Der 11. September und seine Folgen

Die Welt wurde auf den Kopf gestellt


 

Zehn Jahre ist es her, dass die Twin Towers von New York ineinander zusammenfielen. In der Zeit nach diesem terroristischen Angriff entfesselte der US-Imperialismus ein Abschlachten von Massen in Afghanistan und dem Irak, was einige zu dem Glauben verleitete, dass eine Ära absoluter Dominanz durch die einzige Supermacht der Welt angebrochen sei. Doch die heutige globale Wirtschaftskrise und die Unfähigkeit der USA angesichts der Revolution in Nordafrika und dem Nahen Osten hat die Fehlerhaftigkeit dieser Sichtweise unter Beweis gestellt.

von Peter Taaffe, Generalsekretär der Socialist Party in England und Wales

Bei den blutigen terroristischen Verbrechen des 11. September 2001 in New York, Pennsylvania und Washington handelte es sich um die einschneidensten Ereignisse der jüngeren Geschichte. Der Tod von tausenden von Menschen war für die kapitalistische Reaktion unter der Führung von George W. Bush und dem mittlerweile in Misskredit geratenen, damaligen britischen Premierminister Tony Blair der Vorwand dafür, eine neue Ära des schrecklichen imperialistischen Krieges einzuläuten und das Gift der ethnischer Spannungen und des Rassismus zu befördern, das vor allem gegen Menschen islamischen Glaubens eingesetzt wurde. Das Ergebnis davon war, dass eine unglaubliche Zahl an Menschen ihr Leben verlor und eine Zerstörung, die zu weiterem ungeahnten Leid von Millionen arbeitender Menschen und der Armen vor allem in der neokolonialen Welt führte.

Die Socialist Party verurteilte damals und seither eindeutig die Organisation al-Qaida, die hinter diesen Anschlägen steckte. Wir beschrieben ihre Methoden als die „einer kleinen Gruppe, die von Massenterrorismus Gebrauch macht“. Gleichzeitig gaben wir nicht den Hauch von Unterstützung für Bush oder Blair und die Kakofonie der kapitalistischen Medien für einen weltweiten „Krieg gegen den Terror“. In Wirklichkeit benutzten sie nur den 11. September, um staatlichen Terror gegen wehrlose und unschuldige Menschen auf der ganzen Welt einzusetzen. Das Symbol dafür wurden schließlich die Folterkammern von Guantánamo Bay und das berüchtigte Gefängnis Abu-Ghuraib im Irak.

Dennoch wurde dieser politische Standpunkt nicht einmal von einigen sozialistischen Gruppen geteilt, die sich fragwürdig verhielten und sogar ablehnten, diese Angriffe zu verurteilen. Das war ein vollkommen falscher Ansatz, der das Risiko der Entfremdung der Mehrheit der Menschen aus der Arbeiterklasse in sich barg, die vom Blutbad in New York und Washington angewidert waren. Mehr noch: Es eröffnete die Möglichkeit, dass sie in die Arme von Bush und Blair und ihrer Kriegsvorbereitungen zur Invasion Afghanistans und später auch des Irak getrieben wurden.

Der Marxismus hat in der Geschichte terroristische Methoden immer abgelehnt. In Russland war der Marxismus von Anfang an darauf festgelegt, diese Methoden im Kampf gegen das brutale zaristische Regime abzulehnen. MarxistInnen setzten dem den Massenkampf entgegen. Sie verbanden die Kämpfe der Arbeiterklasse mit denen der Bäuerinnen und Bauern und in erster Linie mit dem Kampf der verarmten Landbevölkerung. Darin sahen sie die einzige Kraft, die einen erfolgreichen Kampf gegen den Zarismus führen konnte. Nicht die Ermordung selbst der unterdrückerischsten Minister der Regierung sondern die Massenaktion, der Generalstreik, ein Massenaufstand zur Überwindung der diktatorischen Regimes konnte demnach die Basis schaffen für einen nachhaltigen Erfolg.

Leo Trotzki verglich den Terrorismus mit dem kapitalistischen Liberalismus nur mit dem Mittel des Bombenanschlags. Heute mag das merkwürdig für uns klingen. So ist es unvorstellbar, dass Nick Clegg, Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei Großbritanniens und stellvertretender Premierminister, mit terroristischen Methoden in Verbindung gebracht wird! Aber Trotzkis Gedanken bleiben schlüssig. Die Liberalen glauben, dass die Entfernung dieses oder jenes Ministers oder einer Regierung wirklich zu einer grundlegenden Veränderung führen kann. Denselben Ansatz verfolgt der Terrorist, nur mit gewaltsamen Mitteln. Doch um wirklichen sozialen Wandel zu erreichen, reicht es nicht aus, einen Minister oder eine Regierung auszutauschen. Würde etwa die Absetzung der momentanen Regierung in Großbritannien und die Machtübergabe an Ed Miliband und seine New Labour-Partei die Lage grundlegend verändern? Allein die Frage zu stellen, heißt schon, die Antwort gegeben zu haben, weil eine Regierung Miliband verwurzelt wäre im Rahmen, den der Kapitalismus absteckt. Es würde zu keinem dramatischen Wandel kommen; vor allem nicht, was die sozialen Bedingungen der Masse der Menschen angeht.

Allerdings kam al-Qaida mit einer völlig neuen Art des Terrorismus daher. Trotz der Versuche einiger linker Gruppen, das Bild des islamischen Terrorismus zu beschönigen, geht al-Qaida zurück auf die Lehre des Wahhabismus, eine mittelalterliche Version des sunnitischen Islam und das dominierende Glaubensbekenntnis des theokratischen Regimes in Saudi Arabien. In der Vergangenheit beteiligten sich terroristische Gruppierungen, die sich zumindest theoretisch der Beförderung der sozialen Interessen der Massen verpflichtet meinten, an Mordanschlägen gegen besonders reaktionäre Personen, Regierungen etc. Die Ursprünge von al-Qaida mit ihrer messianischen auf keiner Klassen-Basis gegründeten Fundamentalopposition gegenüber dem „Ungläubigen“, dem „großen Satan“, den USA, geben Aufschluss über die rücksichtslose Anwendung massenhaften Terrors. Man griff nicht nur die USA und ihre Verbündeten an, sondern tötete auch unschuldige ArbeiterInnen und Arme. Offenkundig wurde dies am 11. September 2011 aber auch bei den anderen terroristischen Akten vorher und nachher.

Der sachkundige Korrespondent der britischen Zeitung The Independent, Patrick Cockburn, machte auf Folgendes aufmerksam: „In den westlichen Medien wird ein bösartiger Aspekt bezüglich al-Qaida viel zu wenig gewürdigt: Die Organisation hat schon immer mehr schiitische Moslems als Amerikaner getötet. Die Gruppe war sektiererisch bevor sie nationalistisch wurde. Die Schiiten wurden als Ketzer betrachtet, die genau wie der US-amerikanische oder britische Soldat den Tod verdient haben. Ihre Selbstmordattentäter werden immer wieder schiitische Tagelöhner zum Ziel haben, die auf öffentlichen Plätzen früh morgens in Bagdad auf Arbeit warten. Ihre verheerenden Bombenanschläge werden immer wieder gegen schiitische Gläubige gerichtet sein, die aus ihrer Moschee kommen“. Dasselbe Bild haben wir in Pakistan mit den dort agierenden Taliban, einem Ableger von al-Qaida. Dort werden schiitische Muslime niedergemetzelt, wo immer sie zum Ziel werden können.

Über alldem steht, dass al-Qaida in den letzten zehn Jahren weithin erfolglos darin geblieben ist, irgendeinen echten Erfolg gegen den US-Imperialismus oder seine verbündeten Regimes im Nahen Osten bzw. in Nordafrika zu erzielen. Da die Hauptgruppe um Osama bin Laden klein war, wurde ihr Banner auf islamische Terroristen in der ganzen Welt „übertragen“. Die Behauptung, wonach es sich dabei um eine Art von „islamischer Komintern“ handeln würde, war eine groteske Übertreibung. Das Äußerste, was die Struktur bislang erreicht hat, war die Organisierung beträchtlicherer Kräfte in den Tora Bora-Bergen von Afghanistan zwischen 1996 und 2001.

Die Aufnahme des Massen-Kampfes

Bei den großartigen Revolutionen im Nahen Osten und in Nordafrika, die in Tunesien und Ägypten ihren Anfang nahmen, spielte al-Qaida nur eine geringe bis gar keine Rolle. Wie wir entgegen der Haltung vieler linker Gruppen wie der Socialist Workers Party in Großbritannien vorausgesagt hatten, lehnten die jungen Leute und die ArbeiterInnen die falschen terroristischen Modelle ab und übernahmen die Methoden des Massenkampfes. Massenbesetzungen öffentlicher Plätze, Streiks und Demonstrationen waren die politischen Waffen der tunesischen und ägyptischen Massen bei der Absetzung von Ben Ali und Mubarak. Die Socialist Workers Party in Großbritannien hingegen näherte sich Organisationen an, die sich auf den politischen Islam stützen und übertrieb deren Bedeutung.

Es ist richtig, dass der Anlass für die tunesische Revolution die Selbstverbrennung des Straßenhändlers Mohamed Bouazizi war. Doch dieser individuelle Akt hatte nichts gemein mit den Methoden des rücksichtslosen Massenterrors der Selbstmordattentäter, die al-Qaida ausmachen. Mehr noch: Die Bedingungen für die Revolution wurden durch die gesamte vorhergegangene Phase kreiert und führten dann zu einem eher zufälligen Anlass, der eine Massenbewegung in Tunesien und Ägypten in Gang brachte, ein Charakteristikum aller echten Revolutionen.

Dort, wo die Religion sich weiterhin auf eine gewisse Basis stützen kann und – wie vor allem in der neokolonialen Welt – ein bestimmtes Maß an Attraktivität auf die Massen ausübt, gedeiht sie teilweise wegen der Bedingungen in einer Diktatur oder aufgrund des unterentwickelten ökonomischen Charakters einiger Länder mit großem Anteil an ländlicher Bevölkerung. In der stalinistischen Diktatur in Polen bis 1989 war es der Katholizismus der Kirche, der die Mittel zur Organisierung des Widerstands auf Seiten der ArbeiterInnen in Polen bereithielt. Aus diesem Grund hatte die Erhebung eine ausgesprochen religiöse Prägung. Das führte zunächst nicht dazu, dass man dort aus der Warte der antistalinistischen Opposition heraus prokapitalistische Schlussfolgerungen zog. Im Grunde stellte die Solidarność-Bewegung mit ihren Komitee-Strukturen und der Beteiligung der Massen 1980 und -81 die Bewegung für eine politische Revolution zur Ablösung der undemokratischen stalinistischen Staatsstrukturen dar. Gleichzeitig versuchte man Elemente der Planwirtschaft, der Verstaatlichung etc. beizubehalten. In der Iranischen Revolution von 1979 wurden wir ZeugInnen einer Art des „radikalen Islam“, der sich zeitweise auf die Arbeiterklasse und die Armen bezog. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in der neokolonialen Welt abermals zu Aufkommen solcher Phänomene kommen kann.

In Ägypten waren die Massen anfangs in der Lage, ihre Kräfte in Opposition zum Mubarak-Regime um die Moscheen und zu einem gewissen Grad auch um die im Untergrund arbeitenden unabhängigen Gewerkschaften herum zu konzentrieren. Doch die Muslimbruderschaft war die einzige Organisation, der es gestattet war, ein halb-politisches Dasein zu führen und auch als wohltätige, soziale Selbsthilfe-Organisation aufzutreten. Aus diesem Grunde war es für einige Schichten selbstverständlich, sich nach dem Sturz der ägyptischen Diktatur zuerst dieser Art von Organisationen zuzuwenden. Obgleich auch in Tunesien derartige islamistische Gruppierungen und Parteien existieren, so sind diese, wie es scheint, gegenwärtig nicht in derselben Art und Weise verwurzelt wie in Ägypten. Das Libyen nach Gadaffi könnte hingegen vor dem Auseinanderbrechen des Landes und einem Anwachsen islamischer Gruppen stehen. Noch aber steht nicht fest, dass dies die vorherrschende Richtung sein wird. In Ägypten gibt es trotz der jüngsten beträchtlichen Mobilisierung durch die Islamisten auf dem Tahrir Platz beileibe keine Garantie dafür, dass sie die absolute Mehrheit erringen können – selbst unter der Voraussetzung der hastig organisierten frühen Wahlen, die ihnen im Prinzip zu Gute kommen. Im Gegenteil ist noch nicht einmal sicher, dass die Muslimbruderschaft eine geschlossene, vereinte Kraft bleiben wird. Es kommt zu Spaltungen, die zum Teil auch entlang von Klassen-Linien stattfinden. Es ist die Rede von wenigstens vier unterschiedlichen politischen Parteien, die sich aus der Bruderschaft heraus gebildet hätten.

Zur selben Zeit erfahren die dem rechtsgerichteten politischen Islam entgegenstehenden säkularen wie auch sozialistischen Kräfte Widerhall unter den neu politisierten Schichten der Arbeiterklasse in Ägypten, Tunesien und der gesamten Region. Sogar im Jemen, ein Land, von dem „gemeinhin angenommen wird, sich ins al-Qaida-Netzwerk eingekauft zu haben“ (so die brit. Zeitung The Guardian), führte der Aufstand vom Februar zur Gründung revolutionärer Komitees, in denen Diskussionen über nicht-konfessionelle Strategien für einen Wandel toben. Überall im Nahen Osten und in Nordafrika kam es in den Revolutionen unter den Massen anfangs zu dem Drang, einen nicht-sektiererischen Ansatz zu fahren. Es ging dabei eindeutig in Richtung von Lösungen auf Grundlage der sozialen Klasse. Angesichts der unsäglichen sozialen Bedingungen im Jemen, einem Land mit sieben Millionen Menschen, in dem ein Drittel der Bevölkerung keinen sicheren Zugang zu Lebensmitteln hat und zehn Prozent der Menschen als unterernährt gelten, braucht es mehr als eine Religion, um den Forderungen der Massen gerecht werden zu können.

Vom Joch der Diktatur befreit strömten sie auf die politische Bühne und – wie das Beispiel Ägyptens zeigt – werden auch von den Erlassen der verrufenen Militärelite nicht zum Schweigen gebracht. Und sie werden weitermachen, um ihre Forderungen nach drastisch verbesserten Lebensbedingungen, demokratischen Rechten, Gewerkschaften etc. durchzusetzen. Der bisher fehlende wesentliche Bestandteil, um den Erfolg des Kampfes zu garantieren, ist die Existenz von Massenorganisationen, von kraftvollen Gewerkschaften und unabhängigen Parteien der Arbeiterklasse. Doch die Erfahrungen der bisherigen, eher krampfhaften Bewegungen und die bevorstehenden, noch größeren politischen Bewegungen werden als Lehrmeister für die Massen dienen, dass sie nur unter ihrem eigenen unabhängigen Banner in der Lage sein werden, eine Position zu erobern, von der aus sie damit beginnen können, ihr Streben nach Arbeitsplätzen, Wohnraum und erträglichen Lebensstandards in die Tat umzusetzen.

al-Qaida in der Sackgasse

EINER DER GROSSEN Impulse für die Revolution – und gleichzeitig auch der Faktor, der dem Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI) vergangenes Jahr die These erlaubte, dass eine Bewegung Mubarak würde stürzen können – war die Verschlechterung der sozialen Bedingungen in der gesamten Region, vor allem der spektakuläre Anstieg der Massenarbeitslosigkeit. Die wiederum resultierte aus der sich vertiefenden Weltwirtschaftskrise des Kapitalismus. Begleitet wurde dies vom Rückgang des Lebensmittelangebots und dem umfangreichen Import von Weizen in die Region, die historisch die Wiege der Zivilisation ist und der Ort, an dem die Landwirtschaft im fruchtbaren Bogen zwischen den Flüssen Eufrat und Tigris ihren Anfang nahm. Nichts könnte den destruktiven Charakter des modernen Großgrundbesitzertums und des Kapitalismus als auch ihre Unfähigkeit besser beschreiben, den ArbeiterInnen und Armen in der Region die Mittel des Grundbedarfs zur Verfügung zu stellen.

Eine Sache ist vollkommen klar: al-Qaida und der rechtsgerichtete politische Islam haben weder zum konkreten Kampf noch zur Erreichung der konkreten Ziele der Massen in der Region etwas Wesentliches beizutragen. Nicht nur in Nordafrika und dem Nahen Osten sondern auch in Pakistan und Afghanistan führen die Methoden von al-Qaida in die politische Sackgasse. Die Ermordung von bin Laden im Juli war für die Massen in Pakistan kein großes Ereignis. Als er auf Geheiß des US-Imperialismus ermordet wurde, war seine Organisation politisch gesehen faktisch bereits am Ende.

Dennoch beschränkt sich die Gefahr, dass Terrorismus und terroristische Ansätze auf von der Gesellschaft entfremdete Schichten eine gewisse Attraktivität ausüben, nicht allein auf die neokoloniale Welt. Dazu gehören auch junge Leute und sogar einige Angehörige der Jugendlichen aus der Arbeiterklasse, wie das Beispiel der „Roten Brigaden“ im Italien der 1970er und 1980er Jahre gezeigt hat. Wenn die Arbeiterklasse und ihre Organisationen darin scheitern, die Initiative für einen Wandel zu ergreifen, dann können verzweifelte Menschen dazu kommen, sich sozusagen für die Abkürzung des Terrorismus zu entscheiden. Die Bedingungen, denen die Arbeiterklasse und vor allem die Jugend heute ausgesetzt ist, sind unbeschreiblich viel schlechter als damals. Deshalb ist es nötig, die Methoden des Terrorismus zu untersuchen und ihnen von einem marxistischen Standpunkt aus entgegenzutreten, um viele potenziell gute sozialistische Kräfte davor zu bewahren, in diese Sackgasse einzubiegen.

Bei dem Angriff auf die Twin Towers und das Pentagon vor zehn Jahren handelte es sich um den spektakulärsten terroristischen Akt in der Geschichte. Aus Sicht von al-Qaida handelte es sich mit wenigstens 500.000 US-Dollar „Kosten“ auch um den „teuersten“. Für den Spross der reichen saudischen Familie bin Laden war das wohl eher eine Bagatelle. Gleichzeitig demütigte das den scheinbar allmächtigen und Milliarden Dollar schweren Sicherheitsapparat des US-Imperialismus. Doch al-Qaida hat in der abgelaufenen Dekade darin versagt, ihre Ziele hinsichtlich des Zurückdrängens des US-amerikanischen Imperialismus und der Regimes, die ihn im „Land des Islam“, dem Nahen Osten und in Nordafrika unterstützten, zu erreichen. Zugleich aber wurde der Imperialismus in die Lage versetzt, mittels des sogenannten „Kriegs gegen den Terror“ zu mobilisieren und all die reaktionären Auswirkungen hervorzurufen, die daraus resultierten.

Dem Imperialismus und allen voran den USA wurde ermöglicht, den eigenen militärischen Leistungsfähigkeit zu stärken, mit dem im Folgenden dann für die Militärinterventionen in Afghanistan und im Irak mit den blutigen Folgen für die Massen dort und überall mobil gemacht werden konnte. Der britische Bestsellerautor Robert Harris kommentierte dazu: „Der Rauch aus den Twin Towers liegt weiterhin auf dem Planeten. Es fühlt sich an, als lebten wir in einer dunkleren, paranoideren, weniger optimistischeren Ära als wir es in den 1990er Jahren taten, da der Kalte Krieg zu Ende war und der >Clash der Kulturen gerade erst begonnen hatte. Amerika hat sich nie voll davon erholt. Und der Westen hat das genauso wenig getan“. (Sunday Times, 14. August 2011)

Überheblichkeit des Imperialismus

Aber das Kräfteverhältnis auf der Welt, welches entscheidend zu Gunsten des US-amerikanischen Imperialismus ausgerichtet war, hat einen tiefen Wandel erlebt. Zunächst ging der US-Imperialismus gestärkt aus den Ereignissen des 11. September 2001 hervor, weil seine Repräsentanten die eigene Dominanz ganz arrogant durchsetzen konnten. 2001 waren die USA immer noch die wichtigste Volkswirtschaft und militärische Kraft auf dem Planeten. Ihr Streben danach, die „militärische Gesamt-Dominanz“ zu erlangen, wurde in Folge von 9/11 durchgesetzt. Anschließend gaben die USA fast genauso viel wie der Rest der Welt für barbarische Waffensysteme aus, darunter eben jene Massenvernichtungswaffen.

Begleitet wurde das von der simplen Doktrin des „Kriegs gegen den Terror“, die laut Donald Rumsfeld, dem US-amerikanischen Verteidigungsminister, für mindestens fünfzig Jahre vorhalten würde! Wie wir vorausgesagt hatten, galt sie nicht einmal für zehn Jahre, und fiel selbst unter den Bürgerlichen in Misskredit. Dennoch wurde unter diesem Mäntelchen eine massive Kampagne gegen die demokratischen Rechte der Menschen in den USA und andernorts aufgelegt.

Die kapitalistischen Medien in den USA und andernorts würdigten sich selbst noch mehr herab als sonst üblich und versammelten sich in Reih´ und Glied hinter dem Bush-Regime. Das schuf die Grundlage für die imperialistische Intervention in Afghanistan und dem Irak unter der heuchlerischen Schlagzeile der „liberale Militärintervention“. Die politische Rechte in den USA träumte bereits von der Umkehrung des „Vietnam Syndroms“, und sie bekamen die Chance dazu durch 9/11. Dies ist ein weiterer Aspekt der reaktionären Auswirkungen, die der Terrorismus mit sich bringt: Er stärkt die staatliche Hand in der Form, dass die demokratischen Rechte zurückgedrängt und unterhöhlt werden. Davon betroffen sind auch die Rechte der Arbeiterklasse und der Arbeiterbewegung. Selbst die jüngsten, weitestgehend spontan begonnenen Ausschreitungen in Großbritannien wurden von der Regierung genutzt, um das politische Pendel mittels verstärkter Androhung von Repressalien nach rechts ausschlagen zu lassen.

Lange bevor die Kriege begonnenen hatten, machte das CWI darauf aufmerksam, dass sowohl Afghanistan als auch der Irak besetzt werden könnten. Trotzdem traten wir den unausweichlichen Ängsten und der Enttäuschung (um nicht zu sagen: dem blanken Pessimismus) entgegen, die sich vor allem in der Arbeiterbewegung niederschlugen. Kurz nach den Angriffen vom 11. September 2001 schrieben wir: „Der 11. September hat, wie wir gesehen haben, für die Welt und den Kapitalismus eindeutig eine neue Phase eröffnet. Trotz der Prahlereien von Bush und seinen wichtigsten Juniorpartnern wie Blair bedeutet das nicht, dass es zu einer erfolgreichen und triumphalen Periode für den Imperialismus kommen wird. Die ‚Siege‘, die errungen wurden, werden von Widersprüchlichkeiten durchlöchert. Sicherlich dominiert der Koloss USA die Welt wie nie zuvor in der Geschichte. Aber gleichzeitig hat er sich das ganze explosive Material des Weltkapitalismus in seine Grundfesten eingebaut“. („Nach dem 11. September – Wer kann den US-Imperialismus noch herausfordern?“; September 2002)

Und tatsächlich hat der US-Imperialismus einen grundlegenden Wandel erlebt, der sämtliche Doktrinen von Bush und seinen neokonservativen Unterstützern hat in Staub aufgehen lassen. Wer würde heute noch von einem US-Präsidenten sprechen, der die Rolle eines modernen „Caesar“ einnehmen würde – so, wie es kurz nach dem 11. September 2001 der Fall war? Barack Obama war bloß ein Zuschauer, der nicht in der Lage war einzugreifen, als die Revolutionen in Tunesien und Ägypten ihren Anfang nahmen. Nur unter Zuhilfenahme der konterrevolutionären und theokratischen Regimes in Saudi Arabien, Bahrain und andernorts und mit der NATO-Intervention in Libyen schaffte es der US-Imperialismus, einen sehr schwachen Einfluss auf die Situation im Nahen Osten und zu bekommen.

In Syrien fühlte sich Obama erst nach einer sich lang hinziehenden Periode von Aufständen in der Lage, mittels der Androhung von Wirtschaftssanktionen gegen Bashar al-Assad zu intervenieren, sollte er nicht abtreten. Allerdings hat Obama wie bei allen prokapitalistischen Kräften in der Region Angst, was folgt, wenn Assad gestürzt wird. Es macht nicht den Anschein, dass dies unmittelbar bevorsteht, da Assads Regime sich immer noch auf eine gewisse Unterstützerbasis in wichtigen Regionen wie um Damaskus und Aleppo stützen kann.

Doch Assads Demission könnte zum „ungeordneten“ Zerfall des Landes und seiner Aufspaltung entlang ethnischer und religiöser Linien führen. Das könnte umgehend auch Rückwirkungen haben, beispielsweise auf Israel. Der südöstliche Nachbar würde möglicher Weise handeln, um seine Position abzusichern, sollten die Aufstände in Syrien auch auf die von Israel kontrollierten Gebiete wie die Golanhöhen übergreifen. Eben erst drohte auch die Türkei mit einem militärischen Eingreifen, um für „Stabilität“ zu sorgen. Das bedeutet, dass man handeln wird, sobald man es als wahrscheinlich ansieht, dass die kurdische Bevölkerung in Syrien ohne die Kontrolle durch Assad die Opposition der KurdInnen in der Türkei gegen die Regierung Erdoğan verstärken kann. In dieser Situation kann ein Eingreifen des US-Imperialismus wiederum möglich werden. Das brachte den Autor des Independent, Robert Fisk, zu dem Kommentar: „Obama brüllt, die Welt erzittert. Ach, bliebe es doch nur dabei.“

Das schreckliche Erbe des Imperialismus

All dies unterstreicht die Tatsache, dass der US-Imperialismus, bei dem es sich ja weiterhin um einen ökonomischen wie auch militärischen Giganten handelt, nicht länger die Kraft aufbieten kann, seinen Willen weltweit durchzusetzen, wie dies in der Zeit nach dem 11. September 2001 geschah. Gehemmt wird er durch seine ökonomische Schwäche, die sich im riesigen Haushaltsdefizit widerspiegelt, und teilweise auch das Resultat der imperialistischen Amokläufe in Afghanistan und dem Irak ist. Durch die Katastrophe der US-Intervention in Afghanistan und dem Irak wurden unglaublich drei Billionen US-Dollar verschwendet. Das stellt den Gegenwert von beinahe einem Fünftel des gesamten jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA dar. Doch bei weitem schlimmer ist der Zoll, den das Morden einforderte: Mindestens 600.000 ums Leben gekommene unschuldige irakische ZivilistInnen, zu denen noch die getöteten SoldatInnen der „Koalition der Willigen“ hinzu kommen, die in den aussichtslosen Kriegen ihr Leben ließen.

Und was ist die Bilanz dieser Interventionen? Die Taliban bleiben unbesiegt. Was noch schwerer wiegt, ist, dass ihr vergiftender Einfluss als Konsequenz aus dem Krieg in Afghanistan sich mit der Situation der Massen in Pakistan vermengt und sich bereits mit der sich dort verstärkenden Armut und schieren Verzweiflung verwebt, die sich über weite Gebiete und viele Städte des Landes ausgebreitet haben.

Die afghanische Marionette Großbritanniens und der USA, Hamid Karzai, „der Bürgermeister von Kabul“, wird zunehmend bedrängt und könnte gestürzt werden, sollten imperialistische Unterstützung und Bajonette abgezogen werden, was absehbar ist. Die jüngsten Ermordungen seines Bruders und anderer Säulen des Regimes deuten darauf hin, wie sehr die Taliban in der Lage sind, sogar der Hauptstadt zuzusetzen und wie zerbrechlich der momentane afghanische Staat ist. Überdies beteiligt sich der Imperialismus an Verhandlungen mit den Taliban, was von David Cameron, dem britischen Premierminister mit dem sogenannten „Friedensprozess“ in Nordirland verglichen wird. Das unterstreicht, was wir von vornherein gesagt haben: Der Krieg ist nicht zu gewinnen.

In Wirklichkeit steht der Imperialismus kurz davor, „den Sieg zu erklären und abzuziehen“. Wahrscheinlich wird man dabei eine „Koalitionsregierung“ aus dem Hut zaubern, an dem die Taliban oder Teile von ihnen sowie Reste des jetzigen Regimes beteiligt sein werden. Zeitgleich werden dann wahrscheinlich weiter Ressourcen in den Aufbau einer sogenannten „afghanischen Armee“ fließen, während Militärbasen in der Region aufrechterhalten werden. Ein ähnliches Szenario besteht für den Irak. Auch hier hatten wir vorausgesagt, dass den Menschen ein schrecklicher Nachlass durch die US-amerikanische und britische imperialistische Militärintervention vererbt werden würde. Die US-Einheiten bereiten sich auf den „Abzug“ vor, nachdem sie dabei geholfen haben, den Irak zu zerstören statt all die Probleme wie die Armut, den Zusammenbruch der nötigsten Bedarfsleistungen und Versorgungsinstanzen und vor allem die ethnischen und religiösen Spannungen zu lösen. Vielmehr hat man diese Probleme erst hervorgerufen.

Trotz alledem beginnt sich die grandiose Bewegung, die in erster Linie aus der Arbeiterklasse besteht und sich aus verschiedenen ethnischen Gruppen zusammensetzt, von der Katastrophe zu erholen. Diese Entwicklung bestätigt auch unsere Argumente gegen die imperialistische Intervention zum Sturz Saddam Husseins. Es gab einige, die sich als links bezeichneten – insbesondere Exil-IrakerInnen, die meinten, dass nur eine Militärintervention von außen Saddam beseitigen könne. Wir wiesen auf das Potenzial der Arbeiterklasse im Irak hin, doch unsere Argumente wurden abgewiesen mit der Behauptung, dass „die irakische Bevölkerung in Ketten liege und nicht in der Lage sei, selbst das Heft in die Hand zu nehmen“. Zudem wurde gesagt, dass „der Impuls zur Beseitigung Saddams von außen kommen muss“. Viele sahen in den größten Gegnern der Arbeiterklasse, in den Kapitalisten und Imperialisten jene, die die Aufgabe erfüllen müssten, die aber nur eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse in der Lage ist zu erfüllen.

Unsere Argumentation wurde von den großartigen unabhängigen Bewegungen der Massen bestätigt, die in Tunesien und Ägypten aufkamen und die Armee aufspalten konnten. Darüber hinaus wird die Entwicklung der Arbeiterklasse und ihrer unabhängigen Organisationen selbst in von Armut gebeutelten Gesellschaften wie der in Afghanistan und im Irak in der kommenden Phase voranschreiten. Auch auf regionaler Ebene kann der Trend in Richtung nicht-konfessioneller Bewegungen in all den Aufständen, von denen wir Zeuge werden konnten, weitergehen. Kein Land, selbst das stärkste nicht, ist alleine lebensfähig. Das gilt vor allem auf ökonomischer Ebene. Nun durch die Verbindung der Ressourcen der Völker in einer sozialistischen Konföderation mit voller Autonomie und demokratischen Rechten für alle Nationalitäten und ethnischen Gruppen, wozu auch das Recht auf Gebrauch der eigenen Sprache und religiöser Minderheiten zählen muss, können die Völker dieser Region aus dem Albtraum entkommen, mit dem sie im Kapitalismus tagtäglich zu tun haben.

Es gibt keine unipolare Welt mehr

In der unmittelbar nach dem 11. September 2001 folgenden Phase war der US-Imperialismus in der Lage, seinen Willen – wenn auch in Grenzen – durchzusetzen, da es keine rivalisierenden Mächte in näherer Umgebung gab. Während des Kalten Krieges war das stalinistische Russland der einzige Rivale des US-Imperialismus. Dessen erstaunlicher ökonomischer Zusammenbruch nach der Abdankung der Sowjetunion und der Reste der stalinistischen Planwirtschaft hat zur Entkräftung des ehemaligen ökonomischen und politischen Giganten geführt.

Doch jene Weltlage und mit ihr die unipolare Position der USA nach 9/11 existiert nicht mehr. Das liegt zu Teilen am Aufstieg Chinas, von dem man annimmt, dass es in den nächsten zehn Jahren die USA überholen wird – zumindest was das allgemeine Wirtschaftswachstum und die Produktion und weniger den Lebensstandard angeht. China, das sich auf seine neue wirtschaftliche Stärke stützt, fordert den US-Imperialismus in zunehmendem Maße sogar militärisch, diplomatisch und geopolitisch heraus. Auf drastische Art und Weise wurde dies jüngst durch die Inbetriebnahme des ersten chinesischen Flugzeugträgers demonstriert, der natürlich vornehmlich für den Gebrauch im Pazifischen Ozean als Gegenpart zu der immer noch dominierenden US-Flotte vorgesehen ist. Außerdem wurde der erste eigene Tarnkappenbomber in Dienst genommen und die chinesischen Kriegsflugzeuge sollen die US-amerikanischen Aufklärungsflugzeuge aus dem chinesischen Luftraum zwischen China und Taiwan verdrängen.

Anders als noch vor zehn Jahren haben auch die Strategen des US-amerikanischen Kapitalismus realisiert, dass man nicht länger mit der alten politischen Ausrichtung unter dem Motto „Waffen und Butter“ fortfahren kann. In den 1990er Jahren schien es, als sei der Anteil der USA an den weltweiten Ausgaben für Verteidigung gefestigt und nachhaltig. Das lag auch daran, dass der US-amerikanische Anteil am weltweiten BIP ein Jahrzehnt lang nahezu gleichbleibend war. In der ersten Dekade dieses Jahrhunderts sank jedoch dieser Anteil und die USA konnten ihre enorme Ausgabenlast für militärische Zwecke nicht länger aufrecht erhalten. Allerdings stieg der Anteil der USA an den weltweiten Verteidigungsausgaben aufgrund der enorm viel Geld verschlingenden Interventionen in Afghanistan, dem Irak und andernorts noch einmal von 36 auf 42 Prozent. Dies zwingt nun die Obama-Administration dazu, Kürzungen im Verteidigungshaushalt in geschätzter Höhe von 800 Milliarden US-Dollar vorzunehmen.

Wie vorherzusehen war, provozierte dies den Zorn der Waffenindustrie und ihrer Repräsentanten im Kongress, die bestens darauf vorbereitet sind, stattdessen wüste Kürzungen bei den Sozialausgaben vorzunehmen, um ihre Illusionen in die Erhabenheit des US-Imperialismus aufrecht zu erhalten. Aber aufgrund der schwächer werdenden wirtschaftlichen Basis des US-Kapitalismus kann er dies nicht ohne zunehmende Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse und der Mittelschichten gewähren. Das bedeutet, dass die USA auf internationaler Ebene frustriert werden und innerhalb ihrer eigenen Grenzen ebenfalls heftige Klassenkämpfe erfahren wird, wie Europa in der letzten Phase – nur mit den speziellen amerikanischen Charakteristika hinsichtlich des Tempos und der Entschlossenheit der Arbeiterklasse.

Deshalb sehen wir statt der von den kapitalistischen Strategen erwarteten triumphalistischen Ära eines gestärkten und boomenden Kapitalismus zehn Jahre nach dem 11. September das genaue Gegenteil. Von seinen Widersprüchen zerrissen und mit der größten wirtschaftlichen Krise seit den 1930ern konfrontiert, befindet sich der Kapitalismus in den USA und weltweit in einer Sackgasse. Der Kapitalismus ist schon jetzt ein gescheitertes System. Der kürzlich veröffentlichte Entwicklungsbericht der Weltbank schätzt, das ein Viertel der Weltbevölkerung in Ländern lebt, die erheblich von politischer und krimineller Gewalt beschädigt sind. Martin Wolf hat in der Financial Times sachlich erklärt: „Das Politische und das Kriminelle sind eng verbunden.“ Mexiko und das von ihm symbolisierte „Mad-Max-Szenario“ weisen darauf hin.

Die Zuversicht der Kapitalisten bröckelt

Der 11. September erlaubte des Kapitalismus, und vor allem der extremen Rechten, alle Muslime als offene oder versteckte UnterstützerInnen des al-Qaida-Terrorismus zu stigmatisieren, was niemals der Fall war und auch heute nicht ist. So wie während des Nordirland-Konflikts völlig unschuldige Menschen verhaftet und inhaftiert wurden, geschieht dies heute mit Muslimen. Spaltungslinien und Misstrauen, die zwischen MigrantInnen und anderen ArbeiterInnen schon vorher bestanden, haben sich vergrößert. Dies wurde durch die Attacke Camerons gegen “Multikulturalismus” verstärkt, was ein kaum verschleierter Angriff auf MigrantInnen war. Kapitalistische PolitikerInnen in Europa, inklusive Angela Merkel und Nicolas Sarkozy, schlagen denselben Ton an.

Nach den Unruhen in Großbritannien und dem Tod von drei asiatischen Jugendlichen in Birmingham wurde jedoch von den asiatischen, schwarzen und weißen Menschen dort ein “multikultureller” Ansatz verfolgt. Dies geschah vor allem aufgrund der großartigen Initiative des Vaters eines der getöteten jungen Männer. Dies war eine Gelegenheit für die Arbeiterbewegung, diesem instinktiven Zusammenkommen einen Klassenstandpunkt zu geben. Ähnliches geschah 1969 in Nordirland, als gewerkschaftliche Vertrauensleute in Belfast die Initiative zur Bildung der “Friedenskomitees” von protestantischen und katholischen ArbeiterInnen ergriffen. Leider handelte die Arbeiterbewegung in Birmingham nicht in dieser Art und Weise, so dass religiöse Organisationen eingreifen konnten. Aber nur auf der Basis eines Klassenstandpunkts, der die gemeinsamen Interessen aller ArbeiterInnen betont, kann diese Stimmung und Bewegung aufrecht erhalten werden.

Wenn sich keine Perspektive einer sozialistischen Arbeiterbewegung entwickelt, kann der vergiftende Einfluss der extremen Rechten wachsen, was auch dazu führen kann, dass Verrückte, wie Anders Breivik in Norwegen, versuchen unschuldige Menschen im Namen des angeblichen “Kriegs gegen den Islam” zu töten. Diese Kreatur war wie ein Spiegelbild in seiner Anwendung derselben faschistischen Methoden, wie der rechte politische Islam von al-Qaida.

Die Menschheit wird mit sich verschlechternden Lebensbedingungen konfrontiert, mit Umweltzerstörung und der Zerstörung aller Zukunftshoffnungen, indem die Aussichten für die Jugend zerstört werden. Die Situation wurde von Max Hastings zusammen gefasst, der eine Diskussion mit einem Bänker über die Aussage des Präsidenten der Bank of England über “sieben anstehende dünne Jahre” für England, wiedergab. Hastings und der Bänker kamen zu der Schlussfolgerung, dass diese Annahme zu zurückhaltend sein könnte und es eher um “siebzig dünne Jahre” gehen könnte. Natürlich kann niemand voraussehen, wie lange diese Krise anhalten wird. Aber es ist klar, dass die Repräsentanten des Kapitalismus selber kein vertrauen mehr in ihr System haben. Dies demonstrieren die Kapitalisten mit ihrer Weigerung den aus der Arbeit der Arbeiterklasse gewonnenen Mehrwert wieder in die Produktion zu investieren- Deshalb liegen zwei Billionen US-Dollar nutzlos in den Tresoren der großen Konzerne in Amerika und deshalb werden 60 Milliarden Pfund von den britischen Unternehmen angehäuft. Es gibt keinen “profitablen Absatz”, also investieren sie nicht, die Arbeitslosigkeit steigt, die Armut wächst und die Arbeiterklasse kann zur Hölle fahren.

Wenn auch noch nicht bewusst, so lehnt die Masse der Arbeiterklasse und der Armen durch ihre Aktionen das System doch instinktiv ab. Sie haben es noch nicht geschafft, das Erbe der letzten zwanzig bis dreißig Jahre von neoliberalem Kapitalismus und seiner ideologischen Offensive zu überwinden. Aber gesellschaftlich betrachtet bewegen sich die Massen weltweit nach Links. Dies wird sich zwangsläufig auch auf der politischen Ebene entwickeln, es sei denn, der Kapitalismus findet einen Ausweg aus seiner Sackgasse. Selbst die Verwalter des Systems, in Regierungen, Parlamenten, Think-Tanks – den modernen Klöstern des Kapitalismus – haben wenig Hoffnung, dass ihr System bald gerettet werden könnte. Das bereitet die Basis für dramatische und erschütternde revolutionäre Umwälzungen vor, die die Zuhörerschaft für sozialistische und marxistische Ideen enorm ausweiten werden. Auf dieser Basis werden Massenparteien entstehen.

Die wahre Lehre des 11. September ist, dass weder der Imperialismus, noch sein Spiegelbild, der islamische Terrorismus – oder irgendeine Form von Terrorismus – einen Weg vorwärts für die Arbeiterklasse und für die Menschheit aufzeigen. Es sind nur die befreienden und demokratischen Ideen des Sozialismus, die eine Zukunftsperspektive weisen.