Verzicht war gestern

Alexandra ArnsburgBeginn der Tarifrunde bei der Telekom

Viele Beschäftigte im Telekom-Konzern hoffen auf einen frühen Frühling in diesem Jahr, da alle Vorbereitungen auf einen Arbeitskampf hinauslaufen. Zum 31. Januar (Deutsche Telekom AG, Telekom-Deutschland GmbH, T-Service Unternehmen) beziehungsweise zum 31. März (T-Systems und RSS GmbH) sind die Entgelttarifverträge der insgesamt 100.000 Beschäftigten gekündigt.

von Alexandra Arnsburg, Mitglied im verdi-Landesbezirksvorstand Berlin-Brandenburg – die Angabe der Funktion dient lediglich zur Kenntlichmachung der Person

Die von ver.di 2012 durchgeführte Studie „Gute Arbeit“ spricht Bände und seitdem hat sich die Situation durch weitere Reorganisationen, Standortschließungen und Flexibilisierungen noch verschärft – was auch eine Herausforderung für die einzelnen Betriebsgruppen bedeutet, die Gewerkschaft weiter aufzubauen. Bereits im Juni letzten Jahres wurden Verhandlungen zu einem Tarifvertrag „Überlastungsschutz“ aufgenommen. Leider unterblieb es, eine Brücke zur jetzt anstehenden Tarifrunde zu schlagen, was eine große, zusätzlich mobilisierende Wirkung hätte entfalten können.

Arbeitsbelastung

Trotz steigender Arbeitsintensität und wachsender Jobunsicherheit haben die KollegInnen bei der Telekom erreicht, dass das Unternehmen gut da steht (der Konzernumsatz stieg 2013 um sechs Prozent). Mit Internet-Telefonie, Intelligentes Netz oder Vectoring und dem Einsatz neuer Technologien kommen weitere Veränderungen auf die Beschäftigten zu.

Gegen den Sparkurs kontern

Jedoch versucht der Arbeitgeber nicht zuletzt durch die Ankündigung, mindestens 6.000 KollegInnen trotz gesteigerter Profitabilität bei T-Systems zu entlassen, immer wieder, die Beschäftigten zu verunsichern. Am 31. Dezember 2013 endete zudem der Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen. Aber es gilt immer noch: Verzicht schafft keine Arbeitsplätze! Im Gegenteil. Obwohl zehntausende Beschäftigte mehrmals Reallohneinbußen bei jährlichen Umsatzsteigerungen und hohen Dividendenzahlungen hinnehmen mussten, hielt der Arbeitgeber an seinem Sparkurs fest.

Zwar konnte in den letzten Tarifrunden über mehrere Jahre hinweg ein gewisser Ausgleich zu den Kürzungsmaßnahmen der Konzernspitze erreicht werden. Allerdings kam es unterm Strich dennoch zu Reallohnverlusten. Immerhin gelang es in der Tarifrunde 2012, die unterschiedliche Bezahlung in der Ausbildung abzuschaffen und den Druck durch variable Gehaltsbestandteile auf ein Minimum zu reduzieren. Ein weiterer Fortschritt ist die Koordinierung der Laufzeiten der Tarifverträge bei den verschiedenen Telekom-Töchtern, so dass es jetzt möglich ist, Zehntausende gemeinsam zum Streik aufzurufen.

Vor diesem Hintergrund ist es in der nun beginnenden Tarifrunde nötig und möglich, die Forderungen nach 5,5 Prozent bei einer höheren prozentualen Anhebung der unteren Einkommen (65 Euro für Auszubildende und dual Studierende) ohne Abstriche durchzusetzen.

Brückenschlag zu anderen Tarifkonflikten?!

Fast zeitgleich zur Telekom laufen die Tarifrunden im Öffentlichen Dienst mit Bund und Gemeinden und in der Druckindustrie. Im Bankenbereich stehen ab April und in der Eisen- und Stahlindustrie ab Mai Tarifauseinandersetzungen an. Wenn die Gewerkschaftsspitzen hier die Verbindung ziehen und gemeinsam kämpfen sollten, könnte es dieses Jahr nicht nur einen frühen Frühling, sondern einen vorgezogenen heißen Sommer geben, egal bei welchen Temperaturen.