Griechenland: Staat geht gegen „Goldene Morgenröte“ vor

Pavlos Fyssas GraffitiDieser Artikel erschien zuerst am 1. Oktober in englischer Sprache auf socialistworld.net

Zum Mord an Pavlos Fyssas. Der linksgerichtete Rap-Musiker trat konsequent gegen Faschismus und Ungerechtigkeit ein.

von Andros Payiatsos und Alexandros Prantounas, „Xekinima“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland)

Die Regierungskoalition aus konservativer „Nea Demokratia“ (ND) und ehedem sozialdemokratischer PASOK hat sich nach dem kürzlich verübten Mord an dem linksgerichteten Rapper Pavlos Fyssas in Griechenland schließlich dazu durchgerungen, hart gegen die neofaschistische Partei „Goldene Morgenröte“ (GD) vorzugehen. Ein Mitglied von GD, George Roupakias, ist des Mordes an Fyssas angeklagt. Er wurde noch an Ort und Stelle verhaftet und hat bereits gestanden.

Der Mord fand in aller Öffentlichkeit statt und ging von einer Bande von rund 30 Schlägern der GD aus, die Pavlos auf einem zentral gelegenen Platz in Keratsisni, einem Arbeiterviertel vor den Toren von Piräus, angriffen. Nun sitzt die oberste Führung von GD in Haft, darunter ihr Vorsitzender, Nikos Michaloliakos, sowie fünf andere Parlamentsabgeordnete. Ihnen wird vorgeworfen, eine kriminelle Organisation angeführt zu haben.

Roupakias behauptete, auf eigene Faust gehandelt zu haben und dass er kein Mitglied sondern ein Anhänger von GD sei. Das Bild verdeutlichte sich jedoch durch die Veröffentlichung einer Reihe von Fotos, auf denen Roupakias zusammen mit GD-Spitzenpolitkern zu sehen ist, durch seine Teilnahme an Veranstaltungen von GD sowie die Tatsache, dass er auf der Gehaltsliste von GD stand.

Hinzu kommt, dass nach der Tat Telefongespräche zwischen CD-Kadern aufgezeichnet wurden, aus denen hervorgeht, dass der Täter planmäßig gehandelt und dass die oberste Führungsebene von GD die ganze Zeit über in Kenntnis darüber war, was sich wann ereignet hat.

Dieser kaltblütige Mord hat die griechische Gesellschaft wachgerüttelt. GD verübt nicht nur Angriffe auf EinwanderInnen und Linke, sondern tritt auch als mafiöse Struktur in Erscheinung, die etlichen Geschäftsbesitzern „Schutz und Sicherheit“ verkauft, sich gegenüber anderen kriminellen Aktivitäten äußerst nachsichtig zeigt, Waffen besitzt und paramilitärische Trainings für ihre Mitglieder veranstaltet.

Die Enthüllungen begründen eine antifaschistische Bewegung

All diese Enthüllungen rechtfertigen den Ruf nach einer antifaschistischen Bewegung, die schon vor Jahren den wahren Charakter von GD erkannte und von ihren Verbindungen zur Polizei berichtete. Von Regierungskreisen und den Massenmedien sind derlei Forderungen allerdings immer wieder mit äußerster Feindseligkeit abgetan worden. Jetzt, nach dem Mord an Pavlos, sind eine ganze Reihe von führenden Polizeiangehörigen – darunter der Chef des Geheimdienstes – aus ihren Ämtern entfernt worden, weil sie angeblich Verbindungen zur GD unterhalten.

Die Wahrheit ist, dass die Heuchelei der herrschenden Klasse, der Regierung und der Medien ekelerregende Ausmaße erreicht hat. Wenige Tage vor dem Mord an Pavlos haben führenden VertreterInnen der ND noch davon gesprochen, dass eine gemeinsame Regierung von GD und ND durchaus in Betracht gezogen werden müsse!

Die meisten Massenmedien, die von Bankiers, Schiffsreedern und großen Baufirmen kontrolliert werden, haben GD eine komfortable Plattform geboten.

Für jedeN, die/der es wissen wollte, war offenkundig, dass es sich bei GD sowohl um eine neofaschistische Organisation als auch um eine kriminelle Vereinigung handelte. Die herrschende Klasse allerdings blieb auf diesem Auge blind, hoffte, dass man diese Kräfte „in Schach halten“ und sie kontrolliert gegen die Arbeiterklasse und soziale Bewegungen in Stellung bringen könne.

Der Mord an Pavlos hat gezeigt, dass das Monster, das die herrschende Klasse herangezüchtet hat, außer Kontrolle geraten ist. An dem Tag, an dem auch der Mord stattfand, zeigten Meinungsumfragen, dass der GD-Kandidat für die Bürgermeisterwahlen in Athen, die im Mai nächsten Jahres stattfinden werden, auf Platz eins lag.

Der Tod von Pavlos Fyssas war Anlass für massenhafte antifaschistische Demonstrationen. Noch am Tag, an dem Pavlos ermordet wurde, fanden in 35 griechischen Städten Proteste statt. Diese Bewegung hat sich mit Dutzenden von Demonstrationen, die beinahe täglich stattfinden, im ganzen Land fortgesetzt.

Größte antifaschistische Demonstration aller Zeiten

Am Mittwoch, dem 25. September, fand die größte antifaschistische Demonstration statt, die es jemals in Athen gegeben hat. Diese zog auch an der GD-Zentrale vorbei und umfasste nahezu 20.000 TeilnehmerInnen. Das war von großer Bedeutung, da die Massenparteien der Linken, sowohl SYRIZA als auch die KKE („Kommunistische Partei Griechenlands“), es abgelehnt hatten, sich an dieser Demo zu beteiligen.

Die herrschende Klasse scheint die Initiative gegen die Nazis ergriffen zu haben, was einen Teil der Linken verwirrt. Bei den Aktionen des Staates gegen GD handelt es sich zu diesem Zeitpunkt jedoch um eine rein taktische Maßnahme, die drauf abzielt, die extreme Rechte in die Schranken zu weisen, deren abscheuliche Aktionen zu einer massiven antirassistischen Stimmung in der Gesellschaft führen können. Und das könnte wiederum verschmelzen mit Streiks und Protesten gegen die Austerität und die Kürzungen, die von der Arbeiterbewegung durchgeführt werden – eine Gefahr, die das Überleben der Regierung, wenn nicht des ganzen Systems, bedroht.

Es liegt in der Natur der Sache und ist eine Tatsache, dass die herrschende Klasse den Faschismus nicht ausmerzen wird. Die derzeitigen Bedingungen, die durch die kapitalistische Krise sowie die Politik der herrschenden Klasse herbeigeführt wurden und sich durch massenhaftes Elend und Verzweiflung auszeichnen, bieten der extremen Rechten und dem Faschismus weiterhin einen fruchtbaren Boden. Sollte die Regierung die GD tatsächlich verbieten, so wird dies unter einem neuen Namen geschehen.

Deshalb sollten die antifaschistische Bewegung und die Linke keinerlei Illusionen in der Frage haben, wie weit der Staat gegen GD gehen wird. Der kapitalistische Staat kann ganz ähnliche Maßnahmen auch gegen die Linke und die Arbeiterbewegung anwenden. Die Kräfte der Linken, die entschlossen sind, gegen den Faschismus zu kämpfen, müssen die Gelegenheit nutzen, die sich durch die Offenlegung des kriminellen Charakters von GD bietet und in die Offensive gehen.

Antifaschistische Komitees

Die Mitglieder von „Xekinima“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland) haben in Athen und anderen Städten eine wesentliche Rolle dabei gespielt, antifaschistische Komitees zu gründen und diese miteinander zu verbinden. Diese antifaschistischen Komitees müssen Verteidigungseinheiten gegen faschistische Übergriffe aufzustellen. Darüber hinaus müssen diese Komitees politisch bewaffnet werden, um der faschistischen Ideologie entgegentreten und erklären zu können, dass die Verantwortung für Massenarbeitslosigkeit, Armut und Angriffe auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen beim System und nicht bei den EinwanderInnen liegt und dass es notwendig ist, gegen das kapitalistische System zu kämpfen, das die Bedingungen schafft, unter denen der Faschismus zur neuen Gefahr wird. Diese Komitees müssen klarmachen, dass die Alternative darin besteht, für eine alternative sozialistische Gesellschaft einzutreten.