Opel – wie weiter?

Für den Erhalt aller Werke und Arbeitsplätze!


 

Nach der Entscheidung des Mutterkonzerns General Motors (GM), Opel zu behalten, äußerten Betriebsräte und Politiker aller Couleur ihre Enttäuschung darüber. Doch jetzt brauchen wir keine Worthülsen, sondern ein internationales Kampfprogramm für den Erhalt aller Werke und Arbeitsplätze.

von Sönke Schröder, Essen

Viele deutsche Politiker und der Opel-Betriebsrat um Klaus Franz favorisierten den „Magna-Deal“. Sie hofften, Magna würde keinen der deutschen Standorte (Rüsselsheim, Kaiserslautern, Eisenach und Bochum) schließen. Um Magna zu unterstützen, sagte der Betriebsrat dem Unternehmen den Verzicht auf Löhne, Weihnachts- und Urlaubsgeld in Milliardenhöhe zu.

Magna – die besseren Kapitalisten?

Bezüglich des Lohns wäre der „Magna-Deal“ für die Beschäftigten also schon mal ein schlechtes Geschäft gewesen, zumal gleichzeitig eine Arbeitsverdichtung zu erwarten gewesen wäre. Aber wären wenigstens die Arbeitsplätze gesichert gewesen? Von wegen. Magna plante die Entlassung von über 10.000 Beschäftigten in Europa, das sind etwa genauso viele, wie GM auf die Straße setzen will. Auch an deutschen Standorten wie Bochum wären Teile der Produktion dicht gemacht worden.

Angesichts der weltweiten Überkapazitäten in der Autoindustrie hätte die Strategie der Betriebsrats- und Gewerkschaftsbürokraten – Verzicht auf internationale Solidarität unter Opel-ArbeiterInnen und Lohnzugeständnisse – über kurz oder lang nicht einen einzigen Arbeitsplatz gerettet!

Arbeitskampf vorbereiten

Betriebsratschef Klaus Franz erzählt stolz davon, dass er Tag und Nacht SMS-Kontakt mit Politikern wie Angela Merkel oder dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) habe, um sich über die Zukunft von Opel abzustimmen. Aber wo bleibt die Abstimmung mit den Belegschaften?

Jetzt sind Versammlungen in allen Werken notwendig, auf denen ArbeiterInnen und Angestellte unabhängig von der Konzernleitung über die Situation an ihrem Arbeitsplatz und die anstehenden Kampfschritte diskutieren können. Auf solchen Versammlungen sollten aus der Mitte der Belegschaften Arbeitskampf-Leitungen gewählt werden, die – jederzeit rechenschaftspflichtig und abwählbar – die Vernetzung mit KollegInnen aus Werken über Ländergrenzen hinweg koordinieren und einen internationalen Protesttag vorbereiten. Der Kampf in den Werken des Weltkonzerns GM muss international sein, damit die Belegschaften nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Kämpfen bei Opel – und überall!

Die Angriffe auf Opel-Beschäftigte sind kein isoliertes Phänomen. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise stehen in allen Bereichen Entlassungen an, dazu kommen die anstehenden unsozialen Maßnahmen der Regierungen. Ein erfolgreicher Kampf der Opelaner könnte auf alle von Entlassung und Sozialabbau betroffenen Menschen ermutigend wirken. Solidaritätsbündnisse könnten die Kämpfe einer Region zusammenbringen und die Kampfkraft steigern.

Verstaatlichung und Arbeiterkontrolle

Doch wofür soll gekämpft werden? Die Unternehmer haben in den letzten Jahrzehnten immer wieder gezeigt, dass sie nicht fähig sind, den Beschäftigten bei Opel eine sichere Zukunft zu bieten. Darum gehört der Konzern dauerhaft in Staatshand. Dies darf jedoch nicht heißen, dass Kanzlerin Merkel und Guido Westerwelle künftig die Kontrolle über Belegschaft und Produktion haben. Die Betriebe müssen unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung von Belegschaftsvertretern, gewählten GewerkschaftsvertreterInnen und der Allgemeinheit stehen.

Außerdem muss die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich radikal verkürzt werden, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Dieser Kampf muss damit einhergehen, auch in anderen Unternehmen und Branchen für die Überführung in öffentliches Eigentum einzutreten. Nötig ist ein Bruch mit dem kapitalistischen System, damit nicht mehr die Profite der Kapitalisten, sondern die Bedürfnisse von Mensch und Natur im Vordergrund stehen.

Umstellung der Produktion

Die Krise von Opel und die Krise der Weltwirtschaft sind kein Zufall. Ihre Ursachen liegen im Profitsystem. Aber was ist die Alternative?

von Sönke Schröder, Essen

Seit Jahren werden deutlich mehr Autos hergestellt, als verkauft werden können. Jeder Konzern versuchte, seine Marktposition zu stärken, riesige Überkapazitäten wurden geschaffen. Nicht zum ersten Mal. Wie sagte schon der frühere BMW-Chef Eberhard von Kuenheim: „Es gibt zu viele Autos, aber es gibt zu wenig BMWs.“

Krise aus Überfluss

Wenn im Mittelalter ein trockener Sommer oder eine Insektenplage die Ernte ruinierte, kam es zu Hungersnöten, also zu Krisen, die aus Mangel entstanden. Wenn heute die Bänder stillstehen, dann ist das keine Krise, die aus Mangel entstanden ist. Die Kapitalisten sind gezwungen, Fabriken zu schließen, um ihre Profitkrise zu lösen.

Sinnvolle Produktion

Das Krisenchaos hat seine Ursache im Marktchaos mit seinem Profitzwang und seiner Konkurrenz. Darum gehört die Wirtschaft der Herrschaft der Kapitalisten entzogen. Eine demokratisch geplante Wirtschaft würde es ermöglichen, die Produktion radikal umzustellen.

Bei Opel beispielsweise könnten die Maschinen genutzt werden, um ökologisch sinnvolle öffentliche Verkehrsmittel zu bauen. Busse und Straßenbahnen, die genügend Platz und Komfort bieten, häufig und in einem gut ausgebauten Streckennetz fahren, würden das Auto überflüssig und das Reisen angenehmer machen. Aber auch komplett andere Produkte könnten hergestellt werden. In der Wochenzeitung vom 26. Februar schrieb Tom Adler, IG-Metall-Betriebsrat der „Alternative“ im Daimler Werk Stuttgart-Untertürkheim: „Einen Rohstoff gibt es allerdings, der im Überfluss vorhanden ist: das Wissen der FacharbeiterInnen im Autobau und die Kreativität von Zehn-tausenden in den Entwicklungsbereichen.“ n

Der Filmemacher Michael Moore über Konversion

„GM kann man nur retten, indem man GM tötet. Die Rettung unserer wertvollen industriellen Infrastruktur ist eine andere Geschichte und hat oberste Priorität.

Wenn wir es zulassen, dass unsere Autofabriken geschlossen und abgerissen werden, dann werden wir einst innigst wünschen, sie noch zu haben, wenn wir erkennen, dass diese Fabriken die alternativen Energiesysteme hätten bauen können, derer wir dringend bedürfen.

Und wenn wir erkennen, dass der beste Weg, uns von A nach B zu befördern, leichte Schienenfahrzeuge und Schnellzüge und sauberere Busse sind, wie können wir das bewältigen, wenn wir zuvor zugelassen haben, dass unsere Industriekapazitäten und die qualifizierte Arbeiterschaft verschwinden?

Innerhalb weniger Monate stoppte GM in Flint im Jahre 1942 die Autoherstellung und begann aus dem Stand heraus, an den Fließbändern Flugzeuge herzustellen, Panzer und Maschinengewehre. (…) Jetzt müssen wir unsere Autofabriken sofort in Fabriken für Massentransportfahrzeuge und alternative Energieerzeuger umfunktionieren“ (1. Juni 2009).