Schlägertrupps eingesetzt gegen Streikende beim Autozulieferer „Meister“

Europaabgeordnete protestieren gegen Privatarmee des Unternehmens


 

Am Samstagabend, 26. Februar, standen ArbeiterInnen bei „Meister“, einem Autoteile produzierenden Unternehmen im belgischen Sprimont, plötzlich einem Schlägertrupp gegenüber, der von der Konzernleitung angeheuert wurde, um ihren Streik zu brechen.

von Geert Cool, LSP/PSL (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Belgien)

Die Geschäftsführung von „Meister“ hatte vorher schon über einen deutschen privaten Sicherheitsdienst eine gewaltbereite Privatmiliz damit beauftragt, Wertgegenstände und Material vom Betriebsgelände zu schaffen. Die Schläger drangen in die Produktionsstätte ein und zerstörten eine Reihe von Fertigwaren. Aufgrund sofortiger, von den KollegInnen in der Region Lüttich organisierter Solidarität jedoch waren die Schläger nicht in der Lage, das Betriebsgelände wieder zu verlassen, weil mehr als 100 Leute draußen am Streikposten zusammengekommen waren. Die Polizei musste eingreifen, um die Privatmiliz zu „evakuieren“.

Nachdem die Drohung ausgesprochen wurde, die Produktion in die Tschechische Republik zu verlagern, wurde dann im Wochenverlauf ein „Krisenmanager“ bei „Meister“ eingesetzt, der die Produktion wieder in Gang bringen und Verhandlungen zwischen den Beschäftigten und der Geschäftsleitung beginnen sollte.

Als der Europapaabgeordnete der „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Irland) von diesen Geschehnissen bei „Meister“ erfuhr, schickte er am 1. März umgehend eine Solidaritätserklärung an die Beschäftigten, die von 16 Mitgliedern des Europaparlaments aus acht verschiedenen Ländern unterzeichnet wurde.

Der Brief der Europaabgeordneten:

Solidaritätsadresse für die ArbeiterInnen bei „Meister“ in Sprimont, Belgien

Mit Betroffenheit haben wir, Mitglieder der Fraktion GUE / NGL (Europäische Vereinigte Linke / Nordische Grüne Linke) im Europaparlament, von den Ereignissen bei dem Unternehmen „Meister“ erfahren, in dem Autoteile produziert werden und das eine Tochterfirma der (nordrhein-westfälischen; Erg. d. Übers.) „Poppe & Potthoff Gmbh & Co.“ in Sprimont, Belgien, ist.

Vor einer Woche erfuhren die Beschäftigten, dass zwei Großaufträge an eine andere Produktionsstätte in der Tschechischen Republik gehen würden. Sie fürchteten die Verlagerung der Produktion und forderten deshalb eine Erklärung. Weil die Geschäftsführung aber stumm blieb, wurde eine Blockade des Unternehmens organisiert, die Geschäftsführung wurde eingesperrt. Nach einer Stunde ließ man die Betriebsleitung wieder frei, hinderte aber drei für die Auslieferung bereite LKW daran, das Betriebsgelände zu verlassen.

Am Sonntag reagierte die Geschäftsleitung dann damit, 35 Schläger vorbei zu schicken, von denen einige mit Schlagstöcken, Pfefferspray und schusssicheren Westen ausgestattet waren. Sie sollten mit Gewalt für die Abfahrt der drei LKW sorgen. Angeheuert wurden sie von einem deutschen Sicherheitsdienst, der keine Genehmigung hat, auch in Belgien zu agieren. Das stellt sie nach belgischem Gesetz als illegal dar, als Privatmiliz. Dennoch drangen sie auf das Betriebsgelände ein und verletzten daraufhin zwei ArbeiterInnen, als sie diese davon abhalten wollten, ihre KollegInnen zu warnen. Dennoch sorgte ein aus rund 100 ArbeiterInnen bestehender Streikposten dafür, dass der Schlägertrupp das Gelände nicht wieder verlassen konnte. Am Ende kam die Polizei, um die Schläger der Geschäftsführung zu „evakuieren“. Es wurde allerdings niemand in Gewahrsam genommen, noch wurden die Personalien festgestellt oder die mitgeführten Waffen beschlagnahmt.

Wir sind empört über die Art und Weise wie einige Arbeitgeber innerhalb der Europäischen Union das Recht auf Freizügigkeit mit Füßen treten und sogar von paramilitärischen Aktionen Gebrauch machen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine dringende Warnung an die gesamte Arbeiterbewegung, die eine entschlossene Antwort verlangt.

Wir sind der Meinung, dass ArbeiterInnen das Recht haben, für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen, und begrüßen die Entschlossenheit, mit der sie genau dies tun. Darüber hinaus meinen wir, dass es nicht nur an der Polizei ist, die Ereignisse bei „Meister“ einer intensiven Untersuchung zu unterziehen, sondern auch an den belgischen, französischen und deutschen Gewerkschaften. Letztere sollten ihrerseits eine eigene Untersuchungskommission einsetzen und einen gemeinsamen Aktionsplan erarbeiten, um derartige Angriffe in Zukunft verhindern zu können.

Unsere volle Solidarität gilt den ArbeiterInnen bei „Meister“. Wir unterstützen jede Initiative der Gewerkschaften, die ArbeiterInnen auch an anderen Standorten von „Meister“ sowie „Poppe & Potthoff“ über die Ereignisse zu informieren. Wir selbst werden unsere Kontakte nutzen, um Informationen über diese Attacken zu verbreiten. Nur gemeinsam können wir uns gegen solche Gewaltakte verteidigen und unsere Arbeitsbedingungen, das Streikrecht und das Recht auf Arbeit schützen. No pasarán!

Solidarisch,

Paul Murphy MEP („Socialist Party“, Irland)

Patrick Le Hyaric MEP („Front de Gauche“, Frankreich)

Nikolaos Chountis MEP („Syriza“, Griechenland)

Willy Meyer MEP („Izquierda Unida“, Spain)

Sabine Lösing MEP (Die Linke, Deutschland)

Sabine Wils (Die Linke, Deutschland)

João Ferreira (Kommunistische Partei, Portugal)

Inês Zuber (Kommunistische Partei, Portugal)

Marisa Matias MEP (Linksblock, Portugal)

Miguel Portas MEP (Linksblock, Portugal)

Søren Bo Søndergaard MEP (Dänemark)

Kartika Tamara Liotard MEP (Unabhängige, Netherlands)

Helmut Scholz MEP (Die Linke, Deutschland)

Younous Omarjee MEP (Liste „Alliance des Outre-Mers“, Frankreich)

Gabriele Zimmer MEP (Die Linke, Deutschland)

Thomas Händel MEP (Die Linke, Deutschland).