Südafrika: Großartige Resonanz auf die „Workers’ and Socialist Party“

Südafrika Besuch
Peter Taaffe besuchte Anfang des Jahres Südafrika

Dieser Artikel erschien zuerst am 21. Februar in englischer Sprache auf socialistworld.net

„Die Tapferkeit der südafrikanischen Bergleute ist nicht käuflich: Wir geben nicht auf!”

von Peter Taaffe, Generalsekretär der „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England & Wales)

„Ich sehe auf meinen elf Monate alten Sohn und mache mir Sorgen um seine Zukunft, wenn ich entlassen werden sollte“, sagte ein Bergmann, der an der historischen Konferenz des „Democratic Socialist Movement“ (DSM; Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Südafrika) teilnahm. Ein anderer Kumpel erklärte trotzig: „Die Tapferkeit der südafrikanischen Bergleute ist nicht käuflich: Wir werden nicht aufgeben!“

Auf der Konferenz, an der Bergleute aus allen südafrikanischen Revieren sowie VertreterInnen der im Kampf befindlichen Kommunen und andere ArbeiterInnen teilnahmen, verpflichteten sich die Beteiligten den Kampf gegen die brutal agierenden Bergbau-Bosse und die skrupellosen Kapitalisten Südafrikas fortzusetzen. Hinter den Konzernchefs steht die korrupte und zunehmend an Ansehen verlierende ANC-Regierung unter Präsident Jacob Zuma, die ihnen bis zum äußersten beisteht.

Die Aufgabe, die sich die KonferenzteilnehmerInnen selbst stellten, lautete, den Machteinfluss weiterzuentwickeln, den die Bergleute im Bündnis mit anderen ArbeiterInnen haben und der sich in den Streikkomitees ausdrückt, dem die „einfachen“ KollegInnen angehören. Das DSM spielt in diesen Streikkomitees, die im vergangenen Jahr darin erfolgreich waren, mit einem einmonatigen Streik die Konzernchefs und ihre Regierung zu paralysieren, eine Schlüsselrolle.

Das heißt auch, dass es um einen Kampf geht, die inhaltlich bankrotten und von Korruption durchzogenen Gewerkschaften durch neue, kämpferische und demokratische Gewerkschaftsstrukturen zu ersetzen. So fand sich die alte Bergbaugewerkschaft „National Union of Mineworkers“ (NUM) plötzlich an der Seite der Bosse wieder und lehnte die legitimen Forderungen der Arbeiterklasse entschieden ab. Über allem steht die Feststellung, dass die Bergleute und die Arbeiterklasse allgemein ihre eigene Partei brauchen, die frei ist von den Fesseln des ANC und ihrer pro-kapitalistischen Politik. Deshalb ist die Gründung der neuen Massenpartei der Arbeiterklasse, der „Workers And Socialist Party“ (WASP), enthusiastisch aufgenommen worden. Einstimmig wurde ein Zeitplan beschlossen, um die nötige Anzahl an Unterschriften zu sammeln, damit die Partei für die im kommenden Jahr stattfindenden Wahlen registriert werden kann. Dasselbe galt für eine ganze Reihe anderer praktischer Aufgaben.

„Umstrukturierungen“ als Strafe für den Streik der Bergleute

Weil sie im vergangenen Jahr zu Zugeständnissen gezwungen worden sind, scheinen die Bergbaukonzerne nun Rache üben zu wollen, indem sie Einschüchterungsversuche unternehmen und ArbeiteraktivistInnen entlassen. Sie greifen auch auf die kapitalistische Rechtsprechung und sich daraus ergebende Haftstrafen gegen Bergleute zurück. Bei der Abschlussveranstaltung der DSM-Konferenz fragte ich einen Bergmann aus Rustenburg, ob er am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen werde. Er antwortete: „Nein, ich werde zum Gericht fahren“. Dann fragte ich, worum es dabei ginge, und er entgegnete gelassen: „Versuchter Mord, schwere Körperverletzung und so weiter.“ Diese Anschuldigungen wurden tags darauf vom Gericht abgewiesen und der Kollege freigesprochen!

Nicht auszudenken, wenn dieser Bergmann im Sinne der Anklage schuldig gesprochen worden wäre! Wir sollten uns auch daran erinnern, dass die ANC-Regierung und ihre mörderischen Polizeikräfte die Bergleute beschuldigt haben, für das berüchtigte Blutbad von Marikana am 16. August 2012 verantwortlich zu sein. Und gegen einige der Beschuldigten ist in der Tat Anklage erhoben worden! Indem sie zum Mittel des Streiks gegriffen und demonstriert haben, indem sie also im „demokratischen“ Südafrika von ihren legitimen Rechten Gebrauch gemacht haben, haben sie ganz offensichtlich die Polizei dazu „provoziert“, allein in Marikana insgesamt 43 Bergleute kaltblütig umzubringen. Viele der Opfer fand man später mit Einschüssen im Rücken. Nach diesem Massaker versuchte der südafrikanische Staat dann Maßnahmen zu ergreifen, die wir aus der Zeit der Apartheid kennen: nicht gegen die Polizei sondern gegen die Bergleute wurden Platzverweise und Verbote verhängt. Man versuchte, den BergarbeiterInnen zu verbieten, untereinander zu diskutieren. Sie wurden unter Strafandrohung gezwungen, direkt von der Mine zurück nach Hause zu gehen, ohne vorher miteinander zu sprechen. Man drohte ihnen mit Entlassung u.ä., sollten sie den diktatorischen Anweisungen der Konzernchefs und ihrer Handlanger nicht Folge leisten. Die Bosse haben auch versucht, die Massenversammlungen verbieten zu lassen und – in einer Mine – 18 neue Bedingungen einzuführen versucht. Das führte jedoch nur dazu, dass die Entschlossenheit der BergarbeiterInnen gestärkt wurde: „Was haben wir zu verlieren? Sie können uns nicht erst eine runterhauen und uns dann sagen, wie wir damit umzugehen haben“, sagte ein Bergmann mit Entschlossenheit während der DSM-Konferenz.

Die ultimative Strafaktion, die der Arbeiterklasse dafür auferlegt wurde, dass sie die beeindruckenden und erfolgreichen Streiks durchgezogen hat, ist die Androhung umfassender Entlassungen. Beim Bergwerksbetreiber „Amplats“, dem Platin-Giganten, sind bereits 14.000 ArbeiterInnen von diesem Schicksal bedroht. In Südafrika gibt es rund 80 Prozent der bisher nachgewiesenen weltweiten Platinvorkommen, und für die Bergbauindustrie des Landes hat Platin als Rohstoff eine große Bedeutung. Es handelt sich hierbei um den größten Exportschlager des Landes. Der größte Arbeitgeber in der Branche beschäftigt zu dessen Förderung und Weiterverarbeitung nahezu 200.000 ArbeiterInnen. Die Weltwirtschaftskrise hat die Nachfrage nach diesem Rohstoff allerdings sinken lassen, und die Arbeitgeberseite nutzt dies, um Angriffe auf die Belegschaften zu fahren. Auch die Goldförderung ist traditionell ein bedeutender Industriezweig. Hier arbeiten immer noch gut 150.000 Beschäftigte.

Fakt ist, dass die südafrikanische Wirtschaft auf diesen zwei Säulen der Bergbauindustrie und damit auf der beschwerlichen und gefährlichen Arbeit der Bergleute basiert. Hinzu kommt noch die Landwirtschaft. Die DSM-Konferenz beleuchtete, wie der Kampf der Bergleute den Anlass gab für den Aufstand (und nichts anderes war es) der Beschäftigten in der Landwirtschaft. An vorderster Front standen dabei die LandarbeiterInnen in der Provinz Western Cape. Die Farmer, die von den zuständigen Gewerkschaften als rachsüchtig und arrogant beschrieben werden, haben in der Zeit nach der Apartheid von einer Verzehnfachung der Erträge profitiert märchenhafte Profitmargen eingefahren, während die Löhne und Arbeitsbedingungen gesunken sind bzw. sich verschlechtert haben. ArbeiterInnen, die zu streiken wagten, wurden gleich „haufenweise“ entlassen. Zuvor schon waren mehr als eine Million LandarbeiterInnen aus ihren eigenen Unterkünften geräumt worden: „Auf dem Land, auf dem sie geboren wurden, bleiben sie Sklaven“. [„The Guardian“, 25. Januar 2013.] Die Arbeitgeber greifen traditionell auf Arbeitskräfte zurück, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, um sie als Streikbrecher einzusetzen. In diesem Fall haben die streikenden ArbeiterInnen aber gezeigt, dass sie viel entschlossener sind als sonst, was die Großgrundbesitzer Ernteausfälle im Wert von schätzungsweise 300 Millionen südafrikanischen Rand gekostet hat. Die Gewerkschaften haben zu einem weltweiten Boykott südafrikanischer Weine aufgerufen.

Führende Rolle des DSM

Delegierte, die aus der Provinz Western Cape zur DSM-Konferenz gekommen waren, berichteten, dass sie – als sie die Streik-Regionen besuchten – enthusiastisch begrüßt wurden. Die Leute schrien ihnen entgegen: „Wir haben auf euch gewartet!“. Die streikenden LandarbeiterInnen hatten gesehen, welche Rolle das DSM beim erfolgreichen Streik der BergarbeiterInnen gespielt hat. Demgegenüber war die Gewerkschaftsführung bei weitem nicht so erfreut über den Besuch der AktivistInnen vom DSM!

Die Reaktionen anderer ArbeiterInnen wie auch der Bergleute selbst straft die Behauptung der NUM-Führung Lügen, wonach hinter dem Streik eine „dritte Kraft“ gestanden hätte, um die KollegInnen anzustacheln. „Hinter dem Ausstand hat jemand gestanden“. [NUM-Präsident Senzeni Zokwana in „The Citizen“, 8. Februar].

Aber bis zu dem Zeitpunkt, da Streikbrecher eingesetzt wurden, und die NUM-Führung dies schändlicher Weise auch noch unterstützte, gab es keine „dritte Kraft“.

Das DSM hat der absolut nachvollziehbaren Wut und der Revolte der Bergleute den angemessenen Ausdruck verliehen. Schließlich warteten die Kumpel förmlich darauf, dass eine Führung auftauchen würde, die in der Lage war, ihre Forderungen zu artikulieren. Dies betraf sowohl die sich auf betrieblicher Ebene abspielenden heftigen Auseinandersetzungen und Kämpfe als auch das unter den Bergleuten und anderen ArbeiterInnen immer stärker um sich greifende Gefühl, man bräuchte eine neue Massenpartei der Arbeiterklasse, was schließlich in der Gründung der WASP seinen Ausdruck fand.

Die Bergbaubosse wollen nun die mutigen KämpferInnen durch die eigenen Büttel ausgetauscht wissen. In den letzten Tagen hat das zu bitteren Zusammenstößen geführt, wobei bei „Amplats“ ein Bergmann getötet und weitere verletzt wurden. Die NUM stand dabei erneut auf der Seite der Arbeitgeber. Das führt nur dazu, dass der NUM immer mehr Hassgefühle entgegengebracht werden. Als Organisation hat die NUM jeden Rest von Ansehen verloren, was auch auf den Gewerkschaftsdachverband COSATU zutrifft, der weiterhin vorgibt, die Bergleute zu vertreten. Den BergarbeiterInnen ist die Hutschnur gerissen, weil sie aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen, die man ihnen zumutet, so wütend sind. Ein wesentlicher Punkt dabei war aber auch, dass ihre eigenen Organisationen dabei auf der anderen Seite standen.

Seit dem Zusammenbruch des Apartheid-Regimes hat keine derartige Streikwelle und sozialen Erhebungen mehr gegeben. Das geht so weit, dass Südafrika mittlerweile die höchste Anzahl an Arbeitskämpfen verzeichnet und den Rekord an gewaltsamen Streiks weltweit hält. Das, was Friedrich Engels Zwang und Unterdrückung durch den Staat nannte und was in Südafrika in „bewaffneten Einheiten mit materieller Ausrüstung“ in den Straßen sichtbar wird, wird die Massen nicht in Zaum halten.

Den derzeitigen Aufständen werden zwangsläufig Eruptionen folgen, die Revolution zu nennen wohl der bessere Begriff ist. Moeletsi Mbeki, Bruder der ehemaligen Präsidenten Thabo Mbeki und nun Wirtschaftspolitiker, hat vorhergesagt, dass Südafrika bis zum Jahr 2020 einen „tunesischen Tag“ erleben wird! Seine Analyse ist korrekt. Nur das Datum kann vor dem von ihm prophezeiten Termin liegen. Alle Zutaten, die es braucht, sind gegeben, und Südafrika ist durchaus prädestiniert, die Revolutionen im Nahen Osten und in Nordafrika nachzuahmen.

Anhaltende Kämpfe und Aufstände prägen die Situation

Der südafrikanische Kapitalismus hat sich historisch so weit entwickelt, dass er die stärkste Volkswirtschaft des ganzen afrikanischen Kontinents hervorgebracht hat. Das hat auch zur Entstehung einer mächtigen Arbeiterklasse geführt. Doch bis heute sind die Früchte der Arbeit nie an diese Arbeiterklasse weitergeleitet worden. Die tägliche Wirklichkeit Südafrikas ist die der ständigen Aufstände. Der Streik der Bergleute ist nur der jüngste, wenn auch bedeutsamste und stärkste Ausdruck dieses Prozesses. Viele andere Teile der Arbeiterklasse, nicht nur die BergarbeiterInnen, sondern auch die AutobauerInnen, das Pflegepersonal, die LehrerInnen haben zum Mittel des Streiks gegriffen oder angekündigt dies zu tun.

Ironischer Weise ist immer wieder auch in Polizeiuntersuchungen die Rede von Zuständen in den Townships, die fast ununterbrochen kurz vor dem Aufstand stehen. Es zeigt sich darin, dass schätzungsweise drei Millionen Menschen an Protesten gegen mangelhafte öffentliche Daseinsvorsorge beteiligt waren, was aus einer Antwort der Polizei für die Jahre 2008/-09 hervorgeht. Demnach haben fünf Prozent der Gesamtbevölkerung die Polizei in physische Auseinandersetzungen gezwungen, in den Genuss einer grundlegenden Versorgung kommen zu können. Jedes Jahr sterben rund 100 PolizistInnen, üblicherweise infolge von kriminellen Handlungen, die definitiv auf gesellschaftliche Ursachen zurückzuführen sind. Bis zum Blutbad von Marikana wurden im vergangenen Jahr 57 PolizistInnen getötet. Diese Zahlen lassen die ArbeiterInnen und BürgerInnen außer Acht, die umgekehrt von der Polizei getötet wurden. Als Symbol dafür steht das o.g. Massaker von Marikana.

Und die Wut ist seither nicht abgeebbt, sondern sie hat sich weiter zugespitzt. In der Tat spiegelt sich die tief verwurzelte Gewalt, die für Südafrika charakteristisch ist, im Tod der Freundin des bekannten Paralympioniken Oscar Pistorius wider: Privilegierte Hellhäutige, aber auch immer mehr Leute aus der reichsten dunkelhäutigen Elite, schützen sich vor der Wut, die daraus resultiert, in abgeschotteten Wohngebieten, in denen man bis an die Zähne bewaffnet ist. Fast an jedem Haus in einem Wohnviertel von Hellhäutigen, das wir gesehen haben, hängt ein Schild, auf dem vor „bewaffneter Abwehr“ gewarnt wird, sollte man einzubrechen versuchen. Das ist der indirekte Ausdruck der katastrophalen sozialen Situation: „Südafrika ist die Gesellschaft auf dem Planeten mit dem höchsten Grad an Ungleichheit“.

Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei über 50 Prozent und hat damit Ausmaße wie in Griechenland und Spanien. Im Durchschnitt hängen von einem Mindestlohn-Beschäftigten acht weitere Personen ab. 50 Prozent aller ArbeiterInnen verdienen weniger als 3.000 südafrikanische Rand monatlich (~ 350 US-Dollar): „Viele dieser Arbeiter sind die einzigen Erwerbstätigen im Haushalt“. [Jay Naidoo in: „Financial Times“, 27. August 2012] 15 Millionen SüdafrikanerInnen sterben nur deshalb nicht an Hunger und Unterernährung, weil sie monatliche Sozialleistungen erhalten. Die Bergleute leben nicht in den begrünten Vororten, in denen sich die dunkelhäutige Elite komfortabel neben der hellhäutigen Elite eingerichtet hat. Sie bewohnen vielmehr die Townships in den Elendsvierteln, haben keinen Zugang zu grundlegenden Versorgungsgütern – manchmal noch nicht einmal Strom – und leben in heruntergekommenen Behausungen, die als Unterkünfte dienen.

Auf der anderen Seite leben die Herren des ANC in einer Welt, die nichts mit der Lebenswirklichkeit der Massen zu tun hat. Präsident Zuma selbst lebt auf eingezäuntem Gelände in einem Palast, der vor kurzem erst für 18 Millionen brit. Pfund ausgebaut wurde. Dieses Geld stammt von reichen südafrikanischen Geschäftsleuten, die Berichten zufolge seinen verschwenderischen Lebenswandel verdeckt finanzieren.

Er ist so weit weg von den BergarbeiterInnen und den verarmten Massen, dass er – als er den Ort des Blutbads in Marikana besuchte – noch nicht einmal die Minen oder gar die Unterkünfte der Bergleute aufsuchte. Es ist kaum zu glauben, aber während seines Aufenthaltes dort versuchte er das Massaker tatsächlich auch noch zu rechtfertigen, indem er meinte: „Wie viele weitere Opfer hätte es gegeben, wenn die Polizei diese Leute nicht entwaffnet hätte?“. Mit „diesen Leuten“ waren die streikenden BergarbeiterInnen gemeint, die von der Polizei eines Herrn Zuma wie räudige Hunde erschossen worden sind. Zuma reagierte darauf mit der Einsetzung eines juristischen Untersuchungsausschusses: „Das hätte es zu Zeiten der Apartheid nicht gegeben. Das ist das Wunderbare an der Demokratie, weil es nicht bedeutet, dass es – wenn man in einer Demokratie lebt – nicht auch solche unglücklichen Vorkommnisse gibt“. [„Guardian“, 14. Dezember 2012] Ein „Massaker“ ist also nur ein „unglückliches Vorkommnis“. „Demokratie“ kann man nicht essen, und demokratische Rechte – vor allem das Streikrecht und das Wahlrecht – sind die Waffen der Arbeiterklasse, um für ein besseres Leben zu kämpfen. Im gescheiterten südafrikanischen Kapitalismus wird ihnen hingegen mit Repression begegnet, wenn sie von diesen Rechten Gebrauch machen.

Chance der WASP, für die ArbeiterInnen zur Alternative zum kapitalistischen ANC zu werden

Der Marxismus hat solche Entwicklungen schon lange vorhergesagt. Im Jahr 1994, als der ANC am Anfang seiner Herrschaft stand, haben wir geschrieben: „Wie lange wird es dauern, bis eine ANC-Regierung Polizei und Militäreinheiten gegen streikende ArbeiterInnen oder aufbegehrende BewohnerInnen der afrikanischen Townships einsetzt? […] Der ANC hat eine Mehrheit, wird aber unter unerbittlichen, konträren und gegen die Klasse gerichteten Druck geraten.“ [„South Africa: From slavery to the smashing of apartheid“, 1994] Manchmal dauert es zwar Jahrzehnte, bis marxistische Perspektiven Realität werden, aber Realität sind sie doch geworden!

Die Kluft zwischen den aufständischen Massen Südafrikas und ihren Herrschern hat Ausmaße angenommen wie der Grand Canyon. Es ist unmöglich, die Kräfte der gesellschaftlichen Klassen bestimmen zu können, die sich in dieser explosiven Situation gegenüber stehen. Sowohl der ANC als auch das kapitalistische Establishment, das dieser heute repräsentiert, aber auch die sogenannte „Kommunistische“ Partei Südafrikas (SACP) und die korrupten Gewerkschaftsführungen sind von den Massen Südafrikas bereits zurückgewiesen worden. Einen neue Massenpartei der ArbeiterInnen, die WASP, ist nicht nur eine Idee. In Südafrika wird sie in diesen Tagen Realität.

Die Kapitalisten haben schon lange erkannt, dass der ANC an Ansehen verloren hat. Und weil sie Angst haben, dass ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen wird, sich die Stimmung nach links entwickelt und dass das politische Vakuum von einer Partei wie der WASP gefüllt werden könnte, drängte das Wirtschaftsmagazin „The Economist“ jüngst erst darauf, eine neue „liberale“ Partei ins Leben zu rufen. Das – so meinen sie – könnte die Entwicklung aufhalten und eine neue, kämpferische, sozialistische Partei der Massen verhindern.

Als Reaktion auf diesen Aufruf hat eine ehemalige Anti-Apartheid-Aktivistin und „Schwester im Geiste“ des vom Apartheid-Regime ermordeten Steve Biko, Dr. Mamphela Ramphele, eine „Plattform“ gegründet, aus der – so hoffen sie und die Kapitalisten – eine solche Partei heraus entstehen kann. Sie war Direktorin bei der Weltbank und bis vor kurzem Sprecherin des Bergbaukonzerns „Goldfields“. Diese Partei mit dem Namen „Agang“ (dt.: „Baut Südafrika auf!“) hat bislang keine eindeutige politische Richtung.

Die Tageszeitung „The Financial Times“ geht ganz klar davon aus, dass die Rolle dieser neuen Partei in erster Linie darin besteht, den ANC nach den Wahlen 2014 in eine Koalitionsregierung mit „Agang“ und anderen Kräften zu zwingen: „Der Preis wäre, dass man den ANC unter 50 Prozent drücken müsste, weil er ansonsten allein regieren könnte“.

Die Arbeiterklasse braucht eine klare, unabhängige, politische Alternative, die auf Klassen-Basis agiert. Eine weitere pro-kapitalistische Partei ist überflüssig. Während nicht ausgeschlossen werden kann, dass „Agang“ für abtrünnige ANC-Mitglieder zur vorübergehenden politischen Heimat wird, so wird diese Formation unter den Massen auf keine große Resonanz stoßen. Die gesellschaftliche Lage und die neuerlich erstarkende Arbeiterbewegung sorgen nicht für den fruchtbaren Boden, auf dem eine derartige Partei gedeihen und sich entwickeln könnte.

Genauso wenig wird der ANC in der Lage sein, sein Image wieder aufzupolieren. Auch wenn Zuma abtreten oder abgesetzt und durch jemanden wie Cyril Ramaphosa ersetzt würde, wird der Laden nicht mehr als Partei der Massen betrachtet. Ramaphosa bot übrigens gerade erst 1,4 Million brit. Pfund für den Kauf eines preisgekrönten Büffels. Die Tage des ANC sind gezählt. Trotz der Behauptungen von Zuma, dass die Organisation noch hundert Jahre existieren wird, wird es im ANC genauso zu Spaltungen und Spannungen kommen wie im COSATU. Die besten und entschlossensten KämpferInnen der südafrikanischen Arbeiterklasse werden den Weg in die WASP finden. Die Idee von einer neuen Massenpartei der ArbeiterInnen existiert in Südafrika fast schon seit Beginn der ANC-Regierung. So forderte beispielsweise die Metallarbeitergewerkschaft NUMSA schon 1993 eine Massenpartei der ArbeiterInnen. Das war noch vor der Machtübernahme durch den ANC! Diesem Ansatz blieb man weiterhin treu und jetzt ist seine Zeit gekommen. Die Zukunft hängt nicht vom ANC ab, der enorm an Ansehen verloren hat. Auch seine Bündnispartner, die mit dem ANC gemeinsam die alte Ordnung stützen, werden keine Rolle spielen. Die Zukunft hängt von einer Partei ab, die für die wirkliche sozialistische Befreiung steht. Und das tut die WASP.

Homepage der WASP: www.workerssocialistparty.co.za