NPD-Krise? Keine Entwarnung!

Nazis im Superwahljahr


 

Im April soll der NPD-Bundesparteitag stattfinden. Bei Redaktionsschluss war noch ungewiss, wann und wo. Finanziell steht die Partei vor dem Ruin. Ihre Führung ist tief zerstritten.

von Rafael Reimann, Hamburg

Derzeit macht die Bundes-NPD Monat für Monat ein Minus von 80.000 Euro. Mehrere Mitarbeiter wurden bereits entlassen. Eigentlich hätte sie für die ersten drei Monate dieses Jahres 300.000 Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten, wegen gefälschter Rechenschaftsberichte wurden diese Überweisungen jedoch gestoppt.

Flügelkämpfe

Zum Jahreswechsel kehrten Mitglieder der Freien Kameradschaften der NPD den Rücken. Thomas Wulff, einer ihrer Anführer, erklärte die „Volksfront von Rechts“ für beendet. Im September 2004 war Wulff zusammen mit den Kameradschaftsführern Thorsten Heise und Ralph Tegethoff in die Partei eingetreten.

Unter den Partei-„Freunden“ besteht mittlerweile großes Misstrauen. Beliebt ist der Verdacht, für den Geheimdienst tätig zu sein. Beim Landesparteitag in Sachsen im März musste jeder Kandidat per „Ehrenerklärung“ beteuern, „kein Mitarbeiter oder Informant“ des Geheimdienstes zu sein.

Zudem sägt der Vorsitzende der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Holger Apfel, am Stuhl des Parteichefs Udo Voigt. Voigt ist schwer angeschlagen, da er die Machenschaften des Bundesschatzmeisters Erwin Kemna deckte. Dieser hatte sich 600.000 Euro aus der Parteikasse genommen, um seine angeschlagene Küchenfirma zu sanieren. Die Kreise um die Fraktionschefs von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, Apfel und Udo Pastörs, nutzten dies, um ihre eigene Position in der Partei zu stärken. Ihr Ziel ist, bei den kommenden Wahlen wieder ihre Parlamentssitze zu sichern.

Dafür wollen sie ein bisschen weg vom offenen NS-Image. Die Partei soll seriös und wählbar – und national-konservativ – sein, um der CDU die Stimmen am rechten Rand wegzunehmen. Doch zu offen konnten Apfel und Pastörs ihren Kurs nicht propagieren – denn das hätte sie in offene Konfrontation mit dem NS-Flügel um Jürgen Rieger und den Kameradschaften (inklusive der Autonomen Nationalisten) gebracht. Also wurde der Waldorflehrer Andreas Molau vorgeschoben. Doch Molau war vielen in der Partei zu national-liberal, schmiss nach kurzer Zeit das Handtuch und trat inzwischen zur DVU über. Jetzt will Pastörs für den Vorsitz kandidieren. Um sich beim NS-Flügel und den Kameradschaften wieder lieb Kind zu machen, schlägt Pastörs jetzt wieder radikale antisemitische Töne an.

Wahlen

Die NPD kann im Augenblick darauf hoffen, dieses Jahr nicht nur wieder in den sächsischen Landtag einzuziehen, sondern erstmals auch Sitze im Thüringer Parlament zu erringen. In den Umfragen liegt die Partei in Thüringen bei vier, in Sachsen bei drei bis sechs Prozent. Beide Wahlen finden am 30. August statt.

Gerüchteweise sollen neben Molau in größerem Umfang NPD-Mitglieder derzeit zur Deutsche Volksunion (DVU) wechseln. Molau hat angekündigt, die DVU zu einer „modernen nationalen Partei“ weiterentwickeln zu wollen. Kürzlich ist der steinreiche Gerhard Frey, der die DVU 1987 gründete, abgetreten. Er soll die, in Thüringen und anderen Landesverbänden ebenfalls zerstrittene und hoch verschuldete, Partei bislang aber weiter finanzieren. Die DVU hofft darauf, zum dritten Mal hintereinander in den Landtag von Brandenburg einzuziehen.

Rechte Gefahr bleibt

Auch in der Vergangenheit hatte die NPD, ebenso wie die DVU, schon Probleme mit ihren Finanzen und verzeichnete interne Streitereien. Obgleich offen ist, wie die Nazis sich in nächster Zeit auf Parteiebene aufstellen, kann von einer allgemeinen Schwächung der rechten Szene nicht die Rede sein. So zählte der Nazi-Aufmarsch in Dresden am 14. Februar, größtenteils von Kameradschaften organisiert, 6.000 Teilnehmer. Am 1. Mai wollen die braunen Kräfte in Hannover aufmarschieren. Der Trend zu dreisteren Gewalttaten, wie dem Überfall auf einen Bus mit Gegendemonstranten bei Dresden, hält jedenfalls an. Gerade auch dieses Spektrum predigt immer offener einen „nationalen Sozialismus“.

Um so wichtiger, dass linke Organisationen und Aktive, nicht zuletzt die Partei DIE LINKE, jetzt in der Wirtschaftskrise zum einen offensiv gegen Arbeitsplatz- und Sozialabbau kämpfen und eine wirkliche Alternative zu diesem System aufzeigen. Und zum anderen in Betrieben, Gewerkschaften und Stadtteilen aktiv gegen Nazis und ihre Aufmärsche mobilisieren.