Von überteuerten Mieten und Wohnraummangel

Das Betongold in Krisenzeiten

In den letzten Jahren galt der deutsche Immobilienmarkt als der ruhigste der Welt. Ein Teil der herrschenden Klasse bemängelte, dass er hierzulande vom sogenannten Immobilienboom abgeschnitten war. Von 1980 bis 2006 stiegen die Hauspreise in Spanien um 1.342 Prozent, in den USA in der gleichen Zeit um 308 Prozent. Deutschland bildete dagegen mit einem Anstieg von bloß 29 Prozent das Schlusslicht.

von Anne Engelhardt, zur Zeit München

Wohin dieser „Boom“ führte, ist kein Geheimnis. Das Platzen der Immobilienblase in den USA wurde zum Auslöser der tiefsten Weltwirtschaftskrise seit 1929, in Irland und Spanien sind die Preise auf Häuser in den Keller gesaust. Viele Menschen können nun ihre Kredite nicht mehr zahlen.

Genau zu diesem Zeitpunkt beginnt die Immobilienspekulation auch auf scheinbar stabile Märkte wie Deutschland überzugreifen. Die Investitionen in Gold und sogenanntes „Betongold“ sind jedenfalls ein sicheres Zeichen, dass sich trotz aller Wunschfantasien vom Ende der Krise Unsicherheit und Angst vor weiteren Einbrüchen noch lange nicht gelegt haben. Die „Süddeutsche“ behauptet, dass auf dem Kapitalmarkt derzeit kaum etwas so begehrt ist wie Wohnraum. Offensichtlich bemühen sich zum Beispiel Immobiliengesellschaften, Pensionskassen, Fonds und Versicherungen zunehmend, ihr Geld aus Sorge vor Inflation und weiteren Währungs- und Aktienturbulenzen sicher anzulegen.

Gründe für den Mangel an erschwinglichen Wohnungen

Aus Sicht privater Bauunternehmen, die der Profitlogik verhaftet sind, ist es nur logisch, in so einer Zeit überteuerte Luxuswohnungen zu errichten. Dementsprechend schießen beispielsweise in München, wo akuter Wohnraummangel herrscht, „Paläste“ aus dem Boden, die sich nur Anleger leisten können, die das entsprechende Eigenkapital beisteuern. Denn auch die Banken sind bei der Kreditvergabe vorsichtiger geworden.

Es gibt noch weitere Gründe für fehlenden Wohnraum besonders für Lohnabhängige mit niedrigerem Einkommen. Dazu gehört, dass sich der Bund in den letzten 15 Jahren aus der Wohnungsbauförderung nahezu komplett zurückgezogen hat. In der gleichen Zeit haben die Länder die Mittel für soziale Wohnraumförderung um 80 Prozent reduziert.

Wohnungsnot kann in manchen Ballungszentren auch für einen Teil der Kapitalisten zum Problem werden, wenn diese auf den Zuzug von flexiblen Arbeitskräften, sowohl im Fachkräftebereich als auch im Niedriglohnsektor, setzen. Dieses Problem entsteht aktuell in München.

Warum schießen die Mietpreise in die Höhe?

Wenn immer mehr Lofts aus dem Boden sprießen, dann hat das natürlich Folgen für die Mietpreisentwicklung als Ganzes. Dabei klagen Mieterverbände schon jetzt über rasant steigende Mieten, vor allem in einigen Großstädten.

Einen wichtigen Grund für das Ansteigen der Mieten liefern die Privatisierungswellen. In Berlin wurden von 2001 bis 2010 über 100.000 Wohnungen verkauft. In Baden-Württemberg gab es erst kürzlich einen Verkauf von 21.000 Wohnungen, in Bayern steht der Verkauf von 32.000 Wohnungen an, in Hessen wird geplant, über 40.000 Wohnungen zu veräußern. Durch den Verkauf von Wohnraum schwindet der Einfluss von Ländern und Kommunen auf die Preisgestaltung der Mieten. Kurzfristig spült der Verkauf Geld in die Kasse. Langfristig bleiben für die öffentlichen Kassen Mieteinnahmen aus, was bedeutet, dass auch keine Gelder mehr für den Bau von neuen Wohnungen zur Verfügung stehen.

Armutsgrund Mietwuche

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt macht die Situation für Lohnabhängige noch schwieriger. Durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors sind viele darauf angewiesen, sich günstigere Wohnungen zu suchen. Menschen, die durch die Krise ihren Job verlieren, müssen bei einem starken Einbruch der Wirtschaft und massiven Steuerausfällen damit rechnen, dass der Staat nur noch Wohngeld für begrenzte Zeit zur Verfügung stellen wird.

Das bedeutet besonders für Frauen, die gar keinen oder nur schlecht bezahlte Jobs ausüben, eine größere soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit von ihren Partnern, was selbstbestimmte Lebensplanungen wie zum Beispiel Trennungen oder auch Familiengründungen enorm einschränken.

Statt in Luxuslofts müssen Bund und Länder in den Bau von sozialem Wohnraum investieren. Guter Wohnraum zu günstigen Preisen kann nur in öffentlicher Hand garantiert werden.