Kommt eine Syriza-Regierung?

SyrizaWahlen in Griechenland am 25. Januar

Interview mit Andros Payiatsos, Xekinima (Sektion des CWI in Griechenland).

Vorbemerkung: Ende des letzten Jahres entstand im austeritätsgeplagten Griechenland eine Verfassungskrise, weil kein neuer Staatspräsident gewählt werden konnte. Daher wurden vorgezogene Neuwahlen für den 25. Januar angesetzt. Zum großen Entsetzen der internationalen Kapitalistenklassen führt die linke Partei Syriza in den Umfragen, hauptsächlich weil sie als die beste Möglichkeit gesehen wird, gegen die Kürzungen zurückzuschlagen.

Warum finden Wahlen statt?

Der offizielle Grund ist die Präsidentenwahl. In Griechenland wird der Präsident vom Parlament gewählt, mit den Stimmen von mindestens 60 % der Abgeordneten. Es gibt eine Klausel in der Verfassung, nach der das Parlament neu gewählt werden muss wenn kein Kandidat die erforderliche Mehrheit bekommt. Das neu gewählte Parlament kann mit 50% der Stimmen einen Präsidenten wählen. Die Regierung hatte nicht geschafft, für ihren Kandidaten 60% der Stimmen zu organisieren.

Der eigentliche Grund ist aber, dass die Politik der Regierung in einer Sackgasse steckt. Die Gesellschaft lehnt diese Politik ab, die Folgen dessen haben sich auch im Parlament gezeigt, wo Pasok (die traditionelle ex-sozialdemokratische Partei) und Neue Demokratie (rechte kapitalistische Partei) viele Abgeordnete verloren haben. Diese Abgeordneten sind jetzt parteilos und haben nicht mit der Regierungskoalition abgestimmt. Außerdem konnten die Regierungsparteien die kleineren Parteien Demokratische Linke (DIMAR) und Unabhängige Griechen (ANEL) nicht spalten, trotz intensiver Bemühungen. So haben sie die für die Präsidentenwahl notwendige Mehrheit von 60% nicht erreicht und können nicht bis zum Ende der Legislaturperiode 2016 im Amt bleiben.

Was ist das wahrscheinliche Ergebnis der Wahl?

Höchstwahrscheinlich ein Sieg von Syriza.

Es gibt eine große Angstkampagne der Kapitalistenklasse in Griechenland und international, mit der sie das verhindern wollen. Es ist die übliche Kampagne, mit der wir gerechnet haben. Sie behaupten, dass Griechenland aus der Eurozone geworfen wird wenn Syriza gewählt wird, dass das ein absoluter Alptraum wäre, dass es ein riesiges Chaos gäbe usw.. Der Ministerpräsident hat gestern gesagt, dass Griechenland wie Nordkorea würde wenn Syriza gewinnt – die Angstkampagne hat also ein lächerliches Niveau erreicht.

Aber sie wirkt nicht so stark auf die Bevölkerung wie 2012. Die Menschen sind jetzt wütend genug, um trotz der Angstkampagne Syriza zu wählen. Es gibt schon Anzeichen, für eine ziemliche Panik vor dem Wahlergebnis beim Establishment – besonders bei ND.

Die Wahl ist aber noch nicht entschieden. Papandreou (ein ehemaliger Ministerpräsident und PASOK-Vorsitzender) hat die PASOK gespalten und gründet eine neue Partei. Sie stellt sich als Linksabspaltung dar und wirft der Führung der PASOK vor, die sozialdemokratischen Prinzipien der Partei verraten zu haben – obwohl Papandreou als Ministerpräsident selbst die Troika nach Griechenland geholt und das Memorandum ausgehandelt hat. Wieviele Stimmen die neue Partei bekommen kann ist unklar.

Das Problem ist, dass Syriza in den Umfragen nur 3-4% vor der ND liegt. Obwohl ein Sieg von Syriza die wahrscheinlichste Möglichkeit ist, ist offen wie groß der Vorsprung sein wird und ob es für eine Alleinregierung von Syriza reicht oder eine Koalition mit der Demokratischen Linken (sofern sie ins Parlament kommt), den Unabhängigen Griechen oder der neuen Partei von Papandreou gebildet werden muss. Diese Parteien sind alle Kräfte des Establishments.

Wie wird sich Syriza in der Regierung verhalten?

In gewisser Weise würde die Syriza-Führung die Wahl lieber ohne absolute Mehrheit gewinnen, damit sie die Abhängigkeit von den Stimmen anderer Parteien als Grund für einer weniger radikale Politik anführen können.

Das wäre eine Ausrede. Die Führung von Syriza hat sich seit den Wahlen 2012 klar nach rechts bewegt. Im Rest Europas wird Syriza als sehr linke, sogar als linksradikale Partei dargestellt. Aber in Griechenland gibt es großes Misstrauen und wenig Enthusiasmus bei den Massen, weil sie sehen dass die Führung von Syriza ihr möglichstes tut um eine Übereinkunft mit den Kräften des Marktes zu finden – der Troika, der EU und dem griechischen Establishment.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Syriza an der Regierung weiter nach rechts bewegen könnte um in der Eurozone zu bleiben. Aber die Entwicklung der nächsten Zeit ist kein einfaches entweder-oder, weil es auch die Interventionen der Massenbewegungen geben wird. Die Probleme der Gesellschaft sind so groß, dass Millionen von Menschen in einer völlig verzweifelten Lage sind. Sie werden kämpfen müssen, und sie werden kämpfen und eine Syriza-Regierung nach links drücken. Also, obwohl die Syriza-Führung sich nach rechts bewegt und auf einen Kompromiss mit den Kräften der internationalen Märkte hofft ist möglich, dass sie durch die Kraft der Massenbewegungen nach links gedrückt werden wird.

Welche Antwort auf die Angstkampagne zum Euro usw. schlägt Xekinima vor?

Wir denken, dass es unmöglich ist ein Programm im Interesse der Arbeiterklasse umzusetzen – Ausstieg aus den Memoranden, Beendigung der Krise, indem der öffentliche Sektor als Motor für Wirtschaftswachstum genutzt wird und allgemein ein Nein zur neoliberalen Politik der EU – und gleichzeitig in der Eurozone, so wie sie heute ist, zu bleiben.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Eine ist ein internationalistischer Aufruf radikalisierter Kräfte der Arbeiterklasse und der linken Regierung in Griechenland an die Arbeiterklassen Europas und die sich entwickelnden linken Kräfte, auf dem ganzen Kontinent für große Veränderungen in eine sozialistische Richtung zu kämpfen. Wenn es keinen solchen Aufruf gibt oder die Zeit fehlt, um Kämpfe zu entwickeln, wird das Land aus der Eurozone ausscheiden.

Eine Rückkehr zu einer nationalen Währung wäre aber nicht zwangsläufig eine Katastrophe – wenn sie von einer linken Regierung mit sozialistischer Politik begleitet wird. Unter einer linken Regierung, die eine nationale Währung benutzt und sozialistische Politik macht, also Verstaatlichungen, wirtschaftliche Planung und Arbeiterkontrolle und -verwaltung, könnte sich die wirtschaftliche Lage schnell verbessern. Unter diesen Bedingungen müsste es weitere internationalistische Appelle geben, um in ganz Europa große sozialistische Veränderungen durchzusetzen. Wir glauben, dass diese Herangehensweise gegenüber der griechischen Arbeiterklasse öffentlich gemacht werden muss, um sie auf die bevorstehenden Kämpfe vorzubereiten.

Leider tut die Führung von Syriza nichts davon, sondern erzeugt nur naiven Optimismus – „macht euch keine Sorgen, es wird nichts passieren, wir garantieren euch dass das Land in der Eurozone bleibt“. Das ist ein großer Fehler.

Wie sollte der Kampf unter einer Syriza-Regierung organisiert werden?

Es muss sehr bewusst versucht werden, die Kämpfe zu koordinieren, denn in der aktuellen Lage kann kein isolierter Kampf gewinnen. Diese Kämpfe müssen die linke Basis von Syriza einbweziehen, um die Partei nach links zu drücken. Sie müssen versuchen, demokratische Strukturen in der Gesellschaft und innerhalb der Bewegungen zu schaffen, so dass die Basis die Entscheidungen trifft.

Um die Troika und die bestehende Regierung loszuwerden, sollten diese Kämpfe in der Hand der gesamten Linken liegen, einer vereinigten Linken. Leider ist die Linke gespalten. Das liegt auch daran, dass die Führung von Syriza nicht etnsthaft versucht eine Einheitsfront aufzubauen. Aber die Gesellschaft und die Arbeiterklasse werden sich bewegen und massenhaft für Syriza stimmen.

Xekinima ist Teil dieser Bewegung. Als Teil der „Initiative der 1000“ rufen wir zur Wahl von Syriza auf. Wir verhandeln mit Syriza über Kandidaturen auf den Syriza-Listen in den wichtigen Wahlkreisen in Athen, Thessaloniki und Volos.

Das wichtigste ist, dass die Kämpfe auf Basis eines sozialistischen Programms geführt werden müssen – Verstaatlichung der Banken, Verstaatlichung der wichtigsten Unternehmen, Planung der Wirtschaft. All das muss unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der ArbeiterInnen stattfinden, sonst gibt es wieder die Korruption, die wir früher im staatlichen Sektor hatten. Auf dieser Grundlage können Kämpfe erfolgreich sein und die arbeitenden Massen im restlichen Europa inspirieren.