Linksjugend ["solid] Bundeskongress 2012

Jugendverband mobilisiert nach Frankfurt, diskutiert solidarisch und behandelt zahlreiche Anträge


 

von Michael Koschitzki, Berlin

Im Eingangssaal der Ufer-Studios in Berlin hing ein Transparent mit der Aufschrift „Bei den Banken sind sie fix – für die Schlecker-Arbeiter/-innen tun sie nix“ auf dem die 180 Delegierten unterschreiben konnten. Aus den Landesverbänden Berlin, Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen waren auch Mitglieder der SAV delegiert. Das Antragsheft des Bundeskongress kam auf 120 Seiten. Gerade der Landesverband Nordrhein-Westfalen, der wegen der vorgezogenen Neuwahlen mit weniger Delegierten anreiste, sorgte mit mehreren Anträgen zu Forderungen, Kampagnen und Positionierungen für Diskussionsstoff. Zweimal bis in die Nacht wurde getagt und um Anträge gerungen. Das erste Mal wurden Anträge in zwei Workshopphasen vordiskutiert und über Änderungsanträge verhandelt. Während das Verfahren teilweise bürokratisch wurde, gab es insgesamt mehr inhaltliche Diskussionen, die Linke in Linksjugend für sich nutzen konnten.


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Auf nach Frankfurt

Große Einigkeit bestand darin, bundesweit zu den Aktionstagen vom 17. bis 19. Mai in Frankfurt zu mobilisieren. Während einige Basisgruppen schon über Busorganisation und Material geredet hatten, steckt die Mobilisierung sieben Wochen vor der Aktion noch in den Kinderschuhen. In einer kontroversen Diskussion wurden Forderungen für die Bewegung beschlossen. Dazu zählt die Ablehnung des Kürzungsdiktats von EZB, IWF, EU und Bundesregierung, die Zulassung von politischen Streiks und die Überführung der Banken und Konzerne in Öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle der Bevölkerung. Kontrovers wurde diskutiert, ob Linksjugend ["solid] die Streichung der Staatsschulden fordern sollte. Nach einer knappen Diskussion wurde die Aufstellung dieser Forderung nicht beschlossen, auch weil vielen Delegierten in der kurzen Zeit nicht klar wurde, warum diese Forderung aufgestellt werden muss. Eine Projekt-AG zu den Maiprotesten wurde auf dem Kongress erweitert und ist damit beauftragt in der knappen Zeit, Mobilisierungsmaterial zu erstellen und eine Präsenz des Jugendverbandes in Frankfurt zu organisieren.

Nazis stoppen

Ein Schwerpunkt für den späten Sommer stellt der Jahrestag der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen da. Der Jugendverband organisiert lokale Veranstaltungen und mobilisiert im August nach Rostock. In mehreren Städten ist Linksjugend ["solid] in Bündnissen und bei Blockaden von Nazi-Aufmärschen aktiv. Darin setzt sich der Bundesverband jetzt bundesweit für die Auflösung des Verfassungsschutzes ein und beschloss eine Resolution vom Landesverband Nordrhein-Westfalen, die den Zusammenhang von Faschisten und sozialer Frage herausstellte und sich dafür Aussprach von links Antworten auf die rechte Hetze zu geben.

Nein zum Krieg gegen den Iran und Syrien – Nein zu Sanktionen

Der Verband bilanzierte die vor allem vom Landesverband Hamburg und Bundesarbeitskreis Antimilitarismus und Frieden geförderte Kampagne „Bundeswehr raus aus den Schulen“ positiv. Der Bundeskongress bekräftigte die klare Antikriegshaltung des Jugendverbandes. Über die Positionierung zu den Bewegungen in Iran und Syrien und zu imperialistischer Einmischung in diesen Ländern gab es ausführlichere Diskussionen in einem Workshop und dem Plenum. Mehrheitlich entschied sich der Bundeskongress nach kontroverser Diskussion die Anträge aus NRW anzunehmen, welche die Bewegungen gegen die Mullahs und Assad unterstützt und sich klar gegen die Einmischung imperialistischer Länder und Sanktionen stellte. Es wurde ein unabhängiges sozialistisches Programm und Selbstorganisation gefordert und die Forderung nach der Enteignung der Rüstungsindustrie aufgestellt. In diesem Zusammenhang wurde auch der antideutsche Bundesarbeitskreis Shalom aufgefordert, die Kampagne „Stop the Bomb“ nicht mehr zu unterstützen, welche Sanktionen gegen den Iran fordert und der Bundesverband distanzierte sich mehrheitlich von der Kampagne.

Initiativanträge und Wahlen

Mit großer Mehrheit einigte sich der Jugendverband auf einen neuen BundessprecherInnenrat, einen jugendpolitischen Sprecher und wählte Delegierte zum Bundesparteitag der LINKEN. Darin sind jedoch diejenigen, die den Bundeskongress inhaltlich prägten und in den Kampagnen aktiv waren, wenig repräsentiert und es wird sich zeigen, wie die Gremien die Positionen und Kampagnen aufgreifen. Fast alle Delegierten zum Bundesparteitag sprachen sich bei ihren Kandidaturen gegen Dietmar Bartsch und Gesine Lötzsch als Parteivorsitzende aus und forderten mindestens Haltelinien an eine Regierungsbeteiligung der Partei.

Der Bundeskongress hatte nur wenige Initiativanträge zu behandeln. Kritisch positionierte sich der Jugendverband zum Tarifabschluss in den Tarifverhandlungen Öffentlicher Dienst, weil die Möglichkeiten dort nicht ausgeschöpft und beispielsweise die Forderung nach einem Sockelbetrag nicht durchgesetzt wurde.

Für einen kämpferischen Jugendverband

Das Verhältnis zur Partei DIE LINKE wurde kaum behandelt. Die wenigen Anträge, die zum Verhältnis zur Partei gestellt wurden, wurden abgelehnt oder entsprechende Passagen gestrichen. Neben den Anträgen aus NRW gab es nur wenige Anträge von anderen Landesverbänden, die sich mit aktuellen Kampagnen auseinandersetzten. Die Anträge vom alten BSPR trugen nur wenig zur inhaltlichen Ausrichtung des Verbandes bei und mehrfach folgte der Kongress Änderungsvorschlägen des BSPRs nicht.

Beim Bundeskongress konnten mehr linke Forderungen und Beschlüsse durchgesetzt werden, als in der Vergangenheit. Das zeigt jedoch, dass linke Delegierte den Raum für Debatten für sich nutzen konnten und drückt nicht unbedingt eine Linksverschiebung im Verband aus. Linksjugend ["solid] sollte jetzt unmittelbar die Mobilisierung nach Frankfurt angehen und verstärkt in Bewegungen und Kampagnen Jugendliche gewinnen.