Thyssen-Krupp: Luxusleben von Spitzengewerkschaftern

Willi Brase mit Frank-Walter Steinmeier und Wolfgang Otto, Betriebsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp im Siegerland, Foto: http://www.flickr.com/photos/willibrase/ CC BY-NC-SA
Willi Brase mit Frank-Walter Steinmeier und Wolfgang Otto, Betriebsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp im Siegerland, Foto: http://www.flickr.com/photos/willibrase/ CC BY-NC-SA

Läuft wie geschmiert

Der Ruhrgebietskonzern macht derzeit viele Schlagzeilen. Nach Milliardenverlusten und drohender Arbeitsplatzvernichtung kamen nun Methoden zu Tage, welche die Arbeitnehmervertreter in schlechtem Licht erscheinen lassen. Das „Handelsblatt“ berichtet von etlichen Reisen, die von Mitgliedern des Aufsichtsrates unternommen wurden.

von Torsten Sting, Rostock

Dass Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre auf Firmenkosten nach Brasilien oder Asien fliegen, ist als solches nicht verwerflich. Im Gegenteil: dient dies dazu, die Brücke zu den KollegInnen der dortigen Betriebe zu schlagen und sie in ihrem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen konkret zu unterstützen, ist es natürlich richtig. Wird dies jedoch dazu genutzt, in der „First Class“ zu fliegen (die mehrere Tausend EURO kostet) und die Annehmlichkeiten am Zuckerhut zu genießen oder die Formel 1 in Shanghai zu besuchen, ist es offenkundig, dass ganz legal bestochen wird. Diese Privilegien stehen im Zusammenhang mit Gehältern und Lebensumständen (Dienstwagen, Aufenthalt in Nobelhotels etc) die eher jenen der Bosse, denn dem Standard der KollegInnen im Betrieb bzw. der Gewerkschaftsmitglieder ähneln. Marx schrieb vor über 150 Jahren: „Das Sein bestimmt, dass Bewusstsein.“ Wie sollen diese Leute noch eine Ahnung davon haben, was es heißt in der Nachtschicht am Hochofen zu malochen? Wie sollen sich diese „Kollegen“ mit einer Tarifforderung identifizieren und dafür kämpfen, wenn sie nicht im Ansatz nachvollziehen können, was es heißt mit der Kohle nicht über die Runden zu kommen?!

Konsequenzen

All jene, die an diesem System mitgewirkt haben, müssen sich gegenüber ihren eigentlichen Arbeitgebern, nämlich den Beschäftigten, öffentlich erklären und die Annehmlichkeiten darlegen, die sie genossen haben. Dann wir deutlich werden, was das für ein miefiger Sumpf ist, der ausgetrocknet werden muss. Bezeichnend ist, dass sich IG Metall-Chef Berthold Huber, vor den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden von Thyssen-Krupp, Bertin Eichler, der auch Mitglied im IGM Vorstand ist, stellt. Eichler habe einen „Fehler“ eingestanden, will zudem nicht mehr für sein Amt kandidieren. Huber lobte seinen Kumpel für sein Vorgehen und lehnte dessen Rücktritt aus dem Spitzengremium der IG Metall ab. Es müssten zudem „gleiche Maßstäbe“ angelegt werden bei den Privilegien für Aufsichtsräte, egal ob es sich um die Kapital- oder Arbeitnehmerseite handele. Nur diese eine Bemerkung verdeutlicht, in welcher Welt diese „Kollegen“ leben! Die Ereignisse bei Thyssen-Krupp müssen Linke zu einer Debatte in den Gewerkschaften nutzen um die enormen Privilegien der Spitzen zu hinterfragen. Statt Luxusreisen und Dienstwagen, müssen unsere Vertreter von einem Gehalt leben, wie es durchschnittliche Beschäftigte auch haben. Funktionäre die sich nicht an die „Spielregeln“ halten, müssen jederzeit durch demokratische Initiativen von unten, auch wieder abgesetzt werden können. In Verbindung mit einer kämpferischen, statt auf Co-Management ausgerichteten Praxis gegenüber den Herrschenden müssen die Gewerkschaften von unten erneuert werden. Dafür ist ein Zusammenschluss von kritischen, kämpferischen KollegInnen an der Basis (was natürlich auch Hauptamtliche und FunktionsträgerInnen nicht ausschließt) nötig.

Krise bei Thyssen-Krupp

Dass die Vorwürfe zum jetzigen Zeitpunkt via „Handelsblatt“ publik werden, ist sicher kein Zufall. Der Konzern befindet sich in einer tiefen Krise und vor entscheidenden Monaten. Thyssen-Krupp verfügt noch immer über eine starke Stahlsparte und hat hier seine Achillesverse. Mehrere Milliarden EURO wurden infolge von Investitionsruinen in Brasilien und den USA bereits abgeschrieben. Zudem macht die schwache Konjunktur gerade den Stahlkochern zu schaffen. Tausende KollegInnen arbeiten kurz, die Edelstahlsparte wurde verkauft, es drohen Entlassungen. Zudem macht immer wieder das Gerücht die Runde, dass die Stahlsparte komplett ausgelagert und an die Börse gebracht werden soll. Angesichts der Überkapazitäten auch in dieser Industrie, ist spätestens dann mit einem Kahlschlag zu rechnen.

Umso wichtiger ist es jetzt, die richtigen Schlussfolgerungen aus dem Skandal zu ziehen und sich auf die anstehenden Kämpfe vorzubereiten.