In letzter Zeit kommt das Thema immer wieder in die Schlagzeilen. Zypern wurde in den Medien vor allem als Steueroase für russische Oligarchen dargestellt. Es gab die Berichterstattung über diverse Steuer-CDs, „Offshore-Leaks“ (2,5 Millionen Dokumente, die 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern und 120.000 „Briefkastenfirmen“ betreffen) oder die Selbstanzeige von Uli Hoeneß.
von Wolfram Klein, Stuttgart
Für ein wachsendes Interesse an diesem Thema gibt es gute Gründe. Neoliberalismus und kapitalistische Globalisierung haben dazu geführt, dass der Umfang der Finanzströme weltweit drastisch zugenommen hat. Durch die Durchsetzung der Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union (EU) und darüber hinaus kann Kapital per Mausklick ins Ausland geschafft werden. Es entstand ein Wettlauf der Regierungen um die niedrigsten Steuersätze. Wenn eine Regierung dadurch viel ausländisches Kapital ins Land locken konnte, konnte sie trotz der niedrigen Steuersätze vergleichsweise hohe Steuereinnahmen erzielen (besonders wenn es sich um ein Land mit geringer Bevölkerung handelte).
Aber insgesamt gingen die Steuerzahlungen der Unternehmen zurück. Die Lohn- und Einkommenssteuern der arbeitenden Bevölkerung und die indirekten Steuern (die Menschen mit geringem Einkommen besonders treffen) machen einen immer größeren Teil der Steuerbelastung aus.
All das war politisch gewollt und Teil der Umverteilungspolitik von unten nach oben. Regierungen (ob unter Helmut Kohl, Gerhard Schröder oder Angela Merkel) versteckten sich hinter den von ihnen mit geschaffenen „Sachzwängen“ und gaben ihre Politik zugunsten der Superreichen und Konzerne als alternativlos aus.
Schaumkrone auf der Welle
Nach Schätzung des „Netzwerks für Steuergerechtigkeit“ („Tax Justice Network“) sind 24 Billionen Euro in „Steueroasen“ geparkt, wodurch den Staaten jährlich 148 Milliarden Euro Steuereinnahmen entgehen. Die Deutsche Steuer“gewerkschaft“ beziffert das unversteuerte deutsche Vermögen im Ausland mit 400 Milliarden Euro.
Die Steuerhinterziehung ist dabei nur die illegale Schaumkrone auf der Welle der ganz legalen Steuersparmöglichkeiten. Sie beweist, dass sinkende Steuersätze keineswegs zu Steuerehrlichkeit führen. Der Kapitalismus beruht auf dem Streben nach maximalen Profiten, ob legal oder illegal ist nur eine Frage des damit verbundenen Risikos. Hoeneß warnte einst, die Steuerpläne der LINKEN würden die Reichen veranlassen, ihr Geld in die Schweiz zu bringen. Sein eigenes Beispiel zeigt, dass sie das so oder so versuchen.
Und die Politik hat in den letzten Jahren nicht nur den Reichen die Steuern gesenkt, sondern war auch sehr lax beim Kampf gegen die Steuerhinterziehung. 2011 sah das „Tax Justice Network“ Deutschland auf der Rangliste der „Steueroasen“ immerhin auf Platz neun.
Was fordern?
DIE LINKE tritt in ihrem Wahlprogramm-Entwurf und in anderen Stellungnahmen zum einen für mehr Personal für den Steuervollzug und eine bundesweite Vereinheitlichung, den Aufbau einer Bundesfinanzpolizei, ein. Barbara Höll, Steuerexpertin der LINKEN-Fraktion: „Die Bundesregierung fordert ja ein Steuer-FBI, was an sich nichts anderes ist.“
Daneben fordert DIE LINKE „automatische Meldepflichten für Banken, die Möglichkeit, verdächtige Guthaben einzufrieren, Entzug von Banklizenzen für nichtkooperative Banken und verbesserte Strafverfolgung gegen Steuerhinterziehung und durch Kapitalverkehrskontrollen“. Das ähnelt sehr dem, was die USA gerade mit dem „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA) gegenüber anderen Staaten durchsetzen. Es spricht Bände, dass man dafür kämpfen muss, dass die Kapitalisten ihre eigenen beschissenen Gesetze einhalten.
Aber darüber hinaus müssen wir uns für eine Änderung dieser Gesetze einsetzen. Deshalb ist es richtig, dass DIE LINKE Forderungen wie steuerliche Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen, einmalige Vermögensabgabe und Millionärssteuer, Finanztransaktionssteuer, höhere Erbschafts- und Unternehmenssteuern in den Vordergrund stellt und nicht die unmittelbaren Forderungen gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht, dass sie also die Forderungen gegen die ganze Welle der Umverteilung von unten nach oben betont und nicht nur die gegen die Schaumkrone der Steuerhinterziehung.
Zweitens kann DIE LINKE das Thema nutzen, um zu erklären, dass der Kapitalismus auf Profitmaximierung beruht und Kapitalisten jederzeit bereit sind, zur Steigerung ihrer Profite Gesetze zu brechen, ob das Steuer- oder Umwelt- oder Arbeitsschutzgesetze sind.
Drittens geschahen die Umverteilungspolitik der letzten Jahrzehnte, die Steuergeschenke für die Reichen, die staatliche Begünstigung oder Duldung von Steuerhinterziehung nicht aus Sadismus, sondern weil Profitmaximierung der Motor des Kapitalismus ist und der Kapitalismus immer mehr auf solche Mittel zur Profitmaximierung angewiesen ist. Ernsthafte Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung vermindern die Profite, spitzen also die Widersprüche des Kapitalismus zu. Die Kapitalisten würden darauf ebenso wie auf höhere Steuern mit Kapitalflucht, Investitionsstreik et cetera reagieren. Sie ließen sich nur verwirklichen mittels außerparlamentarischer Massenmobilisierungen und durch die Verknüpfung mit weitergehenden Maßnahmen, die letztlich über den Kapitalismus hinaus führen.
- Für eine 10-prozentige Millionärssteuer
- Weg mit der Mehrwertsteuer
- Einführung eines einfachen Steuersystems von direkten Steuern auf Einkommen, Gewinne, Erbschaften und Vermögen bei starker Progression
- Einführung einer drastischen Steuer auf Finanztransaktionen
- Schließung aller Steuerparadiese und Offshore-Zentren
- Vollständige Offenlegung aller Finanztransaktionen und Betriebsinterna gegenüber der Belegschaft
- Bei Steuer- und Kapitalflucht: Konfiszierung des Vermögens/ Enteignung des Betriebs Überführung in öffentliches Eigentum, demokratisch kontrolliert und verwaltet durch die arbeitende Bevölkerung