Erfolgreiche SAV-Bundeskonferenz Ende Januar in Berlin

Bundeskonferenz 2015„Von der Käseglocke zum Klassenkampf“

Vom 30. Januar bis 1. Februar 2015 fand in Berlin-Weißensee die 15. Bundeskonferenz der SAV statt. Mit 113 TeilnehmerInnen aus 16 Orten – darunter 5 internationalen Gästen aus Österreich, Belgien, Großbritannien und der Türkei – war diese besser besucht als die letzte Konferenz im Jahr 2013.

von Ronald Luther, Berlin

In allen Diskussionen, ob in Debattenbeiträgen oder in den Pausengesprächen, war ein großer Enthusiasmus und Optimismus zu spüren. Dies hatte viel mit dem Aufschwung von Kämpfen in Europa in den letzten Monaten und dem Wahlsieg der griechischen Linkspartei Syriza zu tun, aber auch mit den großen Protesten gegen Pegida in Deutschland. Denn diese Entwicklungen läuten das Ende einer Periode der „milden Reaktion“ in Europa ein, die auf die großartigen Massenmobilisierungen nach dem Beginn der Euro-Krise in Südeuropa gefolgt war. So gibt es seit Sommer letzten Jahres eine Reihe von Entwicklungen, die das Pendel wieder nach links schlagen lassen: Streiks in Großbritannien, die Massenrevolte gegen die Einführung von Wassergebühren in Irland, das schottische Unabhängigkeitsreferendum und die katalanische Unabhängigkeitsbewegung, die Massen- und Generalstreiks in Belgien, Proteste in Ungarn, Streiks in Kroatien, die Revolte in Bosnien … Das führt auch zu einem Aufstieg von linken Parteien wie Syriza in Griechenland oder von PODEMOS in Spanien.

Gewarnt wurde in Diskussionsbeiträgen aber auch vor dem Erstarken von faschistischen Parteien wie der griechischen Chrysi Avgi und von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD in Deutschland. Es gibt in vielen europäischen Ländern eine Schicht von Menschen, die sich eine Lösung für ihre Probleme nicht mehr durch linke Parteien versprechen. Ein Grund dafür sind auch die Anpassungstendenzen in linken Parteien wie Syriza und DIE LINKE an die „Realitäten“ im Kapitalismus, statt den Weg hin zu einer anderen, einer sozialistischen Gesellschaft aufzuzeigen. Dabei hat der Kapitalismus den Menschen immer weniger zu bieten.

Im Mittelpunkt des ersten Konferenztages stand die Zunahme von Kriegen und militärischen Konflikten, die eine Folge des sich verschärfenden Konkurrenzkampfes vor dem Hintergrund einer krisenhaften Weltwirtschaft sind. Georg Kümmel vom Bundesvorstand der SAV referierte zu diesem Thema und machte deutlich, dass die Aussichten im Kapitalismus eine weiter wachsende Gefahr von Kriegen ist, an denen sich auch die Herrschenden in Deutschland mehr und mehr beteiligen wollen.

Viele Menschen überall auf der Welt leiden unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise, die uns seit dem Crash von 2007/08 in Atem hält. Während in Griechenland Kinder wieder hungern müssen, in etlichen europäischen Ländern Massenarbeitslosigkeit und Armut grassieren und in vielen Teilen der Welt Menschen durch Kriege sterben, scheint Deutschland noch recht gut davon gekommen zu sein. SAV-Bundessprecher Sascha Stanicic stellte die politische Resolution vor, die der Konferenz vorlag und den Titel „Von der Käseglocke zum Klassenkampf“ trägt. Er wies in seinem Referat zur Lage in der Bundesrepublik darauf hin, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die internationalen Krisenprozesse auch Deutschland verstärkt treffen und hier zu einer Zuspitzung von Klassenauseinandersetzungen führen werden. Aber auch hier müssen Millionen Menschen von Billigjobs leben, gibt es eine wachsende Armut, aber auch Kampfbereitschaft, die sich in Streiks wie beim Einzelhandel und bei den LokführerInnen Bahn bricht.

Lucy Redler leitete die Diskussion zur Entwicklung der Partei DIE LINKE ein, in der auch die Erfahrungen der Mitarbeit von SAV-Mitgliedern in der LINKEN und der innerparteilichen Strömung AKL ausgetauscht wurden. Trotz verstärkter Versuche des rechten Parteiflügels, DIE LINKE für eine Regierungsbeteiligung mit SPD und grünen auf Bundesebene „fit“ zu machen, stellt die Partei weiterhin den einzigen Ansatzpunkt für den Aufbau einer politischen Interessenvertretung der Lohnabhängigen dar. Die SAV wird darum ihre Arbeit in der LINKEN und in der Strömung Antikapitalistische Linke verstärkt fortsetzen, sich vor Ort in den LINKE-Gruppen engagieren und sich für einen kämpferischen, sozialistischen Kurs der Partei einsetzen.

In den Debatten wurde deutlich, dass sich sehr viele SAV-Mitglieder in der Bewegung für Flüchtlinge und bei den Protesten gegen die sogenannten HoGeSa, PEGIDA und Co. engagieren. So reiste Sebastian Rave aus Bremer verspätet zur Konferenz an, da er am Samstag auf der Demonstration von bis zu 10.000 Menschen gegen den AfD-Parteitag als Redner und Mitorganisator fungiert hatte. Die Dresdener GenossInnen berichteten von den Schwierigkeiten, aber auch Erfolgen im Kampf gegen die sogenannte PEGIDA-Bewegung und davon, wie wichtig es ist, eine Organisation wie die SAV als Rückhalt zu haben. Die Mitglieder Hamburger SAV-Ortsgruppe wiederum, die sehr vielen junge Neumitgliedern mitgebracht hatte, erklärten sehr erfrischend, wie sie sich in der Bewegung für Flüchtlinge engagieren. Auch die nächsten Monate werden von einer Zunahme von Kriegen und Phänomenen wie Rassismus und Flüchtlingsbewegungen gekennzeichnet sein. Insbesondere Jugendliche werden sich an Aktivitäten gegen PEGIDA, Nazi-Aufmärsche und Kriege beteiligen und sich für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen engagieren. Die SAV wird sich daher noch stärker auf die Mobilisierung und Organisierung von Jugendlichen gegen PEGIDA, Rassismus und für Flüchtlinge konzentrieren.

Aber nicht nur unter Jugendlichen, sondern auch in der LINKEN und in Betrieben und Gewerkschaften leisten SAV-Mitglieder einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau der Arbeiterbewegung. So gab es viele Berichte von GenossInnen, die in der LINKEN, in Gewerkschaften wie ver.di, GEW und IG Metall und in Betrieben wie der Telekom, in mehreren Krankenhäusern, in verschiedenen Sozialberufen, in Call-Centern, an Schulen und in anderen Bereichen aktiv sind. Heidrun Dittrich, die eine Woche nach der SAV-Konferenz in den LINKE-Landesvorstand in Niedersachsen gewählt wurde, rief zur Unterstützung der anstehenden Streiks bei den Sozial- und Erziehungsdiensten auf. In dieser und verschiedener anderer Tarifrunden wird die SAV Vorschläge für einen erfolgreichen Kampf hineintragen.

Auf besonderes Interesse stießen die Redebeiträge der internationalen Gäste. So berichtete Eric Byl von der belgischen Schwesterorganisation der SAV, LSP/PSL, dass vor einem Jahr niemand den größten Generalstreik in der Geschichte des landes vom Dezember 2014 erwartet hätte. Seitdem hat sich die politische Situation in Belgien völlig verändert. Ein Genosse des Internationalen Sekretariats des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI – die internationale sozialistische Organisation, der die SAV angeschlossen ist) analysierte die neuen Entwicklungen in der weltweiten Lage und berichtete über die hervorragende Arbeit anderer Sektionen des CWI. Festus Okay von Sosyalist Alternatif aus der Türkei berichtete von den aktuellen Streiks in seinem Land und Michael Gehmacher von der sozialistischen Linkspartei in Österreich verglich den Kampf gegen AfD und Pegida in Deutschland mit dem jahrelangen Kampf der SLP gegen die Rechtspartei FPÖ.

Die politische Resolution wurde einstimmig, die Resolution zur weiteren Tätigkeit der SAV bei einer Gegenstimme verabschiedet. Außerdem fanden auch Wahlen zu einem neuen Bundesvorstand, zur Kontrollkommission und den Revisoren statt. Außerdem wurde eine Kampagne zur Steigerung der Finanzeinnahmen der Organisation beschlossen. So sind alle SAV-Mitglieder zu einer Erhöhung ihrer Mitgliedsbeiträge aufgerufen. Außerdem wurde sich zum Ziel gesetzt, die Anzahl von monatlichen Dauerspenden für die Organisation zu erhöhen.