Griechenland: Die faschistische Gefahr

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Über den Aufstieg der „Goldenen Morgenröte“

Die Sparpolitik der letzten drei Jahre hat in Griechenland zu einer wachsenden Polarisierung geführt. So konnte die linke Kraft SYRIZA von 4,6 Prozent bei der Wahl 2009 auf zuletzt 27 Prozent bei der Parlamentswahl im Juni 2012 zulegen. In den letzten Umfragen wird SYRIZA mit 30 Prozent sogar als stärkste Partei bewertet. Gleichzeitig kam aber auch die faschistische „Goldene Morgenröte“ im Juni auf sieben Prozent. In den Umfragen im Oktober erreichte sie sogar eine Unterstützung von 14 Prozent.

von Hubert Schönthaler, Köln

Diese Partei ist eine Mörder- und Schlägerbande, die im Stile der SA der NSDAP MigrantInnen und Linke jagt und verprügelt.

Blutspur

Gegründet wurde die Organisation 1985 als „Nationale Volksbewegung – Goldene Morgenröte“. Die Umwandlung in eine Partei fand 1993 statt. Im November 2002 stachen Parteikräfte einen Studenten nieder.

In einem Bericht des griechischen Geheimdienstes war 2004 zu lesen, dass die Organisation „sehr gute Beziehungen und Kontakte zu aktiven Offizieren und Berufssoldaten wie Unteroffizieren“ unterhält. 2008 wurde eine antifaschistische Kundgebung angegriffen, AntifaschistInnen verletzt und niedergestochen – alles in Zusammenarbeit mit der Polizei. Diese schaute auch zu, als im Mai 2011 – nach der Ermordung eines Griechen durch einen Migranten – von der „Goldenen Morgenröte“ im Athener Stadtzentrum eine Versammlung organisiert wurde, die zu einem unglaublichen Ausbruch faschistischer Gewalt mit Dutzenden toter MigrantInnen führte.

Seitdem gab es Hunderte von Attacken auf MigrantInnen, linke AktivistInnen und Aktive der sozialen Bewegung.

Wahlerfolge

Bei den Europawahlen im Frühjahr 2009 erreichte die „Goldene Morgenröte“ nur 0,46 Prozent. Einen gewaltigen Schritt nach vorne machte sie bei den Kommunalwahlen im November 2010, als sie im Westen von Athen 5,3 Prozent erreichte und ihr Führer Nikolaos Michaloliakos in den Stadtrat einzog.

Als die rechtspopulistische Partei LAOS 2011 in die Regierung eintrat, lag die „Goldene Morgenröte“ landesweit bei 1,5 bis 2,5 Prozent. Bei den Parlamentswahlen im Mai und im Juni 2012 erreichte die Partei circa sieben Prozent.

Umfragen unter Polizisten und Berufssoldaten zeigen, dass diese Berufsgruppen, die zum staatlichen Repressionsapparat gehören, zur Hälfte die Faschisten gewählt haben.

Soziale Frage

Wichtig in der Entwicklung der Partei war ihre Wende hin zu einer Rhetorik gegen die Sparpolitik. In ihrer Propaganda bezeichnete sie sich als „revolutionäre Avantgarde“. Bewusst hat sie die Stadtteile, die besonders arm sind, zum Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht. In diesen Vierteln leben aber auch überdurchschnittlich viele MigrantInnen.

Im Februar 2012 besuchte die „Goldene Morgenröte“ sogar die Streikenden des Stahlwerkes Chalivourgia in Aspropyrgos. Der Vorsitzende der Betriebsgewerkschaft PAME bezeichnete ihre Anwesenheit als Beweis dafür, dass „ganz Griechenland auf der Seite der Stahlarbeiter steht“.

Die „Revolution“, von der sie sprechen, soll das Werk der „nationalistischen Avantgarde“ sein, die der Gesellschaft das Modell Mussolinis, Hitlers und der Obristen-Junta aufzwingen will.

Dass der Hauptfeind der Faschisten die organisierte Arbeiterbewegung ist, zeigt sich daran, was sie beispielsweise über Arbeitskämpfe schreiben: „Die Streiks verstärken den Hass zwischen den Griechen und das dient der Spaltung“ – deshalb sind Streiks für sie „antinational“. Für die Bewegung der „Empörten“ haben sie nur Hass übrig.

Was tun?

Die „Goldene Morgenröte“ ist kein Phänomen, das schnell verschwinden wird. Leider wird die Gefahr von Teilen der Linken unterschätzt. So erklärte die Generalsekretärin der KKE Aleka Papariga im Mai: „Nichts wird passieren durch den Einzug von ‚Chrysi Avgi‘ ins Parlament.“

Immerhin spricht die Führung von SYRIZA von der Notwendigkeit antifaschistischer Aktionen. Bedauerlicherweise ergreift SYRIZA jedoch (abgesehen von der SYRIZA-Jugend und einigen radikaleren Kräften) wenig Initiativen in diese Richtung.

Bemerkenswerterweise gibt es inzwischen des öfteren Missfallensbekundungen seitens der Bevölkerung bei Auftritten von Vertretern der „Goldenen Morgenröte“. Es kommt auch zur Verhinderung einzelner Aktivitäten.

„Xekinima“, die Schwesterorganisation der SAV, bekämpft die „Goldene Morgenröte“ seit ihren ersten öffentlichen Auftritten in den neunziger Jahren. 1994 wurde die Initiative für die griechische Sektion von „Jugend gegen Rassismus in Europa“ (JRE) ergriffen, die bis heute aktiv ist.

„Xekinima“ und JRE plädieren unter anderem für die Schaffung von antifaschistischen Komitees in allen Stadtteilen, Arbeitsstätten, Schulen und Unis sowie für den Aufbau von Schutz- und Verteidigungsgruppen. Neben systematischer Aufklärungsarbeit ist auch praktische Solidarität von Nöten. Die von unten organisierten Wohnunterkünfte für Obdachlose, kostenlose juristische Beratung, Nachhilfeunterricht und anderes sind bereits entstanden, ihre Ausweitung sollte die Aufgabe der Linken und der sozialen Bewegung sein. Darüber hinaus ist ein gemeinsamer Kampf gegen die gemeinsamen Probleme und eine massenhafte Mobilisierung gegen die Regierung und die herrschende Klasse sowie länderübergreifende Gegenwehr erforderlich.