Bundeskongress 2013: Fit für’s Bundestagswahljahr

Linksjugend BundeskongressLinksjugend [’solid] debattiert über Widerstand, Wahlkampagne und DIE LINKE

von Michael Koschitzki, Berlin

In Magdeburg tagte vom 26. bis 28. April der sechste Bundeskongress von Linksjugend [’solid] mit rund 200 Delegierten und Gästen. Der streckenweise polarisierte Kongress befasste sich vor allem mit den Kampagnen und Themen, die der Jugendverband im Wahljahr setzen will. Der wenig inhaltliche Antrag des BundessprecherInnenrates zum Jugendwahlkampf 2013 wurde gleich am Anfang des Kongresses geändert, um deutlich zu machen, dass es dem Jugendverband nicht um einen „Kreuzchenwahlkampf“ geht, sondern darum „die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse vor allem durch Bewegung außerhalb des Parlaments“ zu verändern. DIE LINKE muss in den Bundestag, „um in der Krise Antworten von Links und dem Widerstand auch eine Stimme im Parlament zu geben.“

Im Jugendwahlkampf will der Verband drei inhaltliche Schwerpunkte setzen. Ein Schwerpunkt zu Krise und Prekarisierung behandelt die Probleme der „Generation Krise“ und stellt dem Niedriglohn und der Verarmung von Jugend ein Programm von Arbeitszeitverkürzung, gerechten Löhnen und Ausbildungsvergütungen, Ausbildungsplätzen usw. gegenüber. Das soll mit den Blockupy und Umfairteilenprotesten verbunden werden.

Schwerpunkt Feminismus

Viele Delegierte machten deutlich, dass sie sich eine stärkere Orientierung auf feministische Themen wünschen. Es gab jedoch unterschiedliche Vorstellungen, wie gegen die Diskriminierung von Frauen zu kämpfen sei. Im Antrag des BSPR wurde Feminismus unter der Überschrift „Männer an den Herd“ eher zum Kampf gegen Männer und Eheprivilegien als zum gesellschaftlichen Kampf für Gleichberechtigung gemacht. In der Diskussion wurden dann Ansätze, welche die soziale Lage der Frauen und den gemeinsamen Kampf dagegen in den Mittelpunkt stellen wollten, gegen Ansätze diskutiert, die Kampf für Gleichberechtiung zu einem Kampf gegen „Heteronormativität“ machen wollten. Der auf der Grundlage eines Bremer Änderungsantrag beschlossene Text stellt eine Verbindung aus beiden Ansätzen dar, es bleibt deshalb noch offen, wie der Schwerpunkt dann genau aussehen soll. Der Bundeskongress unterstützt die Kampagne „Occupy Barbie-Dreamhouse“ in Berlin.

Der dritte Schwerpunkt befasst sich mit der Frage Wohnen. Die Linksjugend [’solid] NRW legte ein detailliert ausgearbeitetes Programm zur Wohnungsfrage vor, das zur inhaltlichen Grundlage des Schwerpunktes wurde. Nachdem lange in einem sehr gut besuchten Workshop um das Programm gerungen wurde, versuchten einzelne Delegierte den Antrag noch zu kippen, weil ihnen beispielsweise die „Verstaatlichung von Baukonzernen“ und das Verkaufsverbot von Bauland, wenn es nicht durch AnwohnerInnen gewollt ist, zu weit ging. Die Mehrheit der Delegierten unterstützte jedoch das Wohnungsprogramm.

Blockupy und weitere Kampagnen

Die Krisen-AG stellte beim Kongress die Proteste gegen die Europäische Zentralbank Ende Mai in Frankfurt am Main vor. Eine bundesweite Broschüre dazu wurde verteilt und die Bedeutung der Aktionstage herausgestellt. Für zahlreiche Gruppen ist das der nächste Protest, zu dem sie mobilisieren. Diskutiert wurde auch über die neue Herausforderung durch die so genannte „Alternative für Deutschland“. Beschlossen wurde ein Änderungsantrag zum Schwerpunkt Antirassismus, der vorsieht, inhaltlich gegen die neue Partei vorzugehen und ihrem nationalistischen Programm unsere sozialen Forderungen entgegen zu stellen.

Obwohl zahlreichen Delegierten die Kampagne „Bundeswehr raus aus den Schulen“ sehr wichtig war, hatten Kritiker der Kampagne in einem undurchsichtigen Antragsverfahren erreicht, dass die Flugblätter und Materialien der Kampagne neu durch den BSPR geprüft werden. Die InitiatorInnen der Kampagne befürchten dadurch Verschlechterungen des Materials. Jedoch soll es auch eine weitere Auflage der CD der Kampagne geben. In einer Kampfabstimmung wurde allerdings beschlossen, den bisherigen Bündnispartner SDAJ nicht mehr auf das Cover zu schreiben, mit dem Argument dass sie nicht genug Geld dafür bezahlen.

Liebknecht Luxemburg Demonstration

Im Vorfeld des Bundeskongress wurde befürchtet, dass die Auseinandersetzung um die LL-Demonstration wichtige inhaltliche Themen überlagern könnte. Das war zum Glück nicht der Fall. Nach einer intensiven Debatte entschied sich die Mehrheit der Delegierten weder die Rosa&Karl Initiative, die eine alternative Gegenveranstaltung zur traditionellen LL-Demo organisiert, noch die LL-Demo zu unterstützen, um sich auf die wesentlichen Themen zu konzentrieren und die Spaltung im Verband nicht voranzutreiben.

Weil Delegierte des antideutschen BAK Shalom schon auf Twitter ankündigten, das zu ignorieren und einfach auf dem Länderrat, Entscheidungen durchzudrücken, hat der Bundeskongress nochmal klar gestellt, dass der Bundesverband in keiner Form eine Unterstützung vornimmt. GegnerInnen der Rosa&Karl Initiative kritisierten dieses Bündnis mit den Jusos, die sich für einen Militärschlag gegen den Iran ausgesprochen haben und für Steinbrück Wahlkampf machen. Sie warfen ihnen Spaltung vor und eine Pervertierung der Ideen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Regierungsbeteiligung mit der SPD

Dass die SPD nicht erst seit Steinbrück kein Bündnispartner der LINKEN ist, sondern als prokapitalistische Partei eine Politik vertritt, die nicht mit der Politik der LINKEN zu vereinen ist, machte ein Antrag aus NRW deutlich. Zahlreiche Bundeskongresse debattierten bereits leidenschaftlich über die Frage der Regierungsbeteiligung der LINKEN. Nachdem eine unklare Haltung an der Frage mit verantwortlich für zahlreiche Wahlniederlagen ist und im Bundestagswahljahr wieder zum Stolperstein werden kann, ist es ein großer Schritt nach vorne, dass der Antrag angenommen wurde, der sich grundsätzlich gegen Regierungsbeteiligung mit SPD und Grünen aussprach. Der Antrag wurde mit 65 zu 52 Stimmen nach einer hitzigen Debatte angenommen.

Linksverschiebung in der Linksjugend?

Die politische Athmosphäre des Bundeskongress war unter anderem durch zahlreiche Geschäftsordnungsanträge und bürokratische Antragsverfahren gestört. Die intensiven Workshopdiskussionen, die mit dem Konzept „BuKo neu denken“ eigentlich stattfinden sollten, wurden von Zeitdruck sehr eingeschränkt. Eine ganze Workshopschiene fiel aus. Jedoch gab es zahlreiche gute Beiträge zu verschiedenen Themen. Eine Mehrheit von Delegierten stimmte durchgehend für kritische Anträge zur Politik der LINKEN, weitgehende Forderungen und antimilitaristische Positionen. Das ist eine Linksverschiebung gegenüber früheren Kongressen. Sie schlug sich jedoch nicht in den Wahlen zum BundessprecherInnenrat nieder zu dem es vergleichsweise wenige Kandidatinnen und Kandidaten gab. Deshalb ist es offen, ob die Beschlüsse des Bundeskongress sich so in der täglichen Politik und in den Kampagnen des Jugendverbands niederschlagen werden. Sie stellen aber eine gute Grundlage für linke kämpferische Politik im nächsten Jahr dar.