zu machen.

LEGO: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Die angestellten Lehrkräfte Berlins haben gezeigt, wie mit den Arbeitgebern umgegangen werden muss: Wenn wir etwas wollen, dann müssen wir es mit Streiks durchsetzen. Die GEW Berlin hat 2013 den Druck auf den Senat erhöht, indem sie den Arbeitskampf fortgesetzt hat. Wenn die GEW zumindest in einigen anderen Bundesländern mitgezogen hätte, dann hätten ein ganz anderer Druck und eine bundesweite Dynamik entstehen können.

Die LEGO-Verhandlungen (April bis Dezember 2014) haben alle Warnungen der GEW Berlin bestätigt: Mit Verhandlungen während einer langen Friedenspflicht bewegen sich die Arbeitgeber keinen Millimeter. Es wurde damit ein Jahr lang Zeit verspielt. Die Tarifbewegung in Berlin wurde ausgebremst – und jetzt drohen hier sogar noch Verschlechterungen, wenn sich Mitglieder aus anderen Landesverbänden der GEW in der Bundestarifkommission auf solche einlassen sollten.

Das muss verhindert werden. Eine LEGO, die ihren Namen verdient, kann nur wirkliche Verbesserungen bedeuten, und dafür muss gekämpft werden.

  • Arbeitnehmerrechte auch für angestellte Lehrkräfte – für tarifliche Regelungen zum Entgelt (und perspektivisch auch zur Arbeitszeit)

  • Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit – Ausgleich der Nachteile gegenüber den BeamtInnen beim Nettoeinkommen

Gemeinsam kämpfen!

Wenn die Arbeitgeber weiter blockieren, dann sollte die gemeinsame Antwort aller in den Tarifverhandlungen zum TV-L beteiligten Gewerkschaften lauten: wir können auch anders, diesmal kämpfen wir für die volle Durchsetzung der Forderungen!

Bei den angestellten Lehrkräften könnte eine bundesweite Streikkonferenz helfen, Erfahrungen auszutauschen, Strategien zu diskutieren (auch für den Fall eines möglichen Scheiterns der LEGO-Verhandlungen) und so die Durchsetzungskraft zu stärken.

Rückenwind kann auch durch den Arbeitskampf im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst entstehen, der in den kommenden Wochen beginnt. Bundesweit gilt für die meisten Kita-Beschäftigten nicht wie in Berlin der TV-L. Sie kämpfen schon bald für die überfällige deutliche Aufwertung ihrer Berufe. Es ist wahrscheinlich, dass es in diesem Bereich zu einem Erzwingungsstreik kommen wird. Wenn sich die TV-L-Beschäftigten dieser Bewegung anschließen, könnten beide Bereiche an Kampfkraft gewinnen. Es gibt die Möglichkeit, damit eine breitere gesellschaftliche Bewegung von Beschäftigten in den Erziehungs- und Bildungsberufen aufzubauen. Mehr Geld dafür, was wirklich zählt: gut qualifiziertes und gut bezahltes Personal und mehr Stellen – von der Kita bis zur Hochschule.

Für diese Forderungen könnte eine breite Solidarität in der Bevölkerung erreicht werden. Zeitgleiche Streiks und gemeinsame Protestkundgebungen von LehrerInnen, SozialarbeiterInnen und ErzieherInnen von Schulen und Kitas, die von SchülerInnen, Eltern und auch den verbeamteten LehrerInnen unterstützt werden – das könnte eine große Dynamik entfalten. Auch der Schulterschluss zu KollegInnen der Deutschen Bahn, die sich in Verhandlungen befinden, sollte gesucht werden.

Wir wünschen euch Kraft für diesen Arbeitskampf, für die volle Durchsetzung der Forderungen:

  • 5,5 Prozent, mindestens aber 175€

  • 12 Monate Laufzeit

  • keine Abstriche bei LEGO – für eine tarifliche Entgeltordnung – keinerlei Verschlechterungen