Arbeiter von VIO.ME. in Thessaloniki besetzen Fabrik

Ein Interview mit Makis Anagnostou und Dimitris Mokas

Vorbemerkung: Nachdem die Arbeiter von VIO.ME. für 14 Monate nicht oder nur unvollständig ausgezahlt wurden, und nun auch noch die Gefahr besteht, dass die Firma geschlossen und die Maschinen verkauft werden, haben die Arbeiter beschlossen, die Fabrik zu besetzen. Sie wollen die Fabrik in eigener Hand und unter ihrer Kontrolle weiterlaufen lassen, und fordern vom alten Management die ausstehenden Löhne zu zahlen und zu verschwinden.

Am 24.7. waren Mitglieder von Xekinima (CWI in Griechenland) und der SAV (CWI in Deutschland) in der Fabrik von VIO.ME. und haben mit Makis Anagnostou (Vorsitzender der Gewerkschaft) und mit Dimitris Mokas (Schatzmeister der Gewerkschaft) gesprochen.

Wieviele arbeiten in der Fabrik und was produziert ihr?

Makis: Wir sind 70 Arbeiter. Wir produzieren verschiedene Baumaterialien, wie Fliesenklebstoffe und weitere Baustoffe. Wir haben auch an neuen Materialien geforscht, wie zum Beispiel umweltfreundliche Isoliermaterialien für Häuser.

Wie hat sich die Krise auf euch ausgewirkt?

Makis: 2010 hat die Firma das erste mal einen 15 prozentigen Rückgang der Profite angekündigt. Als nächstes wurde uns erzählt dass der Rückgang 20 Prozent beträgt. Aber die Firma war weiterhin profitabel. Das Management hat sich nicht wegen Verlust, sondern nur wegen dem Rückgang der Profite zur Schließung der Firma entschlossen.

Aber sogar dieser Rückgang der Profite scheint falsch zu sein. VIO.ME. hat ein großes Darlehen an die Mutterfirma Philkeram Johnson gezahlt. Die Gesamtsumme dieses Darlehens beträgt 1,9 Millionen Euro. Das heisst, dass bei einem „Verlust“ von 300.000 Euro letztes Jahr ohne dieses Darlehen ein Überschuss von 1,6 Millionen Euro zu verbuchen gewesen wäre. Das wäre eines der besten Jahre der Firma gewesen.

In den Jahren zwischen 2000 und 2006 gehörte die Firma zu den 20 schnellstwachsenden Firman in Griechenland. Die Umsätze stiegen um 136 Prozent, die Profite um 118 Prozent.

Dimitris: Auch 2009 hat die Firma noch Profit gemacht, auch wenn es ein bisschen weniger war, fast 300.000 Euro. 2010 gab es ein Minus von 300.000 Euro, das liegt aber auch daran, dass die Firma alle Mieten bis 2014 vorgeschossen hat.

Makis: Wir, die Arbeiter, haben auch ein paar Zugeständnisse gemacht. Wir haben akzeptiert, dass wir alle ein bis anderthalb Monate eine Woche unbezahlt frei bekommen.

Was passierte dann?

Makis: Sie haben angefangen, die Zuschüsse zu unseren Löhnen (für Familien, Nacht- und Sonntagsarbeit) zu senken. Diese Zuschüsse hatten vorher unsere Löhne um 15-20 Prozent angehoben. Das heisst von einem Durchschnittslohn von 850 Euro sind unsere Löhne auf 650 Euro gesenkt worden. Wir haben Beschwerde bei der zuständigen Behörde eingelegt, die der Firma dann auch eine Strafe auferlegt hat. Die Firma wollte aber diesen Kampf unbedingt gewinnen, und hat so weiter gemacht. Ab Mai 2011 wurden wir schließlich gar nicht mehr bezahlt, also sind wir vor Gericht gegangen um das Geld zu bekommen dass die Firma uns schuldet. Die Verhandlungen begannen im August 2011. Seit September 2011 bekommen wir Arbeitslosengeld (359 Euro) und ein bisschen finanzielle Stütze von der Gewerkschaft. Von der Firma haben wir nur noch einmal Urlaubsgeld bekommen, das müssen sie zahlen um nicht empfindliche Strafen zu kassieren. Aber sie haben die Tore geschlossen, und zahlen nicht für die Materialien, die wir zum weiterarbeiten brauchen. Sie wollen die Maschinen verkaufen, deswegen haben wir die Fabrik besetzt und beschützen sie.

Was sind eure Forderungen

Makis: Zunächst wollen wir unsere Löhne. Dann wollen wir, dass die Fabrik wieder aufmacht. Das Management hat offiziell erklärt, dass sie das ablehnt. Dann hatten wir die Idee, dass wenn die Firma die Fabrik nicht mehr weiterführen will, wir es selber machen können.

Wir wollen eine gesetzliche Grundlage für Industrielle Arbeitergenossenschaften. Wir wollen vom Arbeitsamt die Gründungshilfen, für Arbeitslose, die sich Selbstständig machen wollen (23.000 Euro pro Person). Wir fordern ausserdem, dass Philkeram Johnson (die Muttergesellschaft) uns die Aktien überlässt. Wir würden sie dann gleichberechtigt an die Arbeiter verteilen, die sich an der Genossenschaft beteiligt wollen.

Wie reagiert das Management auf eure Forderungen?

Makis: Die reagieren überhaupt nicht. Zuerst haben sie noch versprochen, die Bücher zu öffnen, so dass wir ein konkretes Angebot hätten machen können. Dann kamen die ersten Schritte, die Maschinen zu verkaufen. Deswegen sind wir jetzt hier, besetzen die Fabrik und bewachen die Maschinen und die Produkte.

Was erwartet ihr von der Regierung?

Dimitris: Wir brauchen zunächst eine gesetzliche Grundlage für Arbeitergenossenschaften. Ohne das können wir nichts machen. Dann könnten wir unser Angebot abgeben und Druck ausüben, das anzunehmen.

Wenn wir alleine wären, würden sie uns natürlich nicht hören. Wir versuchen, unseren Fall so bekannt wie möglich zu machen, und soviele Unterstützer wie möglich zu gewinnen, die uns unterstützen und die Regierung dazu zwingen könnte, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Alles was wir hier tun, machen wir, um den Leuten zu zeigen, dass es am Ende auch einen anderen Weg gibt.