Ein wirtschaftspolitischer Neuanfang?

DIE LINKE setzt auf Mitarbeiterbeteiligung und Mitbestimmung


 

Anfang des Jahres hat DIE LINKE das „Programm gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise“ verabschiedet, sowie die „Frankfurter Erklärung“ herausgegeben und damit die Losung „Wirtschaftsdemokratie“ der größten Krise des Kapitalismus seit 1929 entgegengesetzt.

von René Kiesel, Berlin

Der Begriff der Wirtschaftsdemokratie besitzt eine historische Kontinuität. Er wurde bereits in den späten zwanziger Jahren, nach dem Zweiten Weltkrieg und erneut gegen Ende des Nachkriegsaufschwungs von reformistischen Politikern und Gewerkschaften aufgegriffen. Doch damals wie heute gilt, dass er bei eingehender Betrachtung mehr Verwirrung stiftet, statt dass er für ein klares und kämpferisches Programm steht.

Minderheitenbeteiligung

Die Führung der LINKEN redet vom Ausbau der Beteiligung der Beschäftigten von bis zu 49 Prozent an größeren Unternehmen, um dann in Aufsichtsräten oder anderen Kontrollgremien zur angemessenen Vertretung ihrer Interessen präsent zu sein.

Wie „kauft“ man sich als Arbeiter in ein Unternehmen ein, um Beteiligung zu bekommen? Man verzichtet freiwillig auf einen Teil seines Lohns, um diesen in das Unternehmen zu investieren. Bei Opel hat der Betriebsrat eine Aktiengesellschaft gegründet, über die die Beschäftigten zehn Prozent der Anteile an Opel erwerben sollen – und gleichzeitig akzeptiert, dass die Auszahlung des Urlaubsgeldes verschoben wird.

Es kann wohl schlecht von Lohnabhängigen, die mit immer schlechterer Bezahlung zu kämpfen haben, verlangt werden, sich das Essen vom Mund absparen! Nur um sich dann kapitalistischer Logik entsprechend am Betrieb zu beteiligen. Bei der kapitalistischen Logik, der Profitmaximierung, liegt auch das grundlegende Problem dieser und sich immer wiederholender Krisen. Diese wird durch eine Mitarbeiterbeteiligung in keiner Weise angetastet. Ganz im Gegenteil. Zu dem Risiko, in Krisenzeiten arbeitslos zu werden, kommt noch die Verpflichtung, Unternehmensverluste als Anteilseigner mitzutragen. Die hat man dann auch noch selbst zu „verantworten“.

Friedliches „Co-Management“ überbezahlter Funktionäre

Neben der Mitarbeiterbeteiligung plädiert DIE LINKE für eine Ausdehnung der Mitbestimmung. Aber warum sollten es die ArbeiterInnen als erstrebenswert ansehen, sich an Unternehmen zu beteiligen, in denen sie letztendlich einfach von den anderen Mitgliedern des Vorstands oder Aufsichtsrats überstimmt werden können? Somit können sie nicht einmal grundlegendste Verbesserungen durchsetzen.

Wenn „Arbeitnehmervertreter“ und Gewerkschaftsmitglieder an der Leitung eines Unternehmens teilhaben, spielt das nur den Kapitalisten in die Hände. Sie werden dadurch gedrängt, immer dahingehend zu argumentieren, den Betrieb, in dem die ArbeiterInnen doch eine Mitsprache hätten, nicht zu bestreiken, geschweige denn zu besetzen. Eher werden sie dann auf eine kooperative, friedliche Lösung mit den Kapitalisten setzen. Somit werden radikalere Forderungen und deren Durchsetzung mittels Klassenkämpfen unterbunden und gedämpft.

Die Geschichte hat gezeigt, dass Betriebsräte, die sich auf Co-Management einließen beziehungsweise in Aufsichtsräte gingen, oftmals – wenn der Kampf gegen Verschlechterungen konkret wurde –, auf die Seite der Unternehmer wechselten. So hat der damalige VW-Gesamtbetriebsratschef Klaus Volkert auf Anweisung des ehemaligen Personalvorstands und Vorstandsmitglieds Peter Hartz in zwölf Jahren mehr als 1,9 Millionen Euro „Sonderboni“ bekommen. Man kann nicht davon ausgehen, dass ein „Arbeitnehmervertreter“ mit einem derart hohen Einkommen noch die Interessen eines Facharbeiters vertreten wird.

Deshalb kann das Modell der Wirtschaftsdemokratie, wie die Führung der LINKEN es uns präsentiert, nicht der Weg in eine bessere Gesellschaft sein. Statt für Mitarbeiterbeteiligung sollte DIE LINKE offensiv für die Verstaatlichung von Konzernen eintreten. Statt auf Mitbestimmung zu setzen, sollte für die Kontrolle und Verwaltung der Betriebe durch die arbeitende Bevölkerung gekämpft werden.