Rausgeschmissen wegen 1,30 Euro!

Einer Berliner Kassiererin wurde fristlos gekündigt. Dabei bleibt es, ihre Klage wurde vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg abgewiesen.


 

von Torsten Sting, Rostock

Der Kollegin wurde vom „Arbeitgeber“, der Einzelhandelskette Kaiser´s, vorgeworfen zwei Leergutbons im Wert von 1,30 Euro für sich selber eingelöst zu haben. Der eigentliche Grund, so vermutet die Gewerkschaft verdi und das Solidaritätskomitee, sei jedoch ein anderer. Die Kassiererin ist bekennendes Gewerkschaftsmitglied und hat sich an Streiks beteiligt. Der mutmaßliche „Diebstahl“ war also nur ein Vorwand um eine unbequeme Arbeiterin loszuwerden.

„Recht“

Der Konzern hat aufgrund einer Denunziation die Kollegin fristlos entlassen, es gab also keinen Beweis. Das Gericht fand das ok, habe doch die „Unschuldsvermutung“ im Arbeitsrecht keinen Platz. Stattdessen greife hier das „Prognoseprinzip“. Zudem müsse eine Kassiererin „unbedingte Zuverlässigkeit und absolute Korrektheit zeigen“! Es ist an Zynismus kaum zu toppen, was hoch dotierte (Kapitalisten-) Richter für Anforderungen an „kleine“ Angestellte formulieren, während in den letzten Monaten überall auf der Welt Banken und Hedge Fonds-Yuppies mehrere Billionen Euro versenkt und damit zig Millionen Menschen die Existenz genommen haben. Trotzdem bekommen diese zum Dank für ihre „unbedingte Zuverlässigkeit und absolute Korrektheit“ millionenschwere Boni!

Kriminell

Durch verschiedenste Berichte und Bücher weiß jeder, wie kriminell die Arbeitsbedingungen bei den Einzelhandelsketten sind. Egal ob es sich um Lidl, Aldi oder eben Kaiser´s handelt: Die Beschäftigten werden mies bezahlt, Überstunden werden kaum vergütet, Bespitzelung á la Stasi und Mobbing durch Vorgesetze sind an der Tagesordnung. Das Auspressen der Beschäftigten steht dem Reichtum der Eigentümer entgegen. Die Tengelmann- Gruppe veröffentlicht zwar nicht den Gewinn. Das Magazin Forbes führt die Familie Haub als Gesellschafterin des Unternehmens mit 7,8 Milliarden Dollar als acht-reichste Deutsche. Unsere Armut ist euer Reichtum…

Klassenstaat

Wer bislang glaubte es gehe bei Justizia um Recht oder Gerechtigkeit, wurde hoffentlich durch diesen „Fall“ eines besseren belehrt. Er belegt deutlich, was MarxistInnen als Klassenjustiz bezeichnen. In dieser Gesellschaft haben die Reichen und Konzerne das Sagen. Wir ArbeitnehmerInnen erwirtschaften den Reichtum, den sich die Kapitalisten einsacken. Sie kaufen sich die Parteien, ihnen gehören die Medien und es ist ihr Staat. Seine Organe (z.B. Polizei und Gerichte) funktionieren im Sinne der Herrschenden, daher können wir nicht auf unser „Recht bekommen“ vertrauen.

Unmittelbare Folgen

Dieses Urteil zeigt generell auf, wie dieses System funktioniert. Es hat aber auch unmittelbare Folgen. Angesichts der Weltwirtschaftskrise werden die Unternehmer auf verschiedene Art und Weise versuchen, Leute zu entlassen. Dieses Urteil ist eine Ermutigung für das Kapital rigoros vorzugehen und es soll die KollegInnen einschüchtern. Gegen die drohende Welle von Betriebsschließungen und Entlassungen bedarf es breiten betrieblichen und gesellschaftlichen Widerstands. Die Demos am 28. März sollten ein Anfang sein. Lasst uns gemeinsam, auch im Sinne von Kollegin Barbara auf die Straße gehen!