Der SYRIZA-Kongress im Dezember 2012

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Foto: syriza.gr

Dieser Artikel ist Teil einer dreiteiligen Artikelserie zu Syriza und der Initiative der Eintausend.

Einerseits waren über 3.000 Delegierte aus ganz Griechenland und aus dem Ausland gekommen, die Hunderte Gruppen von SYRIZA vertreten. Darunter viele KämpferInnen, die in den letzten Jahren in der ersten Reihe des Kampfes standen und die sich austauschen wollten. Menschen, die an der Umwandlung von SYRIZA von einem Bündnis linker Parteien und Organisationen in eine einheitliche Partei mitwirken und sein Programm und seine Positionen entwickeln wollten.

Von Kyriakos Chalaris

Andererseits war der Ablauf des Kongresses problematisch, weil die wichtigen politischen Diskussionen an den Rand gedrängt wurden und die Versammlung in einen Kampf von Apparaten verwandelt wurde.

Das Verfahren

Die Probleme begannen schon im Vorfeld des Kongresses. In den Basisorganisationen wurde nicht ausreichend über die Beschlussvorlagen diskutiert, weil nicht ausreichend Zeit vorhanden war, da die Texte sehr spät verschickt worden waren.

Auf der Konferenz selber gab es für die etwa 3.000 Delegierten ebenfalls zu wenig Zeit, die entscheidenden Fragen ausführlich zu diskutieren. Es stand nur einer der drei Tage für politische Positionsbestimmungen zur Verfügung. Letztlich konnten von den Delegierten nur circa 150 reden.

Der Kongressablauf berührte in manchen Situationen die Grenzen des undemokratischen Funktionierens. Der Text der Gründungsproklamation wurde Stück für Stück abgestimmt, wobei die meisten Delegierten nicht mitbekamen, was wie abgestimmt wurde. Und eine weitere wichtige politische Erklärung wurde nur verlesen und sofort zur Abstimmung gestellt.

Die politische Diskussion

Obwohl wenig Raum für grundlegende politische Diskussionen war, brachte die „Linke Strömung“ des „Synaspismos“ (größte Mitgliedspartei innerhalb von SYRIZA) eine wichtige Beschlussvorlage zur Frage der Schulden und des Euros ein, die die Forderung zur Zahlungsverweigerung beinhaltete. Dieser Antrag wurde nur mit sehr knapper Mehrheit von 55 Prozent abgelehnt, was bedeutsam ist.

Der Kampf der Listen und der Angriff auf die „Linke Strömung“

Zwei Listen kandidierten bei den Wahlen zum Zentralkomitee von SYRIZA: Die „Vereinigte Liste“ und die „Linke Plattform“. Letztere wurde unterstützt von der „Linken Strömung“ des Synaspismos und verschiedenen anderen linken Gruppierungen einschließlich der Mitglieder von „Xekinima“ und von nicht in irgendeiner Komponente organisierten KämpferInnen. Es wurde intensiv diskutiert, ob eine Listenwahl überhaupt sinnvoll ist und aus der Führung von SYRIZA wurde die „Linke Strömung“ deswegen mit Spaltungsvorwürfen angegriffen.

Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Listen und Gruppenbildungen sind in SYRIZA unvermeidlich, da es sich um einen Organismus handelt, der sehr verschiedene Kräfte sammelt, die unterschiedliche politische Konzepte vertreten und diese in ihren eigenen Zusammenkünften diskutieren. Und alle Gruppen hatten ihre eigenen (inoffiziellen) Listen und Vorzugsstimmempfehlungen. Die Tatsache, dass die meisten dieser Gruppen sich in der „Vereinigten Liste“ zusammen geschlossen haben (die politisch gar nicht so einheitlich war), bedeutet nicht, dass es sie nicht gibt.

Die „Linke Strömung“ und die „Linke Plattform“ vertreten zu wesentlichen Fragen, die früher oder später auch die Zukunft von SYRIZA entscheiden werden, andere Positionen als die Führung: Die Frage der Schulden und die des Euro. Die Frage der Schulden ist dabei die bedeutendere. Wenn sich eine Regierung der Linken nicht weigert, die Schulden zu bezahlen, ist sie verpflichtet, mit den Kreditgebern Kompromisse zu schließen. Und dann sind es die Kreditgeber, das heißt die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfond (IWF), die ihre Bedingungen diktieren werden. Etwas Ähnliches gilt auch für die Frage des Euro. Auf eine Regierung der Linken wird Druck ausgeübt werden und sie wird erpresst werden, ihr Programm aufzugeben. Und sie muss bereit sein, diesen Erpressungen entgegenzutreten. Es muss klar sein, dass eine Regierung der Linken ein radikales Programm umsetzen muss, das die Memoranden (d.h. die Spardiktate, Anm. d. Übers.) abschafft – unabhängig davon, ob die Erpressung zum Ausscheiden aus dem Euro führt.

Diese Diskussion ist wichtig, insbesondere, weil Funktionäre der Führungsgruppe wie Jannis Balafas öffentlich erklärt haben, dass „wir keine einseitigen Handlungen tun werden (…), die Schulden erkennen wir an…“

Der Text der beschlossenen Erklärung enthält Widersprüche und Unklarheiten, aber auch radikale Positionen. Doch diese radikalen Positionen werden tagtäglich aufgehoben durch die öffentlichen Positionierungen sowohl von Alexis Tsipras, dem Vorsitzenden von SYRIZA, und anderen führenden Funktionären.

Zusammenarbeit aller Linken in SYRIZA nötig

Deshalb muss allen Ebenen, in jeder Orts- oder Branchenversammlung und auf der griechenlandweiten Konferenz darum gekämpft werden, dass SYRIZA keine Positionen annimmt, die zur Integration in das System und zum Zurückweichen vor dem Druck der Troika, der Kreditgeber und der herrschenden Klasse führen werden.

Die „Linke Plattform“ hat, auch wenn sie Schwächen hat, diesen Kampf geführt. Und sie genießt einen bedeutende Unterstützung, indem sie bei den Vorstandwahlen 26 Prozent der Stimmen erhielt, gegenüber 74 Prozent der „Vereinigten Liste“. Wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass der Änderungsantrag, den die „Linke Plattform“ zur Position der Verweigerung der Schuldenzahlung einbrachte, beinahe 45 Prozent der Delegierten gewann.

Die „Vereinigte Liste“ repräsentiert jedoch nicht den „rechten“ Flügel von SYRIZA. Sie ist eine Liste, die Leute aus allen politischen Richtungen in SYRIZA umfasst. In ihren Reihen gibt es Mitglieder mit klar linken Positionen, jedoch auch Leute, die dem entgegengesetzten Flügel angehören.

„Xekinima“ unterstützt die Zusammenarbeit aller Linken in SYRIZA, damit man den Gefahren, die die politische Linie der Mehrheit in sich birgt, entgegentreten kann. In einem gewissen Grade hat die Schwäche der Linken in SYRIZA, sich einheitlich auszudrücken, auch zu tun mit Schwächen der „Linken Strömung“, der es nicht gelang, rechtzeitig eine Verständigung und Annäherung der gesamten Linken in SYRIZA zu finden. Man muss versuchen, dieses in der kommenden Periode zu korrigieren.

Kyriakos Chalaris ist Mitglied der Leitung von Xekinima. Dieser Artikel ist eine bearbeitete und gekürzte Fassung eines Textes, der zuerst auf der Webseite von „Xekinima“ am 4.12.2012 erschien. Er würde übersetzt von Hubert Schönthaler aus Köln.