CFM-Streik: „Darauf läßt sich aufbauen“

Trotz hohem Druck haben die Streikenden bei der Charité-Servicetochter CFM durchgehalten. Sie haben gezeigt: Kämpfen lohnt sich. Ein Gespräch mit Sascha Stanicic


 

Wie bewerten Sie das sogenannte Eckpunktepapier, das nach einem Vierteljahr Streik bei der Charité Facility Management GmbH (CFM) am Montag unterschrieben wurde?

Aus Sicht der Gewerkschaften und aller Streikenden ist das nicht das Ende des Kampfes um einen Tarifvertrag, sondern nur ein Zwischenschritt. Auch wenn die Vereinbarung materiell keine großen Verbesserungen beinhaltet, werte ich sie als Erfolg. Erstens, weil ein Arbeitgeber, der sich konsequent geweigert hat, die Gewerkschaften als Interessenvertretung anzuerkennen, gezwungen wurde, mit diesen einen Vertrag abzuschließen. Zweitens, weil der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde für die Niedriglohngruppen eine spürbare Verbesserung bedeutet. Und drittens, weil keine Friedenspflicht vereinbart wurde – die Bedingung für das Fortsetzen der Auseinandersetzung ist also gegeben.

Wäre nicht mehr drin gewesen?

Die Frage kann man selten sicher beantworten. Klar ist aber, daß dieser Arbeitskampf unter sehr schwierigen Bedingungen geführt werden mußte. Die Belegschaft war gespalten, die IG BAU hat den Ausstand zum Beispiel nicht unterstützt, und der Druck durch den Arbeitgeber war enorm. Aus all diesen Gründen konnte nur eine Minderheit der Beschäftigten zum Streik mobilisiert werden. Zwölf Wochen lang die Arbeit niederzulegen bedeutet für die Beteiligten eine enorme Belastung. Vor diesem Hintergrund waren die Teilnehmer in den Streikversammlungen eindeutig für die Annahme dieses Zwischenergebnisses.

Wie äußerte sich der Druck auf die Streikenden?

Erst einmal bedeutet ein so langer Ausstand eine hohe psychische Belastung. Schließlich weiß man nicht, wie sich das Arbeitsleben nach Ende des Streiks gestalten wird. Hinzu kommen finanzielle Verluste, weil das Streikgeld in der Regel unter dem normalen Lohn liegt. Gerade wenn der Arbeitskampf so lange andauert, müssen die Beschäftigten mit spürbaren Einbußen zurechtkommen. Bei der CFM kamen die massiven Einschüchterungsversuche des Managements hinzu. Unter anderem wurde ein privater Sicherheitsdienst eingesetzt, dessen Security-Kräfte Disco-Rausschmeißern ähneln und die immer wieder Beschäftigte eingeschüchtert haben.

Die Streikenden haben stets betont, daß sie ihren Arbeitskampf als Beitrag zu einer Bewegung gegen Prekarisierung und Niedriglöhne verstehen. Was bedeutet die aktuelle Situation aus dieser Perspektive?

Wir haben immer gesagt, daß Sieg oder Niederlage bei der CFM Auswirkungen auf Belegschaften in ähnlichen Situationen haben werden. Dieses Zwischenergebnis zeigt: Es lohnt sich, zu kämpfen und zu streiken. Auch bei schwierigen Ausgangssituationen kann man etwas erreichen. Die Streikenden sind zusammengewachsen und fest entschlossen, den Kampf fortzusetzen. Das ist hoffentlich ein Beispiel, das Mut macht, die Auseinandersetzung aufzunehmen, auch wenn erst einmal nur eine Minderheit der Beschäftigten sich aktiv daran beteiligt. Wichtig war aber auch, daß immer der direkte Kontakt zu anderen Belegschaften, Gewerkschaften sowie politischen und sozialen Bewegungen gesucht wurde. Solidaritätsdemonstrationen, die Teilnahme Streikender an den Antibankenprotesten und ähnliches haben den Konflikt immer in einen größeren gesellschaftlichen Zusammenhang gestellt. Darauf läßt sich jetzt aufbauen.

Der SAV-Bundessprecher Sascha Stanicic ist aktiv im Solidaritätskomitee für die CFM-Beschäftigten und Mitglied der Streikleitung. Das Interview erschien zuerst in der Tageszeitung junge Welt.