Panama: „Nace la esperanza“ – Hoffnung wird geboren

Panama FADZur Geschichte des Imperialismus und des Protests in Panama und zur FAD

von Alexandra Arnsburg, kurzzeitig in Panama-City

Auf meiner Rückreise aus Zentralamerika hatte ich die Möglichkeit Aktivisten der FAD („Breite Front für Demokratie“ -Panamas erste Linkspartei in Gründung) zu treffen und einen Einblick in die politische Lage und ihre Arbeit in Panama zu bekommen und musste feststellen, dass das Urlaubsparadies politisch gesehen alles andere als schön ist.

Korruption und Repression

Die Geschichte Panamas ist voll von Unterdrückung und Repression unter Militärherrschaften und korrupten Präsidenten und der ständigen Präsenz des US-Militärs und den Konflikt um die Hoheitsrechte über den Panamakanal. General Omar Torrijos stürzte 1968 den umstrittenen US-treuen Präsidenten Arnulfo Arias und führte dann bis 1981 eine progressive Militärregierung, deren soziale und auf nationale Souveränität ausgerichtete Politik zeitweilig Massenunterstützung hatte. Zeitweilig symphatistierte er mit der sandinistischen Revolution in Nicaragua (die Frente Sandinista de Liberación Nacional war zu der Zeit als Guerilla-Organisation in Nicaragua tätig). 1981 verschwand Omar Torrijos nach einem mysteriösen Hubschrauberabsturz. Diesen nutzt der damals US-treue General Manuel Noriega zur Machtübernahme für seine rechts-autoritäre Militärjunta. Später brachen die USA mit Noriega und beendete seine Herrschaft mit einer Militärinvasion im Jahre 1989. Im Jahr 2004 gewann Martin Torrijos, unehelicher Sohn von General Omar Torrijos die Wahlen als Kandidat der „sozialdemokratischen“ PRD. Doch am Ende seiner Amtszeit im Jahr 2009 hatte sich keine der Hoffnungen in eine fortschrittliche Politik erfüllt. Der ehemalige Mc-Donalds-Manager Martin Torrijos bleibt seinen Landsleuten als Präsident der Umweltverbrechen, des Ruins des Gesundheitssystems und der Missachtung demokratischer Rechte und der Ermordung von mindestens vier führenden Mitgliedern der Bauarbeitergewerkschaft SUNTRACS in Erinnerung. 2009 gewann der italienisch-stämmige Millionär Ricardo Martinelli, der zum italienischen Ex-Premier Berlusconi enge Beziehungen pflegt, die Mehrheit bei den Präsidentschaftswahlen. Ein erzkonservativer Eigentümer der größten Supermarktkette Panamas schaffte es, die während des Wahlkampfes gegen ihn gerichteten Vorwürfe wegen psychischer Behandlungen im Ausland in eine Kampagne für ihn umzukehren, indem er den Slogan ausgab „Wir Verrückten sind mehr!“ und erklärte, er ist verrückt, weil er etwas für die Armen tun will. 37 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Wie diese Politik aussieht, zeigte sich unter anderem beim Streik der Bananenarbeiter im Norden Panamas im Juli 2010, wo der Ausnahmezustand verhängt wurde und in einem Massaker zwei Arbeiter ermordet und 300 verletzt wurden. Die Proteste richteten sich gegen das „Gesetz 30“, das Gewerkschaften und Tarifverträge in privaten Unternehmen aushebelt und die Notwendigkeit für Umweltstudien de facto abschafft. 2011 wurde dieses Gesetz verabschiedet. Gegen die Proteste der betroffenen indigenen Bevölkerung ging das Regime brutal vor. Ein Journalist wurde verhaftet und mit Ausweisung bedroht. Im Februar 2012 wurde eine Demonstration gegen die Streichung eines Artikels, der den Schutz der natürlichen Ressourcen in einer indigenen Region vorsah, wo jetzt Wasserkraftwerke gebaut werden sollen, gewaltsam aufgelöst und drei Indigene getötet. In der Wasserfrage steht ein neuer Eklat bevor. Jeder fünfte hat seit Jahren keine Gebühren bezahlt, nun sollen tausenden Haushalten das Wasser abgedreht werden.

Panamakonflikt/Rolle der USA

Nachdem französische Firmen an den schwierigen Bedingungen in Panama (damals noch Kolumbien) scheiterten und den Bau des Panamakanals einstellten übernahmen 1902 die USA das Projekt eine strategisch wichtige Verbindung zwischen Pazifik und Atlantik zu schaffen. Da ihnen die Übergabe durch Kolumbien verweigert wurde, setze Roosevelt („Ich glaube nicht, dass man es diesem Haufen Karnickel in Bogotá erlauben sollte, auf Dauer einen der großen künftigen Verkehrswege der Zivilisation zu versperren“) ein Kriegsschiff ein, ließ den zuständigen Milizkommandeur ermorden, den unabhängigen Staat Panama ausrufen, setze eine Regierung ein und erklärte den Hay-Bunau-Varrilla-Vertrag für gültig, der den USA die Hoheitsrechte über das heutige Gebiet und das Recht auf Militärinterventionen in Panama zusicherte. Bis 1914 erfolgte der Bau des Kanals. Nach mehreren Verhandlungen wurde Panama 1921 für unabhängig erklärt. Obwohl Hoheitsrechte für Teile des Kanals nach Massenprotesten mit zahlreichen Todesopfern in den 60er Jahren in den 70ern an Panama übergeben wurden und die vollständige Übergabe für 1999 verabredet wurde, haben die USA immer versucht ihre militärische Präsenz auszubauen. Im Gegenzug für die Übergabe musste Panama sein Militär auflösen. Das ist sicherlich auch der Grund warum bisher noch kein Militär gegen Streikende und DemonstrantInnen eingesetzt wurde. In den 80ern versuchte Präsident Reagan erneut die Kontrolle über den Kanal zu bekommen, getreu seinen Ausspruch von 1976 „Wir haben den Kanal gebaut, wir haben ihn bezahlt, wir werden ihn auch behalten.“ Nachdem er gegen Nicaragua mit dem damaligen Militärpräsidenten Noriega paktierte, fror er 1987 jegliche Unterstützung ein. Im April 1988 unterstellte Präsident Reagan Panama dem International Emergency Econonomic Powers Act, wodurch die panamaische Regierung keine Verfügungsgewalt mehr über ihre Konten hatte. Kanalgebühren wurden zurückgezahlt und allen untersagt, Zahlungen an Panama zu leisten. Zusätzlich schickte US-Präsident Reagan mehr Truppen nach Panama. Millionen US-Dollar flossen in den Wahlkampf gegen Noriega. Nachdem das Noriega-Regime die Wahlen abbrach, wurden tausende Oppositionsanhänger auf den Straßen zusammengeschlagen. Die USA erklärte den Oppositionskandidaten Endara zum Wahlsieger, sammelte massiv Truppen und führte Kontrollen durch, wobei ein Marine-Soldat getötet wurde. Daraufhin begann die USA am 20. Dezember 1989 eine Invasion, als deren Ergebnis Noriega floh und nachdem er sich gestellt hatte in den USA wegen Drogenhandels zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde. Seit 2007 wird der Kanal ausgebaut und erweitert, die Kosten sollen sich auf 8 Milliarden US-Dollar belaufen, was die Hälfte des BIP von Panama wäre. In einem 2009 verfassten Brief an Martinelli erläutert der US-Wissenschaftler und Ingenieur Bert G. Shelton dass das angewandte Verfahren bedenklich ist und nur aus finanziellen Interessen und ohne ausreichende Information der Öffentlichkeit durchgeführt wird. Es berge hohe Risiken wie die Versalzung des Gatun-Sees, den Bau mehrere unnötiger Staubecken und einen unsicheren Damm über einer tektonischen Fraktur, deren Bruch ein ökologisches Desaster auslösen würde. Einige Tage vor dem Referendum über die Erweiterung organisierte die Frenadesco einen großen Protestmarsch. Dort wurde verkündet, dass der geplante Bau weiterer Zugänge zum Kanal nur ein weiterer Vorwand für die Korruption sei, die zu immer größerer Armut auf dem gesamten Kontinent führe. Tatsächlich gaben nur 42 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, was Frenadesco auf die große Unzufriedenheit mit der Regierung zurückführt. Heute, nach den Erfahrungen mit jahrelanger brutaler Repression und Verschlimmerung der Situation für die Armen, herrscht eine explosive Stimmung in Panama.

FAD

Auf einem Kongress der sozialen Bewegungen im Februar 2011 wurde die neue Partei FAD Frente Amplio por la Democracia gegründet um den breiten Protesten eine Stimme unter anderem auch auf parlamentarischer Ebene zu geben. Sie ist in der National Front for the Defense of Economic and Social Rights (FRENADESCO) organisiert. Mit anfangs 50.000 Mitgliedern – zusammen mit der Bauarbeitergewerkschaft SUNTRACS, die maßgeblich am Aufbau der neuen Partei beteiligt ist – war es gut möglich, die für die Legalisierung der Partei notwendigen 62.000 Unterschriften zu sammeln. Das Wahlsystem Panamas ist sehr repressiv. So ist die Legalität einer Partei an Unterstützungsunterschriften (auch zu den Wahlen) und an eine positive Mitgliederentwicklung gebunden. Die Prinzipien, Statut und das Programm der FAD sind linksorientiert. Viele kontroverse Punkte wurden eher wage gehalten. Sie ist pluralistisch, aber so ernsthaft im Aufbau, das traditionelle Politiker, die nur ein linkes Karrieresprungbrett suchen, nicht diese Partei dafür aussuchen würden. Die FAD fordert nicht generell den Kapitalismus zu Fall zu bringen, aber sie hat weitgehende Forderungen wie die Abschaffung der Konzessionen für den Ausbau von Wasserkraftnutzung und Bergbau sowie die Rückgabe von Stränden, Wäldern und Flüssen, die privatisiert wurden. Außerdem fordert sie die Re-Vergesellschaftung der Energieunternehmen und anderer öffentlicher Betriebe, die in den vergangenen Jahrzehnten verkauft wurden. Sie unterstützt den Aufbau von Gewerkschaften und fordert Arbeitsbeschaffungsprogramme und Mindestlohn. 40 Prozent aller Beschäftigten Panamas arbeiten in kleineren Unternehmen wie Taxi- und Busdienste. Für sie wäre ein Mindestlohn ein enormer Fortschritt. Außenpolitisch fordert die FAD, das Freihandelsabkommen mit den USA auszusetzen und dafür neue mit anderen Ländern abzuschließen. Die Pläne für den Panamakanal sollten durch eine neue nachhaltigere Politik ersetzt werden. Die FAD betont stark ihre Zusammenarbeit und Unterstützung der Gewerkschaften wie SUNTRACS, wovon einige Mitglieder im Vorstand der Partei arbeiten. In 120 Regionalbüros sammeln sie täglich neue Mitglieder und Unterschriften unter dem Slogan „Nacer la esperanza“ („Hoffnung wird geboren“). Im Vordergrund stehen – in einem Land wie Panama verständlicherweise – Forderungen nach Demokratie. In einem System basierend auf den Profitinteressen Weniger kann es dauerhaft keine Verbesserungen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung geben. Die Gründung eine neuen Arbeiterpartei ist ein mutiger und richtiger Schritt. Die tägliche Präsenz auf den Strassen ganz Panamas und die aktive Mitgliedergewinnung können über die Wahlen 2014 hinaus ein breites Fundament für eine neue Massenkraft in Panama legen. Ein sozialistisches Programm würde eine Alternative zu dem korrupten und brutalen Politik in Panama zugunsten der weltweiten Großkonzernen mit den USA an der Spitze und weltweit und dauerhaft darstellen.

Die Chancen für die FAD stehen gut, ein beachtliches Ergebnis bei den Wahlen 2014 einzufahren nachdem es in Panama in den letzten Jahren die größten Proteste seit der Geschichte des Landes gab. Jede Stimme wäre ein Zeichen gegen die repressive Politik im Interesse des Kapitals.

Es gibt kaum unabhängige Berichte über das Geschehen in Panama. Der Präsident hat auch die Medien unter Kontrolle. Deshalb ist es für die Aktivisten von hoher Bedeutung wenn mehr AktivistInnen anderer Länder von diese Initiative erfahren und diese unterstützen bzw. im Fall von Repression internationalen Protest organisieren.

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