Bemerkenswerte Anti-Establishment-Stimmung in der Bewegung gegen die Haushaltssteuer
„Bleibt mal locker“, ist die Message von Minister Shatter (von der konservativen „Fine Gael“ für die Ressorts Justiz und Verteidigung zuständig; Anm. d. Übers.) an all jene, die gegen die Haushaltssteuer kämpfen. Und auch die (mit „Fine Gael“ eine Koalition bildende, sozialdemokratische; Anm. d. Übers.) „Labour Party“ hat schon versucht, einen Fuß in die Tür der Bewegung zu bekommen. Letztere agiert dabei allerdings reichlich nervös, da die Protestbewegung ihre Wählerbasis in den Arbeitervierteln Irlands entscheidend dezimieren könnte.
von Kevin McLoughlin, „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI Irland)
Nur ein Jahr nach ihrem erdrutschartigen Sieg wird klar, dass diese Regierung in Wirklichkeit keine Mehrheit für ihre sogenannte Sparpolitik hat. Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung leistet aktiven Widerstand gegen ihre Haushaltssteuer, und es ist klar, dass die Mehrheit derer, die sich für die Erhebung dieser Steuer haben registrieren lassen, dies nur aufgrund der Einschüchterungen und Drohungen getan hat. Wenn sie in der Lage sind, eine Mehrheit so einzuschüchtern und zu erpressen, dass sie auch noch deren so bezeichnetes Spar-Abkommen akzeptieren, so würde dies unweigerlich früher oder später zum Preis der Explosion der sozialen Lage geschehen.
Momentan geht es vor allem um die Haushaltssteuer. Es geht aber auch um einen neuerlichen Kampf der Mehrheit der Arbeiterklasse gegen die Angriffe der kapitalistischen Klasse aus dem In- und Ausland. Dieses System ist morsch, und es handelt sich um einen Kampf, bei dem es nicht um einen Ausgleich gehen kann. Die Frage lautet, wem die Zukunft gehört – ihnen oder uns!
Die irisch-republikanische (Erg. d. Übers.) „Sinn Fein“ wird in diesem Kampf keine Rolle spielen. Ihre Weigerung, den Boykott der Haushaltssteuer zu unterstützen, zeigt, dass diese Partei immer weiter nach rechts rückt. Man hofft offenbar, bald an der Macht beteiligt zu werden. Mitglieder bzw. SympathisantInnen von „Sinn Fein“, die eine Partei wollen, welche gegen das System kämpft, werden sich anderweitig umsehen müssen.
Aufgrund der Schlüsselrolle, die sie spielen, werden die „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Irland; Erg. d. Übers.) und einige andere Mitglieder des Wahlbündnisses „United Left Alliance“ (ULA) von vielen Leuten, die sich am Kampf gegen die Haushaltssteuer beteiligen, sehr positiv wahrgenommen.
Es kommt in dieser Bewegung zu einem hohen Politisierungs- und Radikalisierungsgrad. Das Ausmaß der gegen das Establishment gerichteten Gefühls ist enorm. Es herrscht große Wut aufgrund der Auswirkungen der sogenannten Sparpolitik, aber auch wegen der brutalen Ungerechtigkeit und Ungleichheit, die damit einhergehen. Die Menschen wissen, dass das alles nur im Sinne der Aktienbesitzer und Spekulanten getan wird.
Allerdings ist unter denen, die zu den öffentlichen Treffen, zur Kundgebung im „National Stadium“ und zu den Großdemonstrationen gekommen sind, auch so etwas wie Misstrauen gegenüber politischen Parteien zu spüren. Das kann sich auch gegenüber der echten Linken übertragen, vor allem wenn es um Menschen geht, die zum ersten Mal überhaupt politisch aktiv geworden sind.
Weil die ersten Dinge, an die die Menschen denken, wenn sie in den letzten Jahren an die etablierten Parteien gedacht haben, die Korruption und der große Ausverkauf sind, müssen die ULA und ihre Mitglieder überzeugend sein und das Vertrauen der Menschen gewinnen. Nichts geschieht automatisch. Das heißt, dass auch die ULA sich weiterentwickeln und der wichtigste Bestandteil der politischen Neu-Organisierung sein wird, die jetzt gerade und geradezu organisch zu wirken beginnt.
Zuallererst muss die ULA die Menschen überzeugen, weshalb eine neue Partei nötig ist. Sie muss Menschen gewinnen, von denen viele noch skeptisch sind, dass eine neue Partei überhaupt aufgebaut werden kann, bei der es nach einer Weile nicht auch wieder zum Ausverkauf kommt. Stattdessen muss klar werden, dass diese neue Partei dabei helfen kann, einen Kampf gegen das System zu führen. Es geht nicht darum, die Leute „einfach nur“ zum Eintritt in die ULA zu bringen, als sei diese bereits ein fertiges Etwas oder eine „Partei“. Es geht darum, die Menschen für den Kampf um eine neue Partei zu gewinnen und für die Idee, dass die ULA ein wesentlicher Schritt in Richtung einer solchen Partei sein kann.
Die ULA und ihre Mitgliedsstrukturen müssen uneingeschränkt kämpfen und in der Aktion in den Kampagnen zeigen, dass sie aufrichtig im Interesse der Arbeiterbewegung handeln. Dabei geht es nicht nur um Einzelpersonen. Auch Gruppen in bestimmten Regionen oder ganze Bürgerinitiativen könnten politisiert und ihr Interesse kann geweckt werden. Deswegen ist für die ULA zum jetzigen Zeitpunkt ein Bündnis, das viele politische Aspekte einschließt, als respektvoll zu bezeichnen und föderal ist, die beste Struktur.
Es gibt verschiedene Kräfte und Ansätze, die darum wetteifern, das tiefe politische Vakuum, das sich in Irland auftut, zu füllen. Bei den Protesten kann man eine fortschrittliche antiimperialistische Stimmung unter einer größeren Zahl „einfacher“ Leute spüren. Allerdings wird es auch dazu kommen, dass einige Kräfte dies nutzen werden, um die Bewegung auf den nationalistischen Weg zu bringen und dabei nur oberflächlich eine linke Rhetorik anwenden.
Die Arbeiterklasse muss den Kapitalismus in Irland und im Ausland herausfordern und sich mit ArbeiterInnen in anderen Ländern zusammentun, sollte der Spar-Albtraum zurückgewiesen werden müssen. Um Alternativen aufzuzeigen, muss die ULA mit dem Kampf für eine Massenpartei reagieren, die radikal ist, sich auf die Macht und die Traditionen des Klassenkampfes beruft, die Aspekte um die Haushaltssteuer allgemein mit der sogenannten Sparpolitik und diese wiederum mit dem Kapitalismus in Verbindung setzt sowie all das auf die Notwendigkeit herunterbricht, in Irland und auf internationaler Ebene für sozialistischen Wandel einzutreten.
Dafür sollte die ULA kämpfen.