LINKE in den Widerstand!

Weiterer Aufbau der Linkspartei nicht an der Seite von Rot-Grün, sondern nur an der Seite von Beschäftigten und Erwerbslosen möglich


 

Mit dem Wahlergebnis von 11,9 Prozent hat DIE LINKE ihr Ziel von „zehn plus x“ erreicht. Es ist gut, dass die Linkspartei gestärkt aus der Bundestagswahl hervorgegangen ist. Wichtig, um dieses Ergebnis zu erreichen, waren die klaren Aussagen, zum Beispiel auf den Plakaten, gegen die Rente mit 67 oder gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Viele Menschen haben der LINKEN ihre Stimme gegeben, weil sie die einzige Partei ist, die auf Bundesebene in Opposition zum Konsens der etablierten Parteien steht. Gerade AktivistInnen in den Gewerkschaften und Betrieben verbinden damit die Hoffnung, dass mit dem Einzug einer starken LINKEN in den Bundestag der Widerstand gegen die kommenden Sozialkürzungen Rückhalt bekommt. Hätte die LINKE-Führung noch klarer eine Alternative zum kapitalistischen Krisenmanagement aufgezeigt, hätte sie aber noch mehr rausholen können.

von Angelika Teweleit, Berlin

Die größte „Partei“ in der Gesamtwählerschaft ist die Partei der NichtwählerInnen geworden. Warum konnte die Linkspartei davon nicht stärker profitieren? Außerdem stellt sich die Frage, warum der LINKEN (die unterm Strich eine Million Stimmen hinzugewonnen hat) insgesamt 350.000 WählerInnen, die sie vor vier Jahren gewählt hatten, nicht noch mal die Stimme gegeben haben.

Linkes Korrektiv in der Opposition?

Wenn man die Äußerungen führender LINKE-Politiker zur Rolle der Partei für die nächste Phase betrachtet, ist Skepsis angebracht. So gab Fraktionschef Gregor Gysi am Wahlabend die Losung aus, jetzt gemeinsam Opposition mit SPD und Grünen zu machen. DIE LINKE sei dabei das „linke Korrektiv“. Die Rolle der LINKEN sei mal wichtiger und mal weniger wichtig. Seine Aussage ließ darauf schließen, dass Gysi meint: Wenn sich die SPD „re-sozialdemokratisiert“, dann ist die Rolle der LINKEN nicht mehr so relevant.

Es ist befremdlich, wie die Führung der LINKEN offenbar Hoffnungen in die Partei setzt, die in den Augen von Millionen von ArbeiterInnen, Erwerbslosen und vor allem Jugendlichen aus gutem Grund jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat. Auch mit neuen Gesichtern in der Führung (ob Sigmar Gabriel, Andrea Nahles oder Klaus Wowereit) wird das am grundsätzlichen Charakter der Partei nichts ändern. Weder Andrea Nahles noch Sigmar Gabriel stehen für einen kompletten Bruch mit der Agenda-2010-Politik. Und ein Klaus Wowereit steht in Berlin einem Senat vor, der sich für Sozialkahlschlag verantwortlich zeichnet.

Und auch die Grünen sind verantwortlich für Hartz IV und die Entsendung der Bundeswehr ins Ausland. Anstatt sich an die Rockzipfel der Agenda-Parteien zu hängen und auf deren Wandlung zu hoffen und die Rolle der LINKEN auf ein „linkes Korrektiv“ festzulegen, muss es jetzt darum gehen, die Chance der LINKEN zu nutzen und sie zu einer kämpferischen und sozialistischen Kraft aufzubauen.

Orientierung auf Regierungsbeteiligung?

Das eigentliche Ziel der Führungsriege in der LINKEN wird immer deutlicher. Partei- und Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte kurz nach der Wahl, es ginge vor allem darum, in Thüringen, Brandenburg, Saarland und 2010 auch in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit SPD und Grünen die Regierung zu bilden. Dies begründete er mit der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat, die „ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken wird“. Was jetzt von der schwarz-gelben Regierung an massiven Angriffen ohne jeden Zweifel kommen wird, lässt sich aber nicht primär über den Bundesrat bekämpfen. Notwendig ist der geballte Widerstand in den Betrieben, Universitäten, Schulen und auf der Straße.

Zweifellos gibt es in Teilen der Arbeiterklasse Illusionen in rot-rot-grüne Koalitionen. Davor muss trotzdem in aller Schärfe gewarnt werden. Jegliche Beteiligung an Landesregierungen mit SPD oder Grünen wird DIE LINKE unglaubwürdig machen, weil sie in der Praxis etwas anderes tut, als in ihrem Programm steht.

Schon in den letzten Jahren hat sich DIE LINKE mit ihrer Regierungsbeteiligung in Berlin auf die andere Seite gestellt, indem sie unter anderem beim Absenkungstarifvertrag für die Landesbeschäftigten mitgemischt hat.

Es ist zu erwarten, dass es in Ländern und Kommunen angesichts der Wirtschafts- und Finanzmisere zu Kürzungsorgien kommt. Alle Regierungen werden dem enormen Druck des Kapitals ausgesetzt sein und sich entscheiden müssen, auf welcher Seite sie stehen. Wie sich Rot-Grün verhält, ist eindeutig. Wenn sich DIE LINKE an dieser Kürzungspolitik beteiligt, wird sie massenhaft die betroffenen KollegInnen, Erwerbslosen, Jugendlichen gegen sich aufbringen, anstatt sie zu gewinnen.

Lafontaine und Gysi träumen aber nicht nur von Landesregierungen. Es geht vor allem darum, sich auch für die Beteiligung an der nächsten Bundesregierung schon jetzt der SPD anzudienen. Daher wurde auch in den letzten Wochen des Wahlkampfes nicht mehr vom „sofortigen“ Abzug der Truppen aus Afghanistan geredet, sondern nur noch vom „schnellstmöglichen“ (so Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch zum Beispiel).

Ran an die Kämpfe

Der eingeschlagene Kurs der Führung birgt nicht nur die Gefahr einer Enttäuschung vieler Menschen, sondern auch der Schwächung des Widerstands. Es ist dringend notwendig, dass von der Basis der Partei immer wieder vor den Folgen dieser Politik gewarnt wird. Es ist nötig, den Kampf für einen Kurswechsel aufzunehmen.

Das heißt, sich dafür einzusetzen, dass die Partei jetzt zu einem Kristallisationspunkt für die Organisierung von Widerstand wird. DIE LINKE könnte zum Beispiel eine wichtige Rolle dabei spielen, die Forderung nach einem eintägigen Generalstreik in die Diskussion zu bringen.

Für einen antikapitalistischen Kurs

Zu jeder Belegschaft, die sich gegen Lohnverzicht oder Entlassungen wehrt, muss DIE LINKE hingehen und den Kampf unterstützen. Dabei ist es vor allem erforderlich, programmatische Antworten zu geben: Wie können die Arbeitsplätze erhalten werden? Hier ist Mitarbeiterbeteiligung keine Lösung. Es führt kein Weg daran vorbei, die Eigentumsfrage aufzuwerfen und die Verstaatlichung unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung zu fordern.

Eine solche Programmatik wirft auch die Systemfrage auf. Dann werden etablierte Parteien in der LINKEN natürlich keinen möglichen Koalitionspartner mehr sehen. Aber dafür wird sich zeigen, dass nur mit einer solchen Ausrichtung und mit der Perspektive einer sozialistischen Veränderung der Gesellschaft ein konsequenter Kampf gegen das Abladen der kapitalistischen Krise auf die Arbeiterklasse möglich ist.

DIE LINKE sollte nun alles daran setzen, den Widerstand – gegen Sozial- und Arbeitsplatzabbau – mit aufzubauen. Dabei sollte sie auch die SPD herausfordern. Wenn die Linkspartei aktiv Gegenwehr mit organisiert, für antikapitalistische Forderungen streitet und den Konflikt mit den Herrschenden zum Erhalt von Arbeitsplätzen oder Jugendclubs eingeht – kann sie auch langjährige SPD-Wähler- und AnhängerInnen ansprechen und perspektivisch gewinnen.

Linkspartei kann weiter wachsen – mit kämpferischer Politik

Die Partei DIE LINKE steht an einem Scheideweg: Entweder sie passt sich den „Sachzwängen“ an und landet möglicherweise, durch eine Anbiederung an die SPD, an den Trögen der Macht. Das würde bedeuten, dass sie schon bald einen schmerzhaften Einbruch an Unterstützung erfahren müsste. So halbierten sich die Stimmergebnisse der PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern nach einer Legislaturperiode als Juniorpartner einer SPD-geführten Regierung.

Oder aber die Linkspartei nimmt ihre eigenen programmatischen Aussagen ernst. Dann wäre konsequente Opposition und Aufbau von Widerstand angesagt. Sollte DIE LINKE diesen Weg einschlagen, könnte sie in der kommenden Zeit massiv an Unterstützung gewinnen. Tausende, ja Zehntausende von ArbeiterInnen und Jugendlichen, die in Kämpfen die aktive Unterstützung der LINKEN erfahren und von der Partei nach vorne weisende Vorschläge erhalten, könnten eine Perspektive darin sehen, DIE LINKE als neue politische Interessenvertretung aufzubauen. So wie die SPD ihre Stimmergebnisse seit 1998 halbiert hat, weil sich immer mehr ArbeiterInnen von ihr abwendeten, so wäre es für DIE LINKE möglich, ihre Wahlergebnisse und Mitgliederzahlen mehr als zu verdoppeln.

Um dieser Option eine Chance zu geben, müssen sich jetzt alle, die für eine kämpferische, sozialistische Ausrichtung stehen, in der Partei zu Wort melden. Die SAV wird sich in der LINKEN und bei Linksjugend [‘solid] für eine solche Politik einsetzen.

Angelika Teweleit ist Mitglied der SAV-Bundesleitung