25 Jahre nach dem Mauerfall: „Ein Ossi darf nicht gewinnen!“

Demonstration 4. November DDR„Aufschwung Ost“ ist für die Mehrheit der Menschen eine Katastrophe

Der Weg vom Hotel Bellevue Dresden zur Ruine der Frauenkirche war für Helmut Kohl nicht weit. Nach einem Gespräch mit Interims-Ministerpräsident Hans Modrow (SED/PDS), begab er sich zur dort wartenden jubelnden Menge. Dem deutschen Bundeskanzler einer CDU/CSU-FDP-Regierung riefen 20.000 Menschen ihr „Helmut, Helmut!“ und „Deutschland, einig Vaterland!“ zu . Sie hatten bald schon die Gegenrufe übertönt.

Helmut Kohl stellte seine Vision der Einheit Deutschlands dar. In einer wenig schwungvollen Rede verkündete er, da die Ostdeutschen „genauso fleißig“ wie die Westdeutschen seien, wäre es möglich, „ausgestattet mit einer harten Mark“, auf dem Gebiet der DDR „blühende Landschaften“ entstehen zu lassen. Natürlich wären diese „blühenden Landschaften“ dann Teil der kapitalistischen BRD.

Von Steve Kühne und Dorit Wallenburger

Lunzenau bei Chemnitz ein Vierteljahrhundert später: Blühende Landschaften gibt es in dem 2.500 Seelendorf! An der Stelle wo einst das Dienstleistungskombinat fast eintausend Angestellten Arbeit gab, ist heute ein Park. Die Fabrik wurde kurz nach der Wende geschlossen, die Gebäude später abgerissen und Grünanlagen angelegt – dort blüht es nun im Frühjahr. Der Rückbau wurde 2012 mit Fördermitteln des Landes Sachsen in Angriff genommen.

Nur einen Kilometer weiter starb zeitgleich die Papierfabrik. Mehrere tausend Angestellte verloren dort ihre Arbeit. Vor der Wiedereinführung des Kapitalismus gab es in Lunzenau ein Kino, eine Post, eine polytechnische Oberschule. Nichts davon ist mehr da! Einzig eine evangelische Mittelschule gibt es noch.

„Es müssen an die zehntausend Menschen gewesen sein, die hier gearbeitet haben.“ Der ehemalige Mitarbeiter der Elektrowerke Sörnewitz, der ungenannt bleiben möchte, ist an diesem Abend in Erzählstimmung. Er erlebte mit, wie in dem Werk in Neusörnewitz bei Dresden hochmoderne Haushaltsgeräte gefertigt wurden. „Das ging alles in den Export – für Devisen. Als DDR-Bürger haste das nicht bekommen. Aber die Versandhauskataloge im Westen waren voll.“ Eine eigene Feuerwehr, ein Schwimmbad für die MitarbeiterInnen und selbstverständlich eine Poliklinik gehörten zu dem riesigen Betrieb. „Nach der Wende war Schluss.“ Auf die Frage wie viele denn noch hier arbeiten, meinte der Mann lakonisch: „Null!“

Nach der Wende versuchte es in einer der übrig gebliebenen Hallen erst ein Küchenstudio und nun gibt es dort eine Kartbahn. „Kapitalismus scheint eben nicht so ganz das Wahre zu sein. Die Sicherheit von früher war unbezahlbar.“ Millionen gäbe es für die Banken, aber wer helfe denen, die nichts haben. Im Angesicht dieser Bilanz eine mehr als verständliche Frage.

Doch dann kippt das Gespräch. Eine Gruppe russisch sprechender junger Frauen läuft die Hauptstraße vom S-Bahnhof kommend entlang. Sie unterhalten sich über ihren Einkaufsbummel in Dresden, mal in der Sprache ihres Geburtslandes, mal in Deutsch. „Die einzigen denen es noch gut geht sind die Ausländer“, heißt es plötzlich. Der Mann zieht die Augenbrauen hoch: „Viertausend Euro kriegen die im Monat vom Staat.“

Unsere Einwände und unsere Berichte von Asylbewerberleistungsgesetz, von brutalen Abschiebungen, Not von Flüchtlingen und Armut von MigrantInnen, quittiert unser Gesprächspartner mit einem ungläubigen Blick: „Wo habt Ihr denn das her?“

Deindustrialisierung

In der DDR war Jena nicht nur ein Standort der optischen Industrie. „Wir haben hier auch den größten Ein-Megabit-Chip der Welt hergestellt“, wiederholt der Rechtsanwalt Thomas F. einen in der DDR gängigen Witz. Als die Wende kam, studierte er gerade Jura in Jena. Heute vertritt er häufiger AntifaschistInnen, die Ärger mit staatlichen Verfolgungsbehörden haben. „Als nach der Wende die Anlagen von Robotron in der Innenstadt der Abrissbirne zum Opfer fielen, war ich dort. Erwachsene Menschen, gerade noch dort angestellt, sind in Tränen ausgebrochen.“

Die Liste um die Tragödien der ostdeutschen Industrie ist lang und sie könnte beinahe beliebig verlängert werden: Die Zerschlagung der Hochseefischerei; die Abwicklung des Landwirtschaftsmaschinenkombinats „Fortschritt“, das mit Traktoren wie dem ZT 320 und ZT 323 Ende der 1980er Jahre hochmoderne Produkte auf den Markt brachte. Von all dem bleibt nur die bittere Erinnerung derjenigen, die einst in diesen staatlichen Industrieunternehmen gearbeitet haben. In den neuen Bundesländern machte schnell das geflügelte Wort von der Zerschlagung der ostdeutschen Konkurrenz durch die Treuhand im Namen westdeutscher Konzerne die Runde.

Von Hundert auf Null

Die Deindustrialisierung Ostdeutschlands war die schlimmste ihrer Art in Friedenszeiten. Vor 1989 zählte die DDR zu den zehn stärksten Industrienationen der Welt. Der Lebensstandard war höher als in irgendeinem anderen Land des Ostblocks. Wer wollte glauben, dass das alles verschwinden sollte?

Die Auswirkungen der Wiedereinführung des Kapitalismus waren schon in den ersten Monaten des Jahres 1990 spürbar. Die Schlangen an den Banken, wo Menschen Kredite für „West-Wagen“, Reisen und eine neue Möbelgarnitur aufnehmen wollten, verschwanden schnell und machten den Schlangen am Arbeitsamt Platz. Die Lage wurde in ganzen Landstrichen katastrophal. Und selbst 25 Jahre nach dem Debakel der kapitalistischen Restauration gibt es in ganz Ostdeutschland noch 6,4 Millionen Arbeitsplätze statt der 9,7 Millionen, die es noch vor der Wende waren, wie erst kürzlich der Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn in den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ feststellte.

Für Millionen Menschen verdüsterten sich die Zukunftsaussichten derart, dass sie ihr Heil in der Abwanderung suchten. Allein 1990 hatten die neuen Bundesländer mit einem Aderlass von 395.000 Menschen zu kämpfen. In keinem Jahr zwischen 1949 und 1961, also vor dem Mauerbau, hatten so viele BewohnerInnen der DDR ihrem Land den Rücken gekehrt. Das sächsische Meißen verlor in den Jahren nach der Wende fast die Hälfte seiner Bevölkerung. Die Stadt an der Elbe steht beispielhaft für viele ostdeutsche Kleinstädte. Der Netto-Bevölkerungsverlust im Osten beträgt etwa eineinhalb Millionen Menschen.

Familien zu gründen war mit einem Mal für viele Menschen unvorstellbar geworden. Statistisch gesehen kamen 1985 auf jede Frau in der DDR 1,73 Geburten. Damit lag die Geburtenrate dort höher als in der BRD, wo zeitgleich nur 1,28 Geburten auf eine Frau kamen. In den neunziger Jahren stürzte die Geburtenrate in die Tiefe. Während sie in Westen stabil blieb (1994: 1,35 Geburten pro Frau), kamen statistisch in den neuen Ländern 1994 nur noch 0,77 Geburten auf eine Frau.

Schon 1990 stellten sich die Stadtverordneten in der Großstadt Leipzig die Frage, ob man nicht aus Rücksicht auf die desolate Finanzsituation der Stadt vielleicht die Stadtbeleuchtung in der Nacht nicht mehr einschalten sollte. Allein diese Überlegung zeigt, wie dramatische damals schon die Situation in der ehemaligen DDR war.

Für die Menschen, die diese Prozesse hautnah miterleben mussten, war es wie als würde man sie von Hundert auf Null abbremsen. Gerade noch wähnten sie sich, angesichts der revolutionären Massenbewegung vom Herbst 1989, als die Schmiede ihres eigenen Glücks. Sie diskutierten über „echten Sozialismus“, „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ oder einen „nicht-stalinistischen Sozialismus“. Sie stritten darüber, ob die Einführung der Marktwirtschaft sinnvoll sei. Sie hatten Illusionen in den Kapitalismus und wurden dafür furchtbar bestraft.

Arbeitslosigkeit, mitsamt ihrer schrecklichen Folgen waren im Osten komplett unbekannt. Doch schon im Frühjahr 1990 wurde sie zum Massenphänomen. Kurzarbeit, „Teilzeit Null Stunden“ – eine beschönigende Bezeichnung für eine Entlassung – , Umschulungen, … Die psychologischen Folgen für hunderttausende Familien, für junge und alte Menschen können im Rahmen dieses Artikels nicht adäquat beschrieben werden. Dieses Schockerlebnis raubte den Menschen, die gerade ein Regime gestürzt hatten, die Kraft für eine zweite Runde im Kampf für ihre Rechte – diesmal gegen den Kapitalismus, der nun seine Chance witterte.

Ungeheure Wut

„Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor. Dafür vielen besser“, die im Oktober 1990 von Helmut Kohl bedächtig in die Kamera gesprochenen Sätze wurden bald zum bitteren Witz all derer, die in den Strudel des Absturzes Ost gerissen wurden. Unzufriedenheit und Wut waren die Folge der schrecklichen Entwicklung, die den haltlosen Versprechungen folgte. Die Herrschenden suchten nach Ventilen, um die Wut in eine für sie ungefährliche Richtung zu lenken. Rassistische Kampagnen halfen ihnen dabei. Es wurde gegen MigrantInnen und Flüchtlinge getrommelt. Übergriffe bis hin zu pogromartigen Ausschreitungen waren die Folge. Die berechtigte Wut auf die kapitalistischen Verhältnisse wurde von den Herrschenden gegen noch Schwächere umgelenkt und gleich zur Rechtfertigung für die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl genutzt.

Bis heute greifen die Herrschenden zu diesen Mitteln der Spaltung und sie sind noch immer damit erfolgreich. Als in Dresden jüngst Unterkünfte für 200 Flüchtlinge gesucht wurden, quartierte man sie in dem in den 1980er Jahren errichteten Plattenbauviertel Gorbitz ein. Dort leben etwa 25.000 Menschen. An der Stelle, wo die MigrantInnen einzogen, ist die soziale Situation besonders schlecht. Die MieterInnen haben kaum Geld, also lässt der neue Vermieter die Wohnungen herunterkommen. Die Häuser, per städtischem Zugriffsrecht den MigrantInnen zur Verfügung gestellt, hat man notdürftig renoviert. Es war keine allzu großartige Renovierung, aber immerhin etwas geschah. Prompt sammelten die in Deutschland geborenen Nachbarn Unterschriften gegen die neuen MieterInnen.

Im Moment vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht in Zeitungen von der angeblichen Überforderung der Kommunen durch MigrantInnen lesen kann. Und wieder werden die Menschen gegeneinander aufgebracht. Kein Wort davon, dass Deutschland kräftig Fluchtursachen mit organisiert. Kein Wort davon, dass die Privatisierung aller Dresdner Wohnungen und die Weigerung der privaten Vermieter günstigen Wohnraum in ausreichender Menge zu schaffen die Probleme verursacht hat und eben nicht die MigrantInnen.

 Wenig Klassenkämpfe

Im Dezember 1992 hisste Herbert Kindler, ein Kali-Kumpel, auf einem Turm des Bergwerks Thomas Müntzer in Bischofferode die „Schwarze Flagge“. Der DDR-Vorzeigebetrieb, der Devisen einfuhr und 1.800 Menschen beschäftigte sollte mit der westdeutschen Kali-Industrie verschmelzen, was sein Ende bedeutete. Die Kumpel setzten sich über Monate zur Wehr. Zwölf von ihnen gingen sogar in den Hungerstreik.  Es half nichts. Die Gewerkschaftsführung legte die Hände in den Schoß und ließ die Belegschaft im Stich. Trotz riesiger Versprechungen wurde das Werk Stück für Stück erwürgt. Man machte es nicht auf einmal, sondern scheibchenweise. So kämpften die Kumpel nicht mehr gemeinsam, sondern jeder einzeln dafür wenigstens noch ein paar Monate beschäftigt zu bleiben. „Hier hat man gezeigt, ein Ossi darf nicht gewinnen!“ So lautete das Resümee eines Bergmannes.

Es sind solche Erfahrungen, die sich in das kollektive Gedächtnis vieler eingebrannt haben. Sie haben gekämpft und sie haben verloren. Doch noch weitaus schlimmer wirkten sich die zahlreichen kampflosen Niederlagen aus. Das Hinnehmen und Ertragen. Die Angst vor eigener Arbeitslosigkeit oder, bei Kindern, der Arbeitslosigkeit der Eltern zeichnete ganze Schichten, hat ihr Bewusstsein geprägt und prägt es bis heute. Der letzte große Massenkampf war der gegen Hartz IV. In den Jahren 2004 und 2005 gingen im Osten Zehntausende gegen Sozialabbau auf die Straße. Doch im Grunde endete der Kampf mit einer Niederlage. Hartz IV kam und mit Hartz IV die weitere Verarmung großer Teile der Bevölkerung, besonders im Osten. Die Angst vor Arbeitslosigkeit wuchs noch einmal, was als Druckmittel dient, Beschäftigte vom Kampf für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen abzuhalten.

So bleibt es oftmals schwer Beschäftigte gewerkschaftlich zu organisieren, sie zu Kämpfen und Streiks zu bewegen. Die Politik großer Teile der Gewerkschaftsbürokratie, die Standort- und Verzichtslogik mitmachen oder, wie im Falle des Ostmetaller-Streiks für die 35-Stunden-Woche den KollegInnen in den Rücken gefallen sind, und die angepasste Politik der Partei DIE LINKE tun ihr Übriges.

Und doch gibt es vermehrt Hoffnungsschimmer: Dass in einer großen Kampagne, mit massiver Unterstützung durch die SAV-Dresden, die Beschäftigten und die DresdnerInnen 2011/12 die Privatisierung ihrer städtischen Kliniken verhinderten kann man als eines dieser Signale sehen. Weitere sind sicher die Streiks im Sparkassen-Callcenter Halle für einen Tarifvertrag und bei Amazon in Leipzig. Formal geht es um Tarifbindung: Amazon will als Logistiker durchgehen und die Gewerkschaft ver.di will einen Tarifvertrag nach dem Muster des Einzelhandels, was für die Beschäftigten besser wäre. Doch es geht um mehr als das: Amazon scheffelt Gewinne und treibt die Beschäftigten dennoch an – gerade im Weihnachtsgeschäft. Die Gewerkschaft ver.di hat gar Hinweise darauf, dass Pausenzeiten nicht eingehalten werden. Das ist auch ein Angriff auf die Würde der dort arbeitenden Menschen. Das weckt Wut, die in Widerstand verwandelt werden kann. Der Kampf bei Amazon ist aber auch ein Hinweis darauf, dass nach 25 Jahren deutscher Einheit viele Menschen nicht mehr bereit sind, als ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse behandelt zu werden. Während die Gesamtlage in Ostdeutschland weiter von den in diesem Artikel beschriebenen Folgen der Wiedereinführung des Kapitalismus geprägt ist, gibt es in einigen Großstädten auch andere Entwicklungen. Hier bieten, wenn auch begrenzte, Firmenansiedlungen ein Potenzial, dass sich Selbstbewusstsein und Kampfbereitschaft unter Lohnabhängigen steigern. Bevölkerungswachstum in manchen Großstädten schafft neue soziale Spannungen, zum Beispiel in der Wohnungsfrage, die zu Bewegungen führen können.

 AfD im Osten

Diese Kämpfe sind eine wichtige Hilfe gegen den Einflussgewinn der Alternative für Deutschland. Arbeitskämpfe bilden ein kollektives Bewusstsein und sie zeigen der Arbeiterklasse, dass sie als Klasse handeln, kämpfen und gewinnen kann. Wie auch im Westen, aber doch ausgeprägter,bildet diese Art des Bewusstseins in Ostdeutschland die Ausnahme, vielerorts herrscht Stellvertreterbewusstsein vor. Die Hoffnung darauf, die unhaltbaren Zustände möge irgendeine Autorität klären, Wut und Stellvertreterbewusstsein bilden das Fundament für die Erfolge von Gruppierungen wie der „Alternative für Deutschland“ (AfD).

Sie ist im Moment eine Projektionsfläche für viele enttäuschte Hoffnungen. Widersprüche sind da vorprogrammiert. Gewählt wurde sie oftmals von denen, die objektiv gesehen wohl das geringste Interesse an einer starken AfD haben dürften: Arbeitslosen, Hartz-IV-EmpfängerInnen, Niedriglohnbeschäftigten. In ihrer Wahlwerbung dominierten denn auch Menschen, die sich über ihr geringes Einkommen beschwerten, während AfD-Chef Lucke Lohnverzicht und Senkung von Sozialleistungen forderte. Das marktradikale Programm der AfD; das Wettern des Parteisprechers Konrad Adam, der mal Unterstützungsempfängern und mal psychisch Erkrankten das Wahlrecht entziehen will; ihre Ablehnung des Mindestlohns; ihr ewiges Geschwätz von klein- und mittelständischen Unternehmen und ihr Nationalismus helfen eben nicht den sogenannten „Verlierern der Einheit“.

Dennoch ist der AfD bei den Landtagswahlen im Osten der Durchbruch gelungen. Denn durch ihre Außendarstellung gelang es ihr, sich als so etwas wie eine „Anti-Establishment-Partei“ darzustellen. Und so mobilisierte sie große Zahlen von NichtwählerInnen, die sich vom politischen System entfremdet haben. Und sie brach auch in das Wählerklientel der LINKEN ein. „Denn wer es ‚denen da oben‘ mal zeigen will, für den ist die Ost-Linke längst viel zu zahm“, schreiben am 2.September, kurz nach der sächsischen Landtagswahl, die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ und sprechen damit wahre Worte.

Fünfundzwanzig Jahre Betrug sind genug! Der Kapitalismus hat den Menschen im Osten nicht viel zu bieten. Deshalb ist es falsch ihn nur mitzuverwalten, statt den Kampf dagegen zu organisieren, wie es die Führung der LINKEN im Osten praktiziert. So wird auch sie mehr und mehr als Teil des Establishments wahrgenommen. Wenn sie nicht bald eine radikale Wende vollzieht und die Organisierung und Unterstützung von Gegenwehr und Selbstorganisation der ostdeutschen Lohnabhängigen und Jugendlichen zu ihrer Hauptaufgabe macht, wird sie als Ansatz für eine Partei der arbeitenden Bevölkerung, die sich gegen die Folgen der Wiedereinführung des Kapitalismus vor 25 Jahren wehrt und eine Alternative dazu aufzeigen könnte, scheitern.

Dieser Artikel erschien im Oktober in der Nummer 23 des Magazins sozialismus.info.

Steve Kühne ist Autor mehrerer Bücher und Broschüren zur Geschichte der Arbeiterbewegung und aktiv in der LINKEN. Dorit Wallenburger ist ver.di-Vertrauensfrau in einem Krankenhaus. Beide sind Mitglieder des SAV-Bundesvorstands und leben in Dresden.