Zu Besuch bei Sklavenhändler und Co

Freitag zogen die Streikenden vom Campus Virchow Klinikum die Friedrichstraße hinunter


 

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Die zweite Streikwoche der CFM-KollegInnen neigt sich dem Ende. Auch diese Streikwoche endete mit einem weiteren Höhepunkt. War letzten Freitag das „Miet“arbeiterfest von Charité und CFM Ziel des Protestes, so traf es heute Dussmann und die Leiharbeitsfirma SEMO.

von Krischan Friesecke und René Kiesel, Berlin

Wie schon die ganze Woche provozierte die Geschäftsführung der CFM auch am Freitag mit dem Abreißen und Stehlen von Streikmaterialien. Diesmal traf es den Campus Virchow in Berlin-Wedding. Einige Streikende fühlen sich in den Kindergarten zurück versetzt, wenn sie sehen, mit welchen Mitteln die Geschäftsführung versucht, den Streik zu stören.

So dauert es auch nie lange, bis die Plakate und Gewerkschaftsfahnen wieder aufgehängt werden, auch das Verhalten der Geschäftsführung trägt dazu bei, dass viele KollegInnen kampfeslustiger werden. Die größte Absurdität der Woche geschah am Donnerstag am Campus Benjamin Franklin. Dort wurden ver.di-Aktivisten aus hygienischen (!) Gründen aus einem Fahrstuhl geworfen!

Private Profitmacher ins Visier genommen

Nach einiger Vorbereitung und Mobilisierung über die seit Dienstag erscheinende tägliche Streikzeitung ging die Freitagsdemo vom Campus Virchow zu SEMO und Dussmann. Fast pünktlich um 10 Uhr starteten die Streikenden am Augustenburger Platz im Wedding zur Demo. Mit vielen Pfeifen, Rasseln und Sprechchören wurden die Passanten und Anwohner aufmerksam gemacht und über den Streik informiert. Ein Flugblatt des Solikomitees fand viel Zuspruch bei Streikenden wie Passanten, am Rand der Demonstration gab es durchweg positives Feedback.

An der Leiharbeitsfirma SEMO (aus der CFM hervorgegangen) begannen Streikende spontan „Sklavenhändler“ zu rufen. Maik Sosnowsky aus der Streikleitung griff in seiner Rede die SEMO und die CFM für ihre Politik gegenüber den KollegInnen scharf an (Video der Rede hier).

Nach dem Zwischenstopp bei SEMO ging es zum Kulturkaufhaus Dussmann. Die Dussmann-Gruppe gehört zum privaten Teilhaber-Konsortium bei der CFM. Dort angekommen versuchten Streikende und Unterstützer in das Kulturkaufhaus zu gelangen, was Ihnen unter dem Hinweis auf die Streikwesten und ver.di-Buttons mit der Aufschrift „Tarifvertrag jetzt“ von einem Schlipsträger und der Security verwehrt wurde. Die Frage, ob man als Gewerkschafter bei Dussmann keine Bücher kaufen dürfe, wurde von dem Vertreter der Geschäftsführung, der seinen Namen nicht nennen wollte, nicht verneint.

Bei Dussmann scheinen Gewerkschafter generell nicht sonderlich willkommen zu sein, man braucht nicht lange rätseln warum das so ist. Nicht nur bei der CFM ist Dussmann für miese Löhne und Arbeitsbedingungen verantwortlich, auch in den Unternehmen der Dussmann-Gruppe sind Arbeiterrechte und faire Löhne eher Fremdwörter. In Redebeiträgen wurde auf die Rolle Dussmanns bei der CFM hingewiesen.

Auf der Kundgebung sprach u.a. Inge Höger (MdB Die Linke) ihre Solidarität mit den Streikenden aus. Von Dussmann ging es zum Campus Mitte wo der Aufsichtsrat der Charité tagte. Finanzsenator Nußbaum konnte mit einem kurzen Pfeifkonzert begrüßt werden, die anderen „hohen Herren“ ließen sich nicht blicken. Auch war Karl Einhäupl diesen Freitag nicht bereit, sich den Streikenden zu stellen und die gewünschte „schwarze Null“ entgegen zunehmen (CFM und Charité begründen ihre Haltung mit der Vorgabe des Senats, die Charité müsse eine schwarze Null erwirtschaften).

Ein weiterer Armutsbeweis für die, die für Niedriglöhne und prekäre Beschäftigung an der Charité mitverantwortlich sind.

Solidarität und Protest

Immer wieder gelang es, weitere KollegInnen zum Streik zu bewegen.

Das lag nicht nur am Streikkurier, der am Montag sein fünftes Erscheinen feiert, sondern an der Solidarität, die den Streikenden von Pflegekräften und Patienten entgegen gebracht wird. Diese können sie seit dieser Woche auch sichtbar äußern. Es wurden von ver.di gelbe Klebezettel produziert, die sich bequem an der Berufskleidung befestigen lassen. Mit der Aufschrift „Tarivertrag jetzt! Solidarität mit den streikenden Beschäftigten der CFM!“ ist die Botschaft eindeutig.

Am Standort des Campus Benjamin Franklin in Steglitz-Zehlendorf, an dem es vergleichsweise schwierig ist, die MitarbeiterInnen zum Streik zu mobilisieren, wurde auf spezielle Aktionsformen zurückgegriffen.

Von einem Streikenden kam die Idee einer „Streikdiät“. Diese sei solidarisch, gesund und lecker.

Sie bestand darin, sich das Essen selbst mitzubringen, statt in die hauseigene Mensa zu gehen. Diese wird von der CFM betrieben und gehört zu den Bereichen, die es noch zu bestreikten gilt. Auf selbst entworfene und vor der Mensa verteilte Flugblätter, reagierte die Geschäftsleitung prompt mit einem Aushang, auf dem das Wort Streikdiät groß geschrieben und durchgestrichen ist. Mit dem Vermerk, dass die Mensa wie gewohnt geöffnet habe.

Die Aktion wurde von Erfolg gekrönt. Am Morgen gingen mehr KollegInnen als gewöhnlich stolz ihre Brotbüchsen zeigend an den Streikposten vorbei und es wurden wesentlich mehr Pizzaboten als zuvor gesichtet.

Dass Kontinuität sich auszahlt, zeigte der Übertritt von Mitgliedern der IG BAU, die den Streik weiterhin blockiert, zu ver.di. Mit einem weiteren Flugblatt wurde der Geschäftsführung für nächste Woche das Kommen der Streikenden angekündigt, denn das Streiklokal zieht ab 26. September an den Campus Benjamin Franklin nach Steglitz. Sie könne sich auf hunderte entschlossener Streikposten freuen. Wenn es am Montag in die nunmehr dritte Streikwoche geht, sollte genau das die Haltung der KollegInnen sein.