LINKE Berlin-Neukölln: Nichtbefassung statt Verteidigung des offenen und pluralistischen Charakters der Partei

Am Freitag abend fand eine Mitgliederversammlung des Bezirksverbades Neukölln statt. Mitglieder der LINKEN und SAV brachten dort auch zwei Anträge gegen die Ausgrenzung von Lucy Redler, Sascha Stanicic und weiteren SAV Mitgliedern ein.


 

Die beiden Anträge lauteten:

Antrag 1:

Der Bezirksverband der LINKEN in Berlin-Neukölln schließt sich der Haltung des Landesparteitags der LINKEN Baden-Württemberg an, der am 1.2.09 beschlossen hat: "Der Landesparteitag hält die Einsprüche gegen die Mitgliedschaft von Lucy Redler und anderen Berliner SAV- und ehemaligen WASG-Mitgliedern für nicht gerechtfertigt. Diese Einsprüche stehen im Widerspruch zum offenen und pluralistischen Charakter der Partei."

Wir, der Bezirksverband Neukölln, erwarten von der Bundesschiedskommission die Einsprüche gegen die Aufnahmen zurück zu weisen und die betroffenen SozialistInnen in die LINKE aufzunehmen.

Antrag 2:

Die Bezirksversammlung der LINKEN fordert den Bezirksvorstand auf, gegen die Entscheidung der Landesschiedskommission zur Nicht-Aufnahme von Lucy Redler und Sascha Stanicic Widerspruch bei der Bundesschiedskommission einzulegen.

"Keine Lust"

Schon im Vorfeld der Sitzung zeigte der Vorsitzende des Bezirksverbandes, Ruben Lehnert, dass er kein Interesse an einer Diskussion und Beschlussfassung zu diesem Thema hat. Er sagte wörtlich „Das ist das letzte, worauf ich heute abend Lust habe.“ Er begründete seine Ablehnung formal damit, dass die Anträge zwei Wochen vorher eingereicht werden müssten. Dass die Einladung zur Versammlung erst knapp eine Woche vorher eintraf, ist eine Sache. Die formalen Manöver, die Diskussion über die Ausgrenzung der SAV"ler abzublocken, war jedoch nichts Neues.

Es wurde nach Verteilung der Anträge an alle dennoch gestattet, sie zu begründen. Unter anderem wies Angelika Teweleit (SAV und LINKE) darauf hin, dass die Landesschiedskommission nicht satzungsgemäß entschieden habe, und verwies auf die Abschnitte des Partei-Statuts, die einen offenen und pluralistischen Charakter der Partei deutlich benennen. Sie warnte vor den politischen Konsequenzen, wenn linke KritikerInnen aus der Partei ausgegrenzt und mundtot gemacht werden. Sie forderte den Bezirksverband auf, sich dem Protest dagegen anzuschließen. Sie machte klar, dass es hier nicht um die Unterstützung der politischen Positionen der SAV geht, sondern darum, wie die Partei weiter als attraktives Angebot aufgebaut werden kann: neben Programm, aktivem Wahlkampf und Organisierung von Protesten kann sie das nur sein, wenn sie auch demokratisch und offen ist.

Auf die Begründung folgte ein Antrag auf „Nichtbefassung“ durch Harald Schindel, mit der Begründung, der Antrag sei zu spät und außerdem habe der Bezirksvorstand mit der Ablehnung des Einspruchs von Klaus Ernst bereits Stellung bezogen. Daher bestehe hier keinerlei Handlungsbedarf. Ein anwesendes Mitglied der Landesschiedskommission verwies weiterhin darauf, dass es ein laufendes Verfahren sei, das jetzt vor der Bundesschiedskommission sei. Damit würde die Sache jetzt ihren Gang gehen.

Diese Aussage von Harald Schindel und anderen ist jedoch geradezu grotesk, da die Landesschiedskommission ja gerade die Entscheidung des Neuköllner Bezirksverbands abgelehnt und dem Antrag von Klaus Ernst stattgegeben hatte. Es geht daher nicht nur um einfachen„Handlungsbedarf“, sondern es geht darum, ob der Bezieksvorstand seine bisherige Haltung vor der Bundeschiedskommission verteidigt oder nicht.

Mit wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen wurde der Antrag auf Nichtbefassung angenommen. Diese Entscheidung, die auch alle anwesenden Mitglieder der Strömung Marx21 durch Zustimmung mittrugen, ist in der aktuellen Situation politisch gleichbedeutend mit der Ablehnung beider Anträge und in der Konsequenz eine Akzeptanz der Ausgrenzungsversuche der Parteiführung gegenüber MarxistInnen. Gut, dass andere Kreis-, Bezirks- und sogar ganze Landesverbände wie Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein sich klar und deutlich gegen die Ausgrenzung positioniert haben!