Das Leid der Frauen in Sri Lanka

dec23_2011_usp1Dieser Artikel erschien zuerst am 8. März in englischer Sprache auf socialistworld.net

Die Arbeiterbewegung muss ihre Belange mit aufgreifen

von Srinath Perera, „United Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Sri Lanka)

Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt, dass Frauen zu den am meisten unterdrückten und ausgebeuteten Menschen in der Gesellschaft Sri Lankas gehören. Sie schultern den Großteil des wirtschaftlichen Lebens, erhalten für den von ihnen geleisteten Beitrag aber herzlich wenig. Die für die Wirtschaft Sri Lankas drei wichtigsten Wirtschaftszweige liegen im Wortsinn in den Händen der Frauen. In der traditionellen Teeproduktion, den Textilfabriken und unter den ausländischen Arbeitskräften (z.B. unter denen, die in Ländern des Nahen Ostens und einigen anderen asiatischen Ländern wie Singapur oder Hong Kong arbeiten) stellen sie die meisten Beschäftigten.

Bei den Plantagen-ArbeiterInnen handelt es sich in erster Linie um TamilInnen indischer Abstammung, die seit der Zeit des britischen Imperialismus zu den am meisten ausgebeuteten Gruppen der ganzen Gemeinschaft zählen. Die meisten der heutigen TeepflückerInnen sind Frauen, die zu den am schlechtesten bezahlten ArbeiterInnen des Landes gehören. Ihr tägliches Grundeinkommen liegt bei nur drei US-Dollar. Wenn sie 25 Tage im Monat arbeiten, dann können sie einen Dollar mehr verdienen. Das reicht nicht, um eine Familie eine Woche lang ernähren zu können, ganz zu schweigen von einem ganzen Monat. Das ist die Hauptgrund für die Unterernährung, von der vor allem Kinder unter fünf Jahren betroffen sind, die die aus Familien kommen, welche in der Teeproduktion arbeiten.

Die Textilbranche, die in den größeren Ortschaften seit Ende der 1970er aufzublühen begann, wurde für junge Frauen zu einem bevorzugten Arbeitsfeld und das Einkommen, das sie nach Hause schickten, leistete einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Lebensstandards der Haushalte in den ländlichen Regionen. Das verschaffte den jungen Frauen auch eine gewisse Form von Freiheit, die sie bis dato nicht kannten. Weil die Lage sich jetzt aber wegen der Wirtschaftskrise in den USA und Europa sowie aufgrund der Rücknahme der „GSP+“-Zollvergünstigungen durch die EU verändert hat, wurden eine Reihe von Fabriken geschlossen.

Mitglieder der United Socialist Party bei einer 1. Mai Demonstration
Mitglieder der United Socialist Party bei einer 1. Mai Demonstration

In den noch produzierenden Fabriken versuchen die Geschäftsführungen wesentlich schlechtere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Dabei handeln sie u.a. auch bestehenden arbeitsrechtlichen Regelungen, die in Sri Lanka gelten, zuwider. Die Löhne der betroffenen ArbeiterInnen sind seit sechs bis sieben Jahren nicht mehr angepasst worden. Selbst unter äußerst schwierigen Umständen haben sich die ArbeiterInnen an geradezu heldenhaften Kämpfen beteiligt und einige Schlachten für sich entscheiden können. Diese werden zweifellos in die Geschichte der Arbeiterklasse eingehen.

Die Frauen aus Sri Lanka, die im Nahen Osten und in Asien hauptsächlich als Hausangestellte arbeiten, zählen ebenfalls zu den arg gebeutelten Beschäftigtengruppen. 48,7 Prozent der Devisen, die ins Land kommen, stammen aus den Überweisungen der ArbeiterInnen aus Sri Lanka, die im Ausland arbeiten. Und junge Frauen machen einen Großteil dieser Beschäftigten aus. Diese sind aber konfrontiert mit zahlreichen Beschwerlichkeiten: Sie sind Opfer sexueller Übergriffe, von physischer Gewalt und Zwangsarbeit, die ihnen von ihren Arbeitgebern oder den Arbeitsvermittlern abverlangt wird. Rizana Nafik ging mit 17 Jahren von Sri Lanka zum Arbeiten nach Saudi Arabien. Sie war minderjährig, als sie für den Tod eines Babies verantwortlich gemacht wurde, das sie zu betreuen hatte. Im Januar wurde sie mit dem Fallbeil hingerichtet. Dieses Beispiel ist sicherlich das krasseste. Aber es gibt eine ganze Reihe an Gefahren, denen weibliche Arbeiter im Nahen Osten ausgesetzt sind.

In Sri Lanka kommt es vermehrt zu kriminellen Übergriffen gegen Frauen. Die Zeitungen sind voll von Berichten über gewalttätige Attacken gegen Frauen und andere Formen der Kriminalität gegen sie. Allein in einer ländlichen Region im Distrikt Ratnapura sind in den letzten vier Jahren 17 Frauen umgebracht worden. Obwohl ein neues Gesetz gegen häusliche Gewalt in Kraft getreten ist, ist es im Land üblich, dass es genau dazu kommt. Und die Öffentlichkeit hat dies offenbar als „normal“ akzeptiert.

Sri Lanka ist das Land, in dem als erstes eine Frau das Amt des Premierministers übernahm. Dasselbe gilt für das Amt der/des ReierungschefIn. Und dennoch schreit die die Lage der Frauen im Land zum Himmel. Die NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen), die bisher die Frauenbewegung im Land angeführt haben, haben es nicht vermocht, die Situation zu verändern. Die linke Bewegung und die Gewerkschaften müssen diese Aufgabe umgehend übernehmen.